Enge Notunterkünfte und unzureichende medizinische Versorgung: Die Coronapandemie hat den Alltag von Obdachlosen noch einmal verschlechtert. Doch vielen Menschen kann geholfen werden. Dafür gibt es neue Ideen.
Wer auf der Straße landet, schleppt meist ein ganzes Bündel Probleme mit sich herum. "Normalerweise müssen erst diese Probleme gelöst werden, dann gibt es eine Wohnung", sagt Mario Schmidt vom Sozialamt der Stadt Bamberg. "Wir machen das jetzt genau andersherum." Erst die Wohnung und dann das eigene Leben wieder in den Griff bekommen. "Housing first" heißt das Konzept, das Menschen eine Chance gibt, die sonst nicht mehr auf die Beine kommen würden.
Erfrierungstote verhindern und Kontakt zu Obdachlosen aufbauen, die sonst nicht erreicht werden: Darum geht es der Stadt Ulm. Mindestens 23 Obdachlose sind im vergangenen Winter auf Deutschlands Straßen erfroren – in Ulm soll so etwas nicht passieren. Die Lösung: die "Ulmer Nester" – eine Art Schlafkapseln für Obdachlose. "Die Kapseln bieten Obdachlosen, die nicht in Notunterkünften nächtigen wollen oder können, Schutz vor Kälte und Übergriffen", sagt Projektmanager Florian Geiselhart. "Wir haben hier die Chance, Menschen anzusprechen, die sonst komplett durch das soziale Netz fallen."
Ganz neue Wege bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit geht Spanien: Conrado Giménez von der Stiftung "Fundazión Madrina" versucht, zwei der großen gesellschaftlichen Probleme gleichzeitig zu lösen: Obdachlosigkeit und Landflucht. Der 62-jährige frühere Banker vermittelt von Obdachlosigkeit und Armut bedrohten Familien aus Madrid eine neue Bleibe in aussterbenden Dörfern. Alle profitieren davon: Die Familien haben ein Dach über dem Kopf, die Dörfer werden wiederbelebt, und die regionalen Arbeitgeber finden neues Personal.