Für fast alle im Team war es das erste Mal. Kolumbien. Jeder von uns dachte im ersten Moment an das Gleiche: das Land der Drogenkartelle und Guerillakämpfer.
„Nicht ungefährlich“ warnten uns Familie und Freunde, „passt ja auf euch auf!“ bekamen wir alle zu hören. Doch wir wollten uns die Reise nicht durch ein ungutes Gefühl verderben lassen. Und unsere Mission in Kolumbien stand tatsächlich unter einem glänzenden Stern.
Gemeinsam mit Goldhändler Florian Harkort, dem einzigen, der das Land aus früheren Besuchen kannte, und Goldschmied Jan Spille reisten wir als erstes in die Goldgräberstadt Suarez im Südwesten des Landes. Die beiden stehen im Mittelpunkt unserer Reportage. Denn der Leipziger Goldhändler Florian Harkort ist Deutschlands erster Händler für ökologisch abgebautes und fair gehandeltes Gold. Etwa die Hälfte seines Goldes bezieht er aus Kolumbien. Und hier sucht er immer wieder nach neuen Goldquellen. Denn er kauft das Edelmetall ausschließlich von zertifizierten Minen, und davon gibt es weltweit noch zu wenige. Der Hamburger Goldschmied Jan Spille ist einer seiner 200 Kunden – ein Geschäftspartner, aber mittlerweile auch ein Freund. Denn beide verbindet dasselbe Anliegen. Jan Spille fertigt in seinem Hamburger Geschäft Schmuck ausschließlich aus Öko-Gold, das aus verantwortungsvollem Bergbau stammt.
Diese Reise nutzen die beiden Pioniere, um ihre Idee von „sauberem“ Gold weiterzutragen. Und wir durften sie dabei mit unserer Kamera begleiten. Unsere Dreharbeiten starteten bei einer Frauenkooperative, die seit Generationen traditionell Flussgold wäscht. Die Frauen waren aufgeschlossen, die Natur einzigartig schön, das Gold umweltfreundlich gewonnen.
Nach drei Tagen hatten wir alles im Kasten. Auch grandiose Drohnenbilder. Zum Glück erfuhren wir erst am Tag der Abreise etwas, das uns allen einen kalten Schauder über den Rücken laufen ließ.
Wir hatten, ohne es zu wissen, im Dreh- und Angelpunkt eines streng von Drogenkartellen kontrollierten Gebiets gefilmt. Also nicht nur dabei, sondern mittendrin. Nur durch den sehr guten Draht unserer einheimischen Producerin Sandra zu den Bossen der Gegend waren wir hier geduldet. Denn eins war uns dann ziemlich schnell klar – hier sind Fremde nicht erwünscht. Schon gar nicht Journalisten, die auch Bilder mit einer Drohne drehen und somit natürlich die umliegenden Koka-Felder aus der Luft deutlich zeigen.
Unser nächster Drehort lag zwei Flugstunden weiter im Landesinneren. Mit einem kleinen Passagierflugzeug ging es über die 5.000 Meter hohen Anden nach Neiva. Dort brachte uns ein Jeep nach weiteren drei Stunden Fahrt durch wunderschöne Landschaften in ein Bergdorf namens Pacarni. Hier in der „Huila“- Provinz liegt eine von weltweit nur zehn Fairmined- zertifizierten Goldminen: Iquira.
Florian Harkort bezieht seit sechs Jahren Gold von dieser Mine. Um seine deutschen Kunden weiterhin mit gutem Gewissen zu beliefern, vergewissert sich der Leipziger persönlich vor Ort von den Arbeitsbedingungen in der Mine. Einer der Minenarbeiter, der 22-jährige Pedro Ruiz, lud uns zu sich nach Hause ein. Sein Vater, ein ehemaliger Minenarbeiter, wollte uns von den schlimmen Arbeitsbedingungen vor der Umstellung auf fairen Goldabbau berichten. Als wir mit unserem Team in Sichtweite des Hauses kamen, erwartete uns die nächste Überraschung und eine Mutprobe.
Denn das Haus des jungen „Minero“ war nur über eine Seilbahn zu erreichen. Mit einem kräftigen Ruck ging es los, und es dauerte etwa fünf Minuten bis zur anderen Seite des moorhaltigen Tals. Höhenangst war hier fehl am Platz, denn wir schwebten auf 80 Metern Höhe – ohne Absicherung. Immer wieder kamen wir auf unserer Reise an kleineren Verarbeitungsanlagen vorbei, so genannten „Plantas“. Weltweit wird Gold zu 98 % aus konventionellem Kleinbergbau gefördert. Das heißt vor allem eins: Gefährliche Chemikalien wie Cyanid und Quecksilber kommen zum Einsatz. Wir durften an so einer Mine drehen und zeigen, wie aus dem Erz Gold gewonnen wird.
Quecksilber ist hochgiftig und zerstört vor allem das zentrale Nervensystem. Doch auch die Natur leidet in dieser Gegend stark darunter. Das verseuchte Abwasser der Mine gelangt nämlich in den nahegelegenen See.
Und in diesem herrscht nach wie vor ganz normaler Fischereibetrieb, wie seit eh und je. Als wir einen Tag zuvor eine typische Landespezialität - frittierten Fisch mit getrockneter Banane – auf den Tisch bekommen hatten, konnten wir natürlich nicht wissen, woher der Fisch stammt. Einen Trost gab es: Der Fisch samt Banane war so staubtrocken und totfrittiert, dass vermutlich gar nichts mehr in dem Fisch vorhanden war.
Wir sind zehn Tage durch ein großartiges und faszinierendes Land gereist, in dem wir sehr willkommen waren. Es mag hier und dort gefährlich gewesen sein, doch gespürt haben wir davon nichts. Hinter die Kulissen des Goldbergbaus schauen zu dürfen, hat unserem ganzen Film-Team die Augen geöffnet. Denn jeder von uns, der Schmuck trägt, entscheidet mit, unter welchen Umständen die Minenarbeiter und ihre Familien leben.
Deshalb hoffen wir, dass unser Film die Menschen dazu bewegt, in Zukunft nur Gold aus verantwortungsvollen Quellen zu kaufen.
von Jasmin Cilesiz Linhart