Blühstreifen auf den Feldern und Hühner zwischen den Obstbäumen können den Einsatz von Chemie überflüssig machen. Und wenn Verbraucher bereit sind, auch Obst mit kleinen optischen Mängeln zu kaufen, fällt Landwirten der Verzicht auf Pestizide leichter.
Harald Quint aus Linau in Schleswig-Holstein ist eigentlich gelernter Bankkaufmann und studierter Jurist. Doch vor gut zehn Jahren beschloss er, auszusteigen, wurde Biolandwirt und spezialisierte sich auf Obstanbau. Vieles wollte er anders machen als seine konventionellen Kollegen, experimentierte, probierte aus, fand unkonventionelle Lösungen: Die für die Ernte schädlichen Insekten wie Apfel- oder Pflaumenwickler bekämpft er nicht mit Insektiziden, sondern mit Hühnern. Damit auch bei niedrigen Temperaturen seine Obstblüten befruchtet werden, züchtet er Wildbienen. "Wir alle müssen etwas ändern", erklärt Quint. "Die Verbraucher müssen lernen, Obst zu akzeptieren, das optische Macken hat, und die Landwirte müssen lernen, mit der Natur zu arbeiten und nicht gegen sie."
Auch Klaus Rummel aus Nußdorf in der Pfalz ist ein Pionier: Er sieht die Zukunft des Weinanbaus in neuen Sorten. Auf eigenes Risiko züchtet er seit 30 Jahren pilzwiderstandsfähige Reben. Jetzt könnte ihm der Durchbruch gelungen sein. Mit einer Sorte, die viele Trauben hervorbringt, hat er einen fruchtigen Weißwein gekeltert. Trotzdem züchtet er weiter. "Neue Sorten braucht das Land", sagt der Winzer. "Wir sind als Landwirte in der Pflicht, weniger Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Das sind wir unseren Nachfolgern schuldig."
Jutta Kienzle sucht im Namen der Obstbauern am Bodensee nach dem perfekten Blühstreifen zwischen den Bäumen. Dort fühlen sich zum Beispiel Marienkäfer wohl, die verhindern können, dass Blattläuse Früchte befallen und die Ernte gefährden. Außerdem versucht sie durch Blindverkostungen zu belegen, dass Obst mit bestimmten Macken besser schmeckt als das optisch perfekte Tafelobst der Discounter.