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Im Bann des Lichts

Könnten wir ohne Sonne überleben?

Faszination Universum: Die Sonne ist unser Glücksstern und zugleich ein feuerspuckender Gigant aus glühend heißem Plasma. Kann sich der Mensch mithilfe der Technik von ihr unabhängig machen?

Videolänge:
43 min
Datum:
04.10.2015
:
UT
Verfügbarkeit:
Video verfügbar bis 09.06.2025

Die Sonne ist unser Glücksstern. Wir verlassen uns darauf, dass sie uns jeden Tag aufs Neue Licht und Wärme spendet. Das war nicht immer so. Vulkanausbrüche und Kometeneinschläge haben die Sonne schon mehrfach in der Geschichte mit Staub verhüllt – und so ganze Arten ausgelöscht. Doch der Mensch beginnt, sich vom Sonnenlicht unabhängig zu machen. Könnten wir dank modernster Technik selbst das drohende Ende unserer Sonne überleben? Harald Lesch versucht in Faszination Universum diese Frage zu ergründen.

Fast alle Kulturen der Welt verehrten die Sonne aufgrund ihrer Bedeutung für das Leben. Sonnenfinsternisse galten als göttliche Zeichen. Doch schon in der Steinzeit gab es Bemühungen, den Lauf der Sonne und den Rhythmus ihrer Finsternisse zu entschlüsseln. Denn wer das Schwinden des Sonnenlichts vorhersagen konnte, erlangte Macht.

Ein genialer Mechanismus

Das Verständnis der Himmelsmechanik erreichte im antiken Griechenland einen Höhepunkt. Ein ungewöhnlicher Fund am Meeresgrund aus dem Jahr 1900 zeigt ein geradezu revolutionäres Bild von den mathematischen Fertigkeiten der alten Griechen: Vor mehr als 2000 Jahren havarierte vor der Insel Antikythera ein Handelsschiff, vollgeladen mit Statuen, Keramiken und Schmuck. Das wertvollste Fundstück war zunächst das unscheinbarste: ein stark verkalkter Klumpen, der erst Monate später, als er auseinanderbrach, sein wahres Wesen offenbarte. Es handelte sich um die Überreste einer Maschine mit Zahnrädern aus Bronze, die über eine geheimnisvolle Mechanik miteinander verbunden gewesen sein mussten.

Die Anzahl der Räder, Ritzel und Markierungen lieferten den Forschern wichtige Hinweise auf die Funktion der Maschine. So ist ein Rad in 235 Einheiten unterteilt – eine astronomisch bedeutsame Zahl: Wenn ein Sonnenjahr vergangen ist, steht der Mond nicht an derselben Position wie zu Beginn des Jahres. Erst nach 19 Jahren oder genau 235 Mondzyklen sind Mond- und Sonnenkalender wieder synchron. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Maschine als Mondkalender diente. Mithilfe der Computertomografie tauchten Forscher tiefer in das Geheimnis ein und entdeckten im Innern des Apparats zahlreiche weitere Zahnräder. Das hochkomplexe Räderwerk erscheint zu aufwendig für einen einfachen Kalender. Die Forscher vermuten heute einen Mechanismus, der den Lauf der Himmelskörper berechnen und vorhersagen sollte. Mit seiner Hilfe ließen sich Sonnenfinsternisse exakt vorhersagen: ein astronomischer Computer – der vermutlich älteste Computer der Menschheit.

