Doch darf man zulassen, dass wertvolle Produkte einfach auf dem Müll landen, nur weil es sich wirtschaftlich nicht lohnt, sie wieder in den Verkauf zu bringen? Nein, sagen kreative Visionäre und entwickeln Ideen und Konzepte, mit denen sich Produkte retten lassen.
Michael Reiter-Coban hat in Wien die Fairmittlerei gegründet, Österreichs erste Plattform, die fabrikneue Sachspenden an gemeinnützige Organisationen oder NGOs, das sind nicht-staatliche gemeinnützige Organisationen, vermittelt. Das Prinzip ist einfach: Firmen spenden ihre überschüssigen Produkte, anstatt sie zu vernichten. Die Fairmittlerei lagert die Waren ein und bietet sie über einen Webshop an. Dort können wohltätige Organisationen alles bestellen, was sie brauchen. Bezahlen müssen sie dafür nur eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 20 Prozent des Warenwerts. "Leider gibt es immer mehr Menschen, die Hilfe von NGOs benötigen", sagt Michael Reiter-Coban, merkt aber auch, dass Firmen – und die Menschen dahinter – gern helfen wollen. "Wir müssen ihnen die Möglichkeiten der 'Fairmittlerei' aufzeigen", betont er. "Wir arbeiten hart daran, uns und unser Geschäftsmodell bekannt zu machen, denn davon hängt unser Erfolg ab."
Der Smartphone-Hersteller Shiftphone in Hessen geht ganz grundsätzlich an das Problem heran. Carsten und Samuel Waldeck wollen dafür sorgen, dass die von ihnen produzierten Handys niemals auf dem Müll landen. Während die meisten Smartphones in Deutschland alle zwei Jahre ausgetauscht werden, garantieren die Waldecks für ihre Geräte eine sehr lange Nutzungsdauer von bis zu zehn Jahren. Zusätzlich bauen sie ihre Smartphones modular. Das hat mehrere Vorteile: Defekte Einzelkomponenten können sehr leicht ausgetauscht werden. Die Geräte lassen sich problemlos aufrüsten, wenn es zum Beispiel um eine bessere Kamera oder mehr Speicherplatz geht. Und jedes einzelne Modul kann zum wertvollen Ersatzteil werden, mit dem wiederum die Lebensdauer anderer Geräte verlängert werden kann.
Bei der Firma Re-Athlete in Braunschweig dagegen ist das oberste Ziel, "überflüssige" Produkte gar nicht erst zu produzieren. Alina Hische und Johannes Skowron stellen ihre Sportswear ausschließlich "on demand" her. Es entsteht also nur das, was auch konkret bestellt wurde. Bei allem, was sie über ihren Webshop verkaufen, sind aber auch sie dazu verpflichtet, Retouren wieder zurückzunehmen. Gut, dass ihre Retourenquote nur bei etwa zehn Prozent liegt.
In der gesamten Fashion-Branche dagegen wird jede zweite Online-Bestellung wieder zurückgeschickt. Gegen diesen Renditekiller haben drei Jung-Unternehmer aus München ein viel beachtetes Rezept entwickelt. Leon Szeli, Awais Shafique und Tomislav Tomov bieten über ihr Start-up Presize ein Selbstvermessungs-Programm an, mit dem jeder seine individuelle Konfektionsgröße herausfinden kann. Das Versprechen: Wer sich einmal vor der eigenen Handykamera dreht, braucht nie wieder etwas zurückschicken, nur weil es nicht passt.