Corona verdrängt viele andere Themen aus den Schlagzeilen und von der politischen Agenda. Das ist verständlich, aber auch bedauernswert. Sobald die Pandemie einigermaßen überstanden ist, werden wir merken, dass in Bereichen wie Klimaschutz und Müllvermeidung vieles verpasst wurde.
Umso wichtiger, dass es schon jetzt Initiativen und Unternehmen gibt, die dem bisher ungebremsten Plastik-Wahnsinn etwas entgegensetzen. Und zwar mit konstruktiven Ideen, die – groß gedacht – wirklich etwas verändern können.
Zum Beispiel beim Einweggeschirr: Dessen Gebrauch hat sich durch das Coronavirus vervielfacht, und jeder von uns kennt die Stapel von Plastik- und Styroporbehältern, die öffentliche Mülleimer verstopfen oder gleich neben der Parkbank „vergessen“ werden. Wer die Alternativen vergleicht und dabei auf Öko-Bilanzen achtet, merkt schnell, dass die Lösung nicht in anderen Einwegbehältern liegt, egal aus welchem Material sie hergestellt werden. Die Lösung muss „Mehrweg“ heißen. Und dann darf der Behälter auch aus Plastik sein. So wie beim reCIRCLE-System, das eine Schweizerin erfunden und entwickelt hat. Ihre Essens-Boxen bestehen aus einem Spezial-Kunststoff, der mit Glasfasern verstärkt wurde und deshalb viele hundert Mal benutzt werden kann. Außer reCIRCLE gibt es mittlerweile mehrere Anbieter für Pfandgeschirr im deutschsprachigen Raum, die alle zu begrüßen sind. Ob sie nebeneinander bestehen können, muss die Zukunft zeigen. Wir haben für unsere Dreharbeiten entschieden, das System zu porträtieren, das schon am längsten am Markt ist und mit 4 verschiedenen Boxen-Größen (und demnächst auch einem Kaffeebecher) die vielfältigsten Optionen bietet.
Plastik an sich ist ja nicht böse. Es handelt sich um ein leichtes, flexibles und stabiles Material, das hervorragend recycelt und somit sinnhaft eingesetzt werden kann. Leider wird es viel zu oft in der Umwelt entsorgt. Gerade in Entwicklungsländern ohne funktionierende Müllentsorgung landet der Plastikmüll in Flüssen, auf Stränden und schließlich im Meer. Hier setzt die Firma Wildplastic aus Hamburg an. Ihr Unternehmen gründeten die Aktivist*innen, um der Plastikflut den Kampf anzusagen. Ihre wilde Idee: Plastikmüll wird dort aufgesammelt, wo er nicht ordentlich entsorgt wird, und dann nach Europa transportiert. Hier entsteht daraus ein verkäufliches Massenprodukt: ein Müllbeutel namens „WildBag“. So wird die Umwelt aufgeräumt und ein gewaltiges Ausrufezeichen gesetzt – für das Recycling von Plastik als Rohstoff und gegen die endlose Produktion von Neu-Plastik aus Erdöl.
An einem ganz anderen Hebel setzt die Firma Superseven aus Börnsen bei Hamburg an. Die drei Gründer*innen wollen das größte Problem am Plastik bekämpfen: Die Tatsache, dass es ewig hält und sich in der Natur nicht zersetzt. Auf der Suche nach Alternativen wurden sie in der Vergangenheit fündig. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde unter dem Namen Zellophan eine Kunststofffolie aus natürlichen Rohstoffen entwickelt. Durch das Aufkommen von Erdöl-basiertem Plastik, das billiger und haltbarer war, wurde diese Erfindung verdrängt und geriet in Vergessenheit. Superseven hat die alten Rezepte wiederentdeckt und sich zum Ziel gesetzt, kompostierbare Verpackungslösungen für den Lebensmittelbereich zu entwickeln. Da die Firma diese Idee nicht exklusiv besitzt, konkurriert sie auf dem Markt mit weiteren Anbietern. Nach unserer Recherche bietet Superseven das überzeugendste Gesamtpaket für die industrielle Anwendung. Warum sollte eine Verpackung ewig halten, wenn sie doch nur kurz zum Verpacken benutzt wird, fragen die Superseven-Macher:innen völlig zurecht und arbeiten weiter an ihrer Vision: Verpackungen nach der Verwendung schadstofffrei in den biologischen Kreislauf zurückzuführen.