Unser feuerspeiender Gigant

Die moderne wissenschaftliche Astronomie hat die Sonne endgültig von ihrem göttlichen Thron gestürzt. Doch noch immer gebietet unser Zentralgestirn Ehrfurcht: Regelmäßig spuckt die Sonne tonnenweise Tausende Grad heißes Plasma in den Weltraum. Dieser Sonnenwind macht es den sonnennahen Planeten schwer, Leben hervorzubringen. Denn die energiereichen Teilchen des Sonnenwindes können Moleküle zerstören und so das Leben gefährden. Doch die Erde besitzt einen einzigartigen Schutzschild: In ihrem Innern brodelt glutheißes, flüssiges  Metall, das ein starkes Magnetfeld erzeugt. Das Erdmagnetfeld lenkt den Sonnenwind ab und lässt ihn an uns vorbeiziehen. Die elektrisch geladenen Sonnenteilchen werden daran abgelenkt. Nur an den Polen treffen wenige Sonnenwindteilchen auf die irdische Atmosphäre und erzeugen hier die faszinierenden Polarlichter. Dank des Schutzschilds der Erde können wir das Beste der Sonne gefahrlos nutzen: ihre lebensspendende Wärme und ihr Licht.

Und nach Sonnenuntergang? Noch vor 150 Jahren konnte man sich gegen die Finsternis der Nacht allein mit Fackeln und Laternen behelfen. Elektrizität war ein Kuriosum, nur Bastler und Magier befassten sich mit ihr. Zwar konnten sogenannte Elektrisiermaschinen durch Reibung statische Elektrizität erzeugen, doch dass man damit eines Tages die Nacht erhellen würde, ahnte niemand. Das änderte sich erst, als es Mitte des 18. Jahrhunderts dem amerikanischen Wissenschaftler Benjamin Franklin mit einem spektakulären Experiment gelang, die elektrische Natur von Blitzen zu beweisen. Seitdem war klar: Elektrizität kann helles Licht erzeugen.

Ende des 19. Jahrhunderts trat schließlich die elektrische Beleuchtung ihren Siegeszug an. Der Amerikaner Thomas Alva Edison gilt vielen als Erfinder der Glühbirne, 1880 erhielt er das Patent auf seine Glühlampe. Doch tatsächlich war er nicht der Erste, der eine solche Vorrichtung entwickelte: Historiker haben mehr als 20 Tüftler ermittelt, die schon vor Edison mit glühenden Materialien experimentierten, darunter der englische Chemiker Joseph Swan. Dennoch ist Edisons Ruhm nicht unbegründet, denn er dachte als Erster im großen Maßstab, vermarktete seine Erfindung geschickt und wurde zum größten Glühlampenhersteller seiner Zeit.

Fusionsenergie – ein unerreichbarer Traum?

Auf die Sonne, ihr Licht und ihre Energie, sind wir angewiesen. Doch manche Visionäre glauben daran, dass sich diese Abhängigkeit eines Tages überwinden lässt. Sie wollen das Sonnenfeuer auf die Erde holen. Die Kernfusion, wie sie im Inneren der Sonne abläuft, soll in Fusionsreaktoren kontrolliert ablaufen. Das könnte die Energieprobleme der Menschheit lösen – so die Vision. Seit den 1950er Jahren arbeiten Wissenschaftler weltweit daran, diese schier unerschöpfliche Energiequelle zu erschließen. Das Prinzip: In der Sonne fusionieren jeweils vier Wasserstoffkerne zu einem Heliumkern. Das entstehende Helium ist um etwa ein Promille leichter als der ursprüngliche Wasserstoff – die fehlende Masse verwandelt sich in Energie. Der Zusammenhang zwischen Masse und Energie wurde bereits vor rund hundert Jahren von Albert Einstein in seiner berühmten Formel „Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat“ beschrieben. Dank dieser Energiequelle strahlt die Sonne bereits seit Jahrmilliarden.

Ein ehrgeiziges Projekt soll nun zeigen, dass Fusionsreaktoren auch auf der Erde Energie liefern können: ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) in Südfrankreich, ein Milliarden teures Gemeinschaftsprojekt von 34 Staaten. Seit 2007 befindet sich der Forschungsreaktor im Bau. Die Herausforderungen sind gewaltig: Temperatur und Druck im Inneren des Reaktors müssen so hoch sein, dass ein sogenanntes Plasma entsteht, ein atomares Teilchengemisch. Dieses Wasserstoffplasma wird etwa 100 Millionen Grad heiß. Nur eine ausgeklügelte Anordnung gigantischer Magnetfelder kann es dann davon abhalten, die Reaktorwände zu schmelzen. Zwar ist es Forschern bereits mit früheren Reaktoren gelungen, eine Fusion einzuleiten, doch dauerte diese nur wenige Sekunden. ITER soll das ändern. Als erster Forschungsreaktor soll er mehr Energie liefern, als man zum Betreiben einsetzen muss. In spätestens zehn Jahren soll er startklar sein – so die Prognosen.

