Es gibt viele Gründe, die in eine Alkoholsucht führen können. Bei Frauen sind es häufig Traumatisierungen, darunter vor allem Entwicklungstraumatisierungen in der Kindheit, aber auch später im Erwachsenenalter – ausgelöst zum Beispiel durch sexualisierte, körperliche oder emotionale Gewalt. Durch den Suchtmittelkonsum wird versucht, die Folgen des Traumas zu dämpfen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind Mehrfachbelastungen, beispielsweise durch Beruf, Haushalt, Familie und Partnerschaft, die zu einer Überforderung führen können. Besonders typisch für Frauen ist dabei: Sie trinken, um weiter zu funktionieren – also um runterzukommen, mehr auszuhalten und weiterhin die Aufgaben erfüllen zu können. Aus Angst die Kinder oder den Partner zu verlieren, vor Kontakten mit dem Jugendamt oder Gewalt vertrauen sie sich niemandem an. Meist ist die Suchtmittelabhängigkeit bei Frauen nicht die einzige Diagnose, sondern überlagert häufig die Symptome der primären Diagnose wie Depressionen, Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen.
Alkoholentzug in drei Phasen
Der Weg aus der Sucht gelingt in der Regel nur durch Hilfe und Unterstützung von außen. Die Therapie gliedert sich dann in drei Phasen: Die körperliche Entgiftung vom Suchtmittel, die Entwöhnung in Form einer stationären oder ambulanten Maßnahme und die Nachsorge in Form von Einzel- und Gruppengesprächen und Selbsthilfegruppen. Die ambulante Nachsorge erfolgt in Suchtberatungsstellen und dient dazu, die Abstinenz langfristig zu festigen. Sie wird in der Regel noch während der stationären Entwöhnung beantragt, sodass ein nahtloser Übergang möglich ist.
Die erste Phase der Entgiftung findet in der Regel unter ärztlicher Begleitung statt. Das ist wichtig, da es aufgrund des langen Alkoholkonsums im Gehirn zu Veränderungen im Botenstoffhaushalt gekommen ist. Bei der ein-bis zweiwöchigen Entgiftung kann es in Einzelfällen zu lebensbedrohlichen Entzugserscheinungen kommen, unter anderem zu Entgleisungen des Herz-Kreislauf-Systems oder geistigen Verwirrtheitszuständen. Auch wenn die körperliche Abhängigkeit überwunden ist, bleibt oft eine psychische Abhängigkeit vom Alkohol lange Zeit bestehen. Daher ist die zweite Phase der Entwöhnung essenziell. Sie findet in Reha-Kliniken statt und dauert etwa 15 Wochen. Hier lernen die Patienten ihr dysfunktionales Verhalten (Trinkverhalten) durch funktionale alternative Verhaltensweisen zu ersetzen. Zum Beispiel lernen Patienten mit Stress und Emotionen besser umzugehen und sich gezielt zu entspannen – statt dazu Alkohol oder Medikamente zu konsumieren.
Frauenspezifische Suchttherapie
In den meisten Entwöhnungskliniken wird in gemischtgeschlechtlichen Gruppen behandelt. Das liegt daran, dass statistisch mehr Männer alkoholabhängig sind als Frauen. Doch vor allem in der Gruppentherapie kann das Nachteile haben. Denn Frauen verhalten sich in der Gesprächsrunde oft anders, nehmen sich mit ihren Themen zurück und können sich den Männern gegenüber mit häufig schambehafteten Themen weniger öffnen (zum Beispiel Abhängigkeit in der Partnerschaft oder traumatisierende Erlebnisse). Viele der Frauen haben körperliche oder sexualisierte Gewalt durch Männer erfahren und haben Angst, dies anzusprechen, wenn gefühlt potenzielle Täter mit im Raum sind.
In Furth im Wald wurde deshalb ein spezielles Konzept für alkoholabhängige Frauen entwickelt. Hier werden Frauen ausschließlich von Frauen behandelt, es gibt reine Frauengruppen, abgetrennte Wohnflure und auch die Freizeit- und Sportangebote sind getrennt. Da die Frauengruppen in einer gemischtgeschlechtlichen Klinik sind, können die Patientinnen dann in einem realitätsnahen Raum die Fähigkeiten und Fertigkeiten erproben, die in der geschützten Frauengruppe zuvor erarbeitet wurden.