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Kalahari - Die Flut in der Wüste

Lebensquell Okavango-Delta

Riedfrosch im Okavangodelta

Nachts im Okavango-Delta: Für "Faszination Erde" aus der Kalahari half Dirk Steffens einem Krokodilforscher bei der Arbeit. Ein Knochenjob, der auch ein wenig Nervenstärke erfordert.

Datum:
09.11.2014
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Mitten in der Kalahari-Wüste liegt eines der größten und ursprünglichsten Feuchtgebiete der Erde: das Okavango-Delta. Es ist umgeben vom größten zusammenhängenden Sandgebiet des Planeten. Das Zusammenspiel von Wasser und Wüste hat einen Lebensraum von immenser ökologischer Bedeutung geschaffen. In der ersten Folge der neuen Staffel von „Faszination Erde“ ergründet Dirk Steffens die Geheimnisse des Tierparadieses im Herzen der Kalahari.

Der Sand der Kalahari bedeckt 2,5 Millionen Quadratkilometer im südlichen Afrika, eine Fläche siebenmal so groß wie Deutschland. Im Zentrum der Kalahari-Wüste liegt das Binnendelta des Okavango. Der Fluss überschwemmt alljährlich, wenn die Flut kommt, riesige Flächen und verwandelt die karge, trockene Landschaft in ein Labyrinth aus Flüssen, Seen und Lagunen. Dann wächst auf den durchtränkten Ebenen frisches Gras, das unzählige Wildtiere anzieht. Weltweit gibt es kaum einen anderen Ort mit einer vergleichbaren Dichte an großen Tieren. Doch das Paradies ist nicht von Dauer. Wenn die überschwemmten Ebenen unter der sengenden Sonne wieder austrocken, wandelt sich das Leben ihrer Bewohner dramatisch. In den letzten Pfützen drängen sich die Fische. Das Blatt wendet sich, wenn im 800 Kilometer entfernten Hochland von Angola der Regen fällt und eine neue Flut sich anbahnt.

Entstehung des Okavango-Deltas

Pfannenstiel des Okavango-Deltas (Grafik)
Der Pfannenstiel (Panhandle) des Deltas führt permanent Wasser.
Quelle: ZDF

Das Wasser sammelt sich in den Flüssen, die den Okavango speisen, und lassen ihn auf das Fünffache anschwellen. Nach etwa vier Monaten trifft die Flut im Delta ein. Die Flutwellle gelangt zunächst in ein flaches Tal, Pfannenstiel genannt. Hier gibt es das ganze Jahr über Sümpfe. Dicke Matten aus Papyrus säumen die Flussufer und nehmen die Flut wie ein Schwamm auf. Der Wasserspiegel steigt hier um zwei Meter. Wenn die Sümpfe vollgelaufen sind, fließt das Wasser in Kanälen ab, die bis weit auf die ausgedörrte Ebene hinausführen – auf dem Höhepunkt der Trockenzeit.

Dass der Okavango das Meer nicht erreicht, sondern ein riesiges Binnendelta in der Kalahari bildet, ist ein Glücksfall für das Leben in der Region. Dazu kam es aber erst im Lauf der Erdgeschichte: Vor über 66 Millionen Jahren mündete der Fluss in den Indischen Ozean. Dann senkte sich das Kalahari-Becken. Seitdem versperrt eine Schwelle dem Okavango den Weg zum Meer. In der Senke bildete sich ein riesiger See, der allmählich wieder verdunstete. Der Okavango schwemmte viel Sediment in die Senke. Das Gelände ist heute so eben, dass der Okavango sich in ein großes Binnendelta auffächert. Dort versickert und verdunstet der Fluss im Sand, und wenn die Flut kommt, blüht das Okavango-Delta buchstäblich auf.

Herrsche und teile: die Könige der Kalahari

Das Leben hier hat sich dem Wechsel zwischen Flut und Dürre unterworfen. Doch es gibt Tiere, die sich diesem Rhythmus mehr als nur angepasst haben: Sie gestalten das Delta nach ihren Bedürfnissen und lassen damit zugleich Lebensraum für Mitbewohner entstehen. Flusspferde halten sich tagsüber im kühlen Wasser auf. Nachts aber gehen sie an Land, um Gras zu fressen, etwa 50 Kilogramm täglich. Dabei trampeln die tonnenschweren Tiere, Bulldozern gleich, Pfade durch die dicht wuchernden Pflanzen im Wasser und am Ufer. Sie benutzen immer wieder dieselben Wege. Auf diese Weise halten sie kleine Kanäle offen, durch die das Wasser schneller fließen kann. Auf die Dauer können diese Wasserwege immer breiter werden. So entstehen neue Bachläufe, durch die sich die Flut in immer entlegenere Gebiete ausbreiten kann.