Das Ende der Sonne

Es geschieht langsam, aber unausweichlich: Eines Tages wird die Menschheit ohne Sonnenlicht auskommen müssen. Denn das Ende unseres guten Sterns ist bereits vorherzusehen. Schon in einer Milliarde Jahre beginnt der Todeskampf der Sonne. Der Wasserstoff in ihrem Kern ist dann zu einem beträchtlichen Teil verbraucht. Dadurch wird der Kern kleiner, der Druck steigt und die verbliebenen Wasserstoffatome fusionieren immer schneller. Die Sonne wird somit stetig heißer – das wird auch auf der Erde zu spüren sein. Alle Gletscher und das Eis der Pole beginnen dann zu schmelzen. Nach einer weiteren Milliarde Jahren wird flüssiges Wasser auf der Erde verdampfen.

Unaufhörlich verstärkt sich auch die Strahlungsaktivität der Sonne. Sie spuckt immer größere Mengen geladener Teilchen ins All. Das Magnetfeld der Erde kann dann der Intensität des Sonnenwinds nichts mehr entgegensetzen. Die Strahlung ist für Menschen tödlich. Nur mit Schutzanzügen könnten sie sich noch draußen aufhalten. Alles Leben an der Oberfläche wird ausgelöscht. Nach vier Milliarden Jahren ist die Temperatur auf der Erde auf fast 400 Grad Celsius angestiegen. Alles Wasser ist verdampft. Am Ende wird der Wasserstoff  im Sonnenkern aufgebraucht sein, und die Heliummoleküle fusionieren zu schwereren Elementen wie Kohlenstoff. Die Fusion zündet dann auch in der Hülle, der Druck verstärkt sich und die Sonne bläht sich zu einem Roten Riesen auf. Die Erdoberfläche schmilzt und die Kontinente verwandeln sich in Lava, während unsere sonnennäheren Nachbarplaneten vom Roten Riesen verschlungen werden.

Flucht ins All?

Die einzige Überlebenschance für die Menschheit wäre die rechtzeitige Flucht in den Weltraum. Eine wichtige Etappe auf dem Weg dorthin: unsere nächsten Nachbarn. Vielleicht lässt sich der Mars als Außenposten besiedeln, um das Überleben auf fernen Planeten zu erproben. Dass der Mars keine schützende Atmosphäre besitzt und es auf ihm bitterkalt werden kann, ist nur eine der Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Die wichtigste Aufgabe wäre: die Kraft der Sonne effektiv zu nutzen und sich gleichzeitig vor ihr zu schützen.

Auf der Suche nach weiter entfernten Zielen nehmen Forscher auch den Jupitermond Europa ins Visier: Unter seiner kilometerdicken Eisschicht vermuten sie flüssiges Wasser, das möglicherweise durch Energiequellen aus der Tiefe erwärmt wird. Vielleicht entdecken künftige  Missionen auch hydrothermale Quellen, an denen sich – ähnlich wie in unserer Tiefsee – Leben entwickelte. Die nächsten vielversprechenden Kandidaten sind sehr viel weiter entfernt. Raumschiffe, die solche gewaltigen Strecken zu einem anderen Planetensystem bewältigen könnten, sind noch nicht einmal ausgedacht. Sie müssten auf jeden Fall ein eigenes Magnetfeld erzeugen, um sich vor der kosmischen Strahlung ferner Sonnen zu schützen. Mit der heutigen Antriebstechnik würde die Reise mehrere 10.000 Jahre dauern. Viele Generationen wären mit Raumschiffen unterwegs, bis die Nachkommen das Ziel erreichten.

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