Am Abend des 4. Januar 1999 verschwindet die 52-jährige Roswitha Hedt spurlos. Kaum jemand hält es für möglich, dass die lebenstüchtige und als taffe Person bekannte Frau freiwillig verschwunden ist, ohne jemanden aus ihrer Familie einzuweihen. Roswitha Hedt muss etwas Schreckliches passiert sein, so die einhellige Meinung.
Die Kripo Gifhorn dagegen sieht die Sache etwas differenzierter. Die Ermittler haben diesen "Cold Case" vor anderthalb Jahren noch einmal aufgerollt und ermitteln seither in alle Richtungen. Auch dass die Vermisste noch lebt – vielleicht sogar im Ausland – schließen die niedersächsischen Beamten nicht aus.
Beruflich wie privat sehr engagiert
Quelle: Kripo Gifhorn
Roswitha Hedt ist Friseurmeisterin und eröffnete erst im Mai 1998 einen Friseursalon in einem Einkaufszentrum in dem kleinen Ort Bodenteich, 20 Kilometer von ihrem Wohnort Wittingen-Knesebeck entfernt. Dort lebt sie mit ihrem Mann in einem großen Einfamilienhaus, das in einer Waldsiedlung steht. Ihre Kinder sind bereits erwachsen und gehen längst eigene Wege.
In jungen Jahren zog es Roswitha Hedt nach Berlin. Mit ihrer Mutter verstand sie sich damals nicht so gut, so dass sie recht früh von zuhause auszog. In Berlin schloss sie sich der Neuapostolischen Kirche an. Gescheiterte Partnerschaften und Ehen lassen Roswitha Hedt schließlich wieder in ihre ursprüngliche Umgebung zurückkehren. In Niedersachsen führt sie nacheinander mehrere Friseurläden und heiratet einen ihrer Kunden. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in der örtlichen Kirchengemeinde und gehört zwei Chören an.
Persönliche Probleme
Bei einer einwöchigen Konzertreise durch Polen lernt sie eine Mitsängerin des Chors näher kennen. Man freundet sich an und trifft sich auch in den Monaten danach gelegentlich außerhalb der Chorproben. Darüber hinaus hat sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer ältesten Tochter, die allerdings fast 200 Kilometer entfernt wohnt.
Bei einem der recht seltenen Besuche im Herbst 1998 vertraut Roswitha Hedt ihrer Tochter an, dass es in ihrer Ehe kriselt. So fehle ihrem Mann unter anderem das rechte Verständnis für ihr Engagement in der Kirchengemeinde. Die Tochter lädt ihre Mutter ein, sie und ihre Familie in der Weihnachtszeit ein paar Tage zu besuchen.
Einkäufe und Überraschungsbesuch
Quelle: ZDF
Doch daraus wird nichts. Roswitha Hedt bekommt kurz vor Weihnachten 1998 eine schwere Grippe, die sie ans Bett fesselt. Anfang Januar ist die Krankheit überstanden. Am Montag, dem 4. Januar 1999, sucht sie am Vormittag ihren Hausarzt auf, der sie für gesund erklärt. Am Mittag fährt Roswitha Hedt mit etwa 1800 D-Mark nach Braunschweig zur "Metro" und gibt dort einen Großteil des Geldes für Bettwäsche aus. Die Pakete füllen das Heck ihres roten VW-Scirocco aus.
Zwischen 18 und 19 Uhr stattet Roswitha Hedt ihrer Sangesschwester in der Braunschweiger Innenstadt einen Überraschungsbesuch ab. Bei einer Tasse Tee erklärt sie ihrer Bekannten, wie sehr sie sich auf die Chorprobe am nächsten Tag und auf einen für Freitag geplanten Auftritt des Chors freue. Auch ihr erzählt sie von Problemen in ihrer Ehe.
Letzte Spur: Wolfenbüttel
Quelle: Google Earth / ZDF
Nach einer halben Stunde verabschiedet sich Roswitha Hedt von ihrer Bekannten, die den Eindruck hat, ihre Besucherin wolle nach Hause fahren. Doch dort kommt Roswitha Hedt nicht an. Vermutlich führt sie ihr Weg nach Wolfenbüttel. Dort ist sie geboren und aufgewachsen. Wie die Kripo später feststellt, wird am späten Abend dort von Roswitha Hedts Handy aus mehrfach die Auskunft angerufen. Ein Gespräch kommt jedoch nicht zustande. Wenige Tage später wird Roswitha Hedt von ihrer Familie als vermisst gemeldet.
Fünf Wochen später, am 10. Februar 1999: Roswitha Hedts roter VW Scirocco wird gefunden. Er parkt im hintersten Eck des Krankenhaus-Parkplatzes in Wolfenbüttel. Im Wagen liegt noch der Einkauf aus der Braunschweiger "Metro". Die Kripo ermittelt im Krankenhaus. Doch dort hat niemand die Besitzerin des Wagens gesehen. Auch umfangreiche Suchmaßnahmen im Raum Wolfenbüttel bleiben ohne Ergebnis.
Lebt Roswitha Hedt noch?
Im Zuge der neuerlichen Ermittlungen hat die Kripo im vergangenen Jahr ein sogenanntes "Aging-Foto" erstellen lassen. Es zeigt Roswitha Hedt, wie sie heute, mit 78 Jahren, aussehen könnte – vorausgesetzt, sie lebt noch.
Personenbeschreibung:
Als sie im Januar 1999 verschwand, war Roswitha Hedt 52 Jahre alt und 1,54 Meter groß. Sie hatte dunkelbraune Haare und eine kräftige Statur. Außerdem trug sie ständig eine Brille. Sie legte damals großen Wert auf ihr Äußeres und war immer schick angezogen.
Fahrzeug der Vermissten:
Roswitha Hedt fuhr einen zweitürigen VW Scirocco, Baujahr 1991, tornadorot, mit dem amtlichen Kennzeichen GF – AW 900. Dieses Kennzeichen ist inzwischen für ein anderes Fahrzeug vergeben.
Fragen nach Zeugen
Quelle: Kripo Gifhorn
- Wer hat Roswitha Hedt am 4. Januar 1999, nach 19 Uhr oder danach noch gesehen oder ist von ihr kontaktiert worden?
- Wer hat den roten VW-Scirocco mit dem Kennzeichen GF – AW 900 zwischen dem 4. Januar und dem 10. Februar 1999 gesehen oder hat gesehen, wer ihn auf dem Parkplatz des Krankenhauses in Wolfenbüttel abgestellt hat?
- Wer weiß, wo sich Roswitha Hedt nach dem 4. Januar 1999 aufgehalten hat und wo bzw. bei wem sie eventuell gewohnt hat?
- Wer kann Auskunft darüber geben, wo sich die heute 78-jährige Frau zurzeit aufhält?