In der Auftaktsendung des neuen Gesprächsformats "Lesch sieht Schwartz" geht es auch darum, wie etwa die Informationsflut über das Kriegsgeschehen in der Ukraine Angst und Verzweiflung heraufbeschwören kann. Sie leiten das Osteuropa-Hilfswerk der Katholischen Kirche – was ändert der Krieg in der Ukraine derzeit an Ihrer Projektarbeit in den osteuropäischen Ländern?
Die Arbeit und das Selbstverständnis haben sich sehr verändert. Denn eigentlich war dieses Werk 1993 gegründet worden, um beim Wiederaufbau der Länder des ehemaligen kommunistischen Blocks zu helfen. Es soll den Kirchen und den mit ihnen verbundenen Partnern helfen, am Aufbau einer friedlichen, demokratischen und freien Gesellschaft mitzuwirken. Das wird durch einen solchen Krieg und den damit verbundenen riesigen Problemen nun in Frage gestellt. Statt Aufbauarbeit müssen wir im Augenblick vorrangig humanitäre Hilfe leisten. Das gilt natürlich nicht nur für die Ukraine, sondern auch für alle Partner in den Anrainerstaaten, die solidarisch den Menschen aus dem geschundenen Land helfen und zur Seite stehen. Auch unsere ökumenische Arbeit mit den Kirchen der Orthodoxie ist davon betroffen.
Was werden denn Ihre Argumente im Gespräch mit dem Naturwissenschaftler Harald Lesch sein, was den Menschen in solchen Kriegs- und Krisenzeiten hilft?
Religion und Glaube können den Menschen zur Ruhe bringen, nicht heruntermachen, sondern herunterholen von dieser ständigen Angst. Sich rückzubinden an einen Gott, der sich solidarisch mit den Menschen in Angst, mit dem Leidenden und mit den Opfern macht, kann Kraft und Trost geben und Mut auf die Zukunft machen.
Ist das neue Talkformat an vier christlichen Feiertagen im ZDF zuvörderst ein Angebot für Christen, am Feiertag über ihren Glauben und über existenzielle Fragen nachzudenken? Oder kann es darüber hinaus neue Impulse geben, um einer von der Corona-Pandemie verunsicherten Gesellschaft deutlich zu machen: Wissenschaft und Glaube müssen nicht zwangsläufig konträr ausgerichtet sein?
Wir beide wollen zeigen, dass Naturwissenschaften und Glaube sich heute noch etwas zu sagen haben. Dass wir nicht in getrennten Denkwelten leben und dass es gut ist, als Christ auch eine Art "Zeitgenossenschaft" zu leben. Als Glaubende begeben wir uns nicht in eine Art religiöses Ghetto, sondern stellen uns angstfrei und couragiert auch kritischen Fragen. Wir müssen uns als Christen weder verstecken noch schämen, dass es uns gibt, denn wir haben für alle Menschen eine "gute Nachricht" – oder biblisch: eine "Frohe Botschaft"!
Und welche Themen und Fragestellungen würden Sie gerne in den kommenden Ausgaben von "Lesch sieht Schwartz" besprechen?
Wir möchten einmal über das reden, was Hoffnung in unserer Welt bedeuten kann, außerdem einmal über den Wert des Verzichten-Könnens gegen die Last und die Lust zum Konsum, und vielleicht auch darüber, was es heißt, Gemeinschaft zu leben. Die Themen werden uns aber auch in Zukunft vom Leben selbst und von den Geschehnissen unserer Zeit vorgeschlagen werden. Wir möchten auch da neugierig sein.
Die Fragen stellte Thomas Hagedorn.