Frauen mit niedrigem Einkommen leben laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts fast viereinhalb Jahre kürzer als Gutverdienerinnen, arme Männer sterben sogar knapp neun Jahre früher als reiche. Doch es gibt Wege, diese Zusammenhänge zu durchbrechen.
Ärzte und Sozialarbeiter, Pflegekräfte und Therapeuten kämpfen an unterschiedlichen Orten für das gemeinsame Ziel: Gesundheit für alle – unabhängig von Einkommen, Herkunft und Bildung.
"Unsere Idee ist, dass man ein soziales Stadtteilzentrum mit einem Gesundheitszentrum verbindet", erklärt Eva Weirich. Zusammen mit 25 Mitstreitenden aus verschiedenen Disziplinen hat die Gesundheitswissenschaftlerin ein Kollektiv gegründet, das in Berlin-Neukölln ein neuartiges Zentrum aufbaut. Der Ansatz: Nicht nur Medikamente verschreiben, sondern die gesamte Lebenssituation in die Therapie einbeziehen. Dabei arbeiten die Ärzte eng mit Psychotherapeuten, Sozialarbeitern und Pädagogen zusammen.
Kommt der Bluthochdruck vielleicht von Problemen mit dem Vermieter? Oder verursachen Konflikte in der Familie die chronischen Kopfschmerzen? Neben medizinischer Versorgung bietet das Stadtteilgesundheitszentrum Hilfestellungen im Alltag.
Allen Kindern eine gesunde Zukunft ermöglichen – das hat sich das Gesundheitsamt in Amsterdam auf die Fahnen geschrieben. "Man sieht, dass finanzielle Probleme Einfluss darauf haben, was auf den Tisch kommt und was die Kinder zur Schule mitnehmen", beobachtet Gaby Etman, Leiterin der De Buikslotermeer-Schule im Norden der Stadt. Daher gibt das "Amsterdam Healthy Weight Programm" strenge Regeln für die Pausensnacks vor: Softdrinks, Kuchen und Kekse sind verboten, in den Frühstücksboxen sind nur Obst, Gemüse und Vollkornbrot erlaubt. Daneben gibt es für Kinder mit sportlichen Defiziten Förderunterricht. Jedes Jahr investiert die Stadt außerdem zweieinhalb Millionen Euro in Maßnahmen wie bessere Spielplätze, günstige Sportangebote in Vereinen und Kochkurse für Eltern. Das Ziel: Bis 2032 soll kein Amsterdamer Kind mehr zu dick sein.
"Wir wollen den Zusammenhang zwischen Armut und Krankheit aufbrechen und alle auf die gleiche Art und Weise behandeln", erklärt Antonio Panarello seine Mission. Der Gynäkologe kämpft am Ospedale Evangelico Betania im neapolitanischen Stadtteil Ponticelli für das Wohl junger Frauen – und der nächsten Generation. Hier, in einer der ärmsten Gegenden Italiens, gibt es deutlich mehr Teenager- und Risikoschwangerschaften als im Rest des Landes. Sexualaufklärung gehört daher zum Konzept der Klinik, außerdem eine häusliche Betreuung der Familien durch Sozialarbeiter.
Weil viele Patientinnen den Weg in die Klinik nicht finden, ist Panarello regelmäßig mit einem Gesundheitsmobil im Viertel unterwegs und hält kostenlose Sprechstunden. "Unser Ziel ist, dass alle gleichermaßen behandelt werden", erklärt der Gynäkologe, "das ist die humanistische Pflicht des Arztberufes."
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