Wie gelingt es uns als Gesellschaft, wieder mehr "Wir" zu leben? Die Reporterinnen Antonia Lilly Schanze und Anne Thiele stellen Personen und Projekte vor, die festgefahrene Strukturen durchbrechen und unser Zusammenleben erneuern. Und sie zeigen: Es geht.
In der Werbebranche erlebt Sina Trinkwalder einen Arbeitsmarkt, der keine Schwächen verzeiht: Was zählt, sind Leistung und Erfolg. Ein Schlüsselerlebnis bringt die heute 44-Jährige zum Umdenken. 2010 gründet sie eine Firma, in der die Menschen arbeiten, die sonst in Personalabteilungen aussortiert werden: Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Alte, Kranke, Migranten oder Leute mit Lücken im Lebenslauf. Ihr Social Business manomama wird das erste öko-soziale Textilunternehmen Deutschlands. Heute beschäftigt sie 120 Menschen, "die wachsen, wenn man sie wachsen lässt", sagt Trinkwalder.
Kristina Lunz wächst in einem kleinen Dorf in Franken auf, studiert als erste in ihrer Familie, schafft es an die Universität Oxford. Während ihres Diplomatie-Studiums fällt ihr auf, dass Literatur, Forschung und Politik überdurchschnittlich von Männern geprägt sind. "Diese Herrschaften dachten, dass ihre Realität die Realität aller Menschen ist. Das ist eine große Fehlannahme!", erinnert sie sich. 2016 gründet Kristina Lunz als Co-Founderin die weltweit erste Organisation für feministische Außenpolitik, das Centre for Feminist Foreign Policy. Ihr Ziel: Patriarchale Systeme beseitigen, an ihrer Stelle neue, gleichberechtigte Strukturen aufbauen und auch die weibliche Perspektive in die Außenpolitik einbeziehen. Lunz arbeitet für die UN und baut ein Frauennetzwerk für das Auswärtige Amt auf.
"Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt": utopisches Wunschdenken aus einem Kinderlied? Nein, sagen die Dorf-Gründerinnen und -Gründer aus Hitzacker. Mitten im Wendland baut die Gruppe ein Mehrgenerationendorf, in dem die Werte Nachhaltigkeit, Solidarität und Generationengerechtigkeit gelebt werden. Die 71-jährige Rita Lassen ist von Anfang an dabei und arbeitet seit über sechs Jahren an ihrem Traum, einen Ort für 100 junge, 100 ältere und 100 geflüchtete Menschen zu errichten.
Über die Autorin Romy Steyer
Romy Steyer wurde 1982 in Sangerhausen geboren. Nach dem Abitur und einem Postproduktions-Praktikum studiert sie ab 2003 an der Filmakademie Baden-Württemberg Regie/ Dokumentarfilm. Nach ihrem Diplom 2010 gewinnt sie die ZDF/HKW-Ausschreibung "Bodybits" und drehte ihren Debütfilm "EGAL WAS ICH TUE, SIE LIEBEN ES" (2011) über die ersten deutschen Youtube-Stars.
In den folgenden Jahren arbeitet sie als freiberufliche Regisseurin und Editorin u.a. für ARD, ZDF, VICE, 3sat und arte. Ihr letzter Film "LUISA" wurde 2021 für den Grimme-Preis nominiert. Parallel montiert sie "80.000 SCHNITZEL" von Hannah Schweier, der u.a. den Kritikerpreis des Zürich Filmfestival und den DokLeipzig-Verdi-Preis gewinnt sowie für den "Deutschen Dokumentarfilmpreis" nominiert wurde.