Brot ist aus der Ernährung der meisten Menschen nicht wegzudenken – auch aus meiner eigenen nicht. Selbst wenn der Kühlschrank leer ist, Brot haben wir immer im Haus.
Das war schon während meiner Kindheit so. Über viele Jahre gab es, ob als Pausenbrot oder Abendessen, immer den "Fuhrmann‘s Laib": Groß und ebenmäßig, mit flacher, eher unspektakulärer Kruste. Aus welchem Mehl dieses Brot gemacht war, wurde Hefe oder Sauerteig als Triebmittel genutzt? Wenn ich diese Fragen heute meiner Mutter stellen würde, sie wüsste wohl keine Antwort darauf. Wichtig war: Das Brot hat uns Kindern geschmeckt, und es hat satt gemacht. Doch bedeutet das auch, dass es gesund war? Und was macht ein Brot eigentlich gesund – und "gut"?
Mir wurde zuhause früh vorgelebt, dass es gesund ist, Vollkorn zu essen, und darauf versuche ich heute noch zu achten. Was es aber konkret bedeutet, das ganze Korn zu essen, hat mir erst der Dreh in der Mühle von Familie Eiling klar gemacht. Die Walzenstühle der Mühle trennen das, was eigentlich zusammengehört: Den hellen Mehlkörper von den Schalenteilen. Gerade in den dunklen Randschichten stecken all die wertvollen Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe – sie nicht zu essen, macht so gesehen keinen Sinn. Und doch wird ein Großteil der Schalenteile aussortiert, wandert in die Produktion für Tierfutter. Die Nachfrage ist nicht da, Vollkornbrote machen nur gut zehn Prozent des deutschen Brotmarktes aus.
Natürlich soll ein Brot nicht nur gesund sein, sondern auch schmecken. Und die Grundlage von gutem Geschmack sind gute Zutaten - das gilt in der Backstube von Heiner Beck auf der Schwäbischen Alb. Da ich noch nie hinter die Kulissen einer Bäckerei geschaut habe, waren die Dreharbeiten besonders eindrücklich. Und das nicht nur, weil das Bäckerhandwerk mit all seinen körperlichen Anforderungen allein schon den größten Respekt verdient. Die Preise von Beck‘s Backwaren orientieren sich an der Qualität seiner Bio-Rohstoffe und der Arbeit, die dahintersteckt. Das kann und mag sich nicht jeder leisten, diese Art von Wertschöpfung ist es aber auf vielen Ebenen wert.
Für die Dreharbeiten bin ich nicht nur mit Heiner Beck über viele verschiedene Felder gelaufen. Wir standen in Weizen-, Leinsamen- oder Emmerfeldern – von den beiden letzteren wusste ich, ehrlich gesagt, vorher nicht einmal, wie die Pflanze eigentlich aussieht. Wir haben sich im Wind wiegende Ähren im Sonnenlicht gefilmt, bei jedem Schritt haben die trockenen Pflanzen unter den Füßen geknistert, es roch nach Sommer und Getreide. Was für den einen nach einer kitschigen Werbung klingen mag, machte mich doch sehr demütig. Denn hinter jedem Brot in einem Verkaufsregal, ob im Supermarkt oder beim Handwerksbäcker, steckt die Aussaat auf dem Feld, die unseren Konsum möglich macht. Menschen säen, pflegen, ernten, mahlen, verarbeiten und backen. Das ist kein Geheimnis und doch möchte ich mir künftig diese Tatsache viel öfter ins Bewusstsein rufen.
Alle Menschen, die in diesem Film zu Wort kommen, arbeiten in der ein oder anderen Weise mit dem Produkt Brot, und das machen sie mit einer tiefen Leidenschaft und Hingabe. Das erlebe ich auch bei dem Sauerteig-Backkurs, den Grit Steußloff in Rostock leitet. Wenn Grit über ihren Sauerteig „Lady“ spricht, habe ich den Eindruck, es gehe um eine alte Freundin, die sie schon sehr lange und sehr gut kennt. Und genau dieses Gefühl ist auch ein Teil des Geheimnisses, wenn es darum geht, ein gutes Brot selbst zu backen. Denn eigentlich ist das nicht schwer, die Zutatenliste in ihrem Grundsatz denkbar kurz: Mehl, Wasser, Salz, Hefe oder Sauerteig, damit gelingt schon ein einfaches Brot.
Die Kunst dahinter ist aber das besagte Gefühl, und das gilt es zu lernen. Es geht darum, die Konsistenz des Teiges kennenzulernen, zu spüren, ob das Mehl das Wasser gut aufnimmt, zu sehen, wann ein Brot bereit für den Ofen ist. Außerdem ganz entscheidend: der Faktor Zeit. Es braucht Zeit zum Kneten, Zeit für die Teigruhe, Zeit, um nochmals zu kneten und nochmals zu ruhen. Daran führt kein Weg vorbei, wer ein gutes und gesundes Brot backen will, muss Zeit investieren. Doch belohnt wird man mit einer duftenden Küche und einem warmen, knusprigen Brot mit selbstgewählten Zutaten – und das scheint am Ende doch allen Aufwand wert zu sein.