Die Berichterstattung in den Medien ist oft einseitig ausgerichtet: auf das Negative, auf Skandale, auf Geschichten des Versagens. Eine Folge: Die Mehrheit der Deutschen schätzt die Welt negativer ein als sie in vielerlei Hinsicht ist. Durch Themenselektion bestimmen Journalisten, was ihr Publikum erfährt und was nicht. "Bad news" verkaufen sich einfach oft besser als "good news".
Konstruktiver Journalismus möchte dieser Art der Negativberichterstattung etwas entgegensetzen, zeigen, dass es für viele Probleme auch Lösungen gibt. Es geht nicht darum die Welt schön zu reden, sondern die herkömmliche Berichterstattung um eine frische Brise zu erweitern, Perspektiven aufzuzeigen.
Ein neuer Blick auf die Welt
Konstruktiver Journalismus zeichnet dabei ein komplettes Bild der Wirklichkeit: Problem und Lösung. Der Fokus der Berichterstattung liegt dabei aber nicht auf den Fehlern, die gemacht wurden, sondern auf Verbesserungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen.
Gesellschaftliche Herausforderungen sind nicht unabdingbare Tatsachen, sondern vorrübergehende, änderbare Zustände. Es gibt immer Menschen, die anpacken, etwas verändern wollen: Wenn ein Problem bekannt wird, beginnen sie mit der Suche nach Auswegen, erproben Alternativen. Aus der positiven Psychologie ist bekannt: Wenn Menschen ihre Stärken nutzen, sind sie glücklicher und erfolgreicher und stecken andere mit ihren Ideen an. Diesen Prozess möchte der konstruktive Journalismus begleiten und kritisch beobachten.
Bei jeder vermeintlichen Lösung sind dabei auch die Risiken und Nebenwirkungen zu betrachten. Das hilft „gut gemeint“ von „gut gemacht“ zu unterscheiden. Besonders relevant sind Lösungen, die an einem Ort erprobt wurden und übertragbar sind: Geschichten des Gelingens, die deutlich machen wie positiver Wandel machbar ist, wie Engagement wirkt und was Menschen erreichen können, wenn sie gemeinschaftlich handeln. Konstruktiver Journalismus enthüllt auch – aber leiser. Er sucht nach Andersmachern, die vielleicht mit ihren Lösungsideen noch keine breite Öffentlichkeit gefunden haben. Es können kleine Initiativen mit innovativen Ideen sein, die in den Fokus der Berichterstattung gelangen, Städte, Institutionen oder ganze Länder. All diesen Bemühungen ist gemeinsam, dass es um die Suche nach einer „besseren“ Zukunft geht.
Die Welt ist voller guter Ideen
Im besten Fall löst Konstruktiver Journalismus bei Menschen Gefühle von Hoffnung und Begeisterung aus. Das ist aber nicht das vorrangige Ziel der Berichterstattung, eher eine Nebenwirkung. Es geht schlicht darum den Fokus auf das zu richten, was möglich ist. Dabei ist Konstruktiver Journalismus kein Schlagzeilenjournalismus. Er braucht Zeit um Probleme zu schildern, Raum, um Elemente und Erfolgsfaktoren von Alternativen zu analysieren und Tiefe, um Konzepte zu befragen, ob sie verallgemeinerbar sind.
Konstruktiver Journalismus möchte aufklären, analysieren, informieren und gleichzeitig Geschichten erzählen. Geschichten, die dazu beitragen, die Welt ein wenig lebenswerter und zukunftstauglicher zu machen: Geschichten des Gelingens. Mittlerweile erobert der Begriff Konstruktiver Journalismus langsam die Medien der Welt, findet immer mehr Nischen in der Berichterstattung.
Dabei sei konstruktiver Journalismus gar nichts Neues, sagen manche Kritiker, ihn habe es schon immer gegeben. Das mag richtig sein, nur wurde er bei der alltäglichen journalistischen Arbeit oft vergessen. Vielleicht ist konstruktiver Journalismus einfach nur guter Journalismus, die Besinnung auf alte Tugenden: Fair und umfassend über alle Seiten zu berichten.