Lebensfülle herrscht im Delta auch unter Wasser. Hier tummeln sich unzählige Fische, darunter große Räuber, wie der Afrikanische Raubwels. In Schach gehalten werden sie von ihrem Fressfeind Nummer eins, dem Nilkrokodil. Nilkrokodile sind die größten Krokodile Afrikas. Im Delta werden sie bis zu fünf Meter lang. Forscher warnen, dass die Krokodile im Delta gefährdet sind. Gerade in ihrem Brutgebiet, der Pfannenstiel-Region, werden sie durch Fischfang, Bootsverkehr und Vieh gestört. Mitunter zerstören Menschen ihre Gelege oder töten Jungtiere, um zu verhindern, dass sie groß und gefährlich werden. Obwohl der Handel mit „Krokoleder“ seit Jahren kontrolliert wird ist, hat sich der Bestand immer noch nicht erholt. Früher wurden die Tiere wegen des begehrten Leders stark bejagt. Dadurch droht das sensible Zusammenspiel der Arten ins Wanken zu geraten, und der Artenreichtum der Fischbestände könnte schwinden.

Kostbares Nass

Wasser ist in der Kalahari ein seltenes Gut. Die Leute des San-Volkes, einer der ältesten Volksgruppen der Erde, wissen, wo sie selbst inmitten größter Trockenheit danach suchen müssen. Ihre Vorfahren durchstreiften schon vor 20.000 Jahren die Kalahari. Heute ist die Kultur der Jäger und Sammler fast ausgelöscht, doch einige San wollen das Wissen ihrer Vorfahren bewahren. Auf den vereinzelten Felsbrocken, die aus dem Sandmeer der Kalahari ragen, haben sie ihr Vermächtnis hinterlassen: Rund 4.500 Felszeichnungen sind in den Tsodilo-Bergen erhalten, einige davon mehrere Tausend Jahre alt. Für die San war dies eine Stätte von wichtiger spiritueller Bedeutung: als Heimat der Geister der Vorfahren und als Ursprung des Wetters. In der Vorstellung der San können verschiedene Tiere Regen bringen. Tatsächlich ziehen Giraffen dann zu den Bergen, wenn es in der Gegend geregnet hat. Niederschläge fallen allerdings in der Kalahari nur in wenigen Monaten im Jahr. Wenn es  regnet, versickern die wertvollen Tropfen rasch im Sand.

Trifft aber die Flut im Delta ein und verwandelt es wieder in ein ausgedehntes grünes Paradies, wird es zum Sammelbecken für riesige Herden von Elefanten, Büffeln, Gnus, Zebras und anderen Tieren aus der umliegenden Kalahari. Der verlässlich wiederkehrende Rhythmus der Okavango-Flut ist ihre Überlebensgarantie. Wegen dieser einzigartigen Zusammenhänge zeichnete die UNESCO das Okavango-Delta im Juni 2014 als Weltnaturerbe aus. Doch die Fluten des Okavango haben längst Begehrlichkeiten in den flussaufwärts liegenden Anrainerstaaten Namibia und Angola geweckt. In Angola mit seiner stark wachsenden Bevölkerung will man in Zukunft viel mehr Felder bewässern als bisher. Sollte dieser Plan verfolgt werden, würde der Okavango in der Trockenzeit weniger Wasser führen. Somit gäbe es kleinere Fluten und damit kleinere Grasflächen im Delta. In Botsuana setzt man deshalb große Hoffnungen auf ein 2011 gegründetes länderübergreifendes Schutzgebiet namens KAZA (Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area). Es ist das größte seiner Art in Afrika und soll künftig auch die Wanderrouten von Elefanten und anderen Herdentieren besser schützen. Wissenschaftler, die das Wanderverhalten dieser Tiere erforschen, suchen nach Wegen, mögliche Konflikte im Voraus zu entschärfen und das grüne Herz der Kalahari als einzigartigen Naturraum zu erhalten.

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