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Der kosmische Code

Welche Macht haben Zahlen über uns?

Baum von unten

Harald Lesch erzählt in "Faszination Universum" eine uralte Legende. Sie zeigt, welche Macht Zahlen haben können - wenn man sie nur machen lässt.

Datum:
28.09.2014
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Regelmäßige Muster, Formen, Wiederkehr des Gleichen - in der Natur stoßen wir ständig darauf: Blattadern sind symmetrisch angeordnet, Blüten harmonisch aufgebaut. Liegt all dem ein mathematisches Regelwerk zugrunde? Auf der Suche nach dem Schlüssel findet man Hinweise auf einen Code, der über alles auf der Erde – und darüber hinaus – zu herrschen scheint. Können wir diesen kosmischen Code entschlüsseln? In der zweiten Folge von "Faszination Universum" sucht Harald Lesch nach Antworten. Er deckt auf, wo die Macht der Zahlen endet und die Berechenbarkeit des Kosmos an Grenzen stößt.

„Alles ist Zahl“ – für den griechischen Philosophen Pythagoras hatten Zahlen die Macht über unser Universum. Bis heute scheint diese ungebrochen, viele Menschen sind sogar überzeugt, sie hätten mystische Bedeutung. Die Zahl 13 etwa löst bei vielen Menschen Unbehagen aus, sie gilt als Unglückszahl. Schon die alten Babylonier hatten ein gespaltenes Verhältnis zur 13: Ihre Astronomen, die den Himmel studierten, beschrieben 13 Sternzeichen. Warum wir heute nur noch zwölf von ihnen kennen, ist eine Geschichte, die viel über Bedeutung und Macht von Zahlen verrät.

Zahlen in der Kulturgeschichte

Wie kamen die Zahlen überhaupt in die Welt? Sie sind uns nicht in die Wiege gelegt. Bis heute gibt es Völker, die keine Wörter für Zahlen in ihrer Sprache haben, zum Beispiel die Aborigines in Australien. Forscher fanden heraus, dass die Ureinwohner Australiens nur Begriffe für „eins“ und „viele“ verwenden. Andererseits verfügen sie über ein umfangreiches Repertoire an Bräuchen und bewahren so Mythen und Legenden in ihrer Symbolik. Ganze Landschaften beschreiben die Aborigines in Zeichnungen und Tänzen – eine wichtige Überlebensstrategie, um sich in der weiten, kargen Landschaft zu orientieren und die Wege zu Wasser- und Nahrungsquellen im Gedächtnis zu behalten. Zahlen brauchten die Aborigines aber über Jahrtausende nicht, denn sie betrieben in ihrer Geschichte nie Landwirtschaft und errichteten keine großen Siedlungen. Andere Kulturen hingegen erkannten früh den Nutzwert der Zahlen und des Zählens.

Vor etwa 10.000 Jahren begann der Mensch in Vorderasien größere Herden zu halten. Zählen war nützlich, um das Eigentum zu überschauen. Noch größere Bedeutung erhielten die Zahlen, als die Sumerer die ersten größeren Siedlungen errichteten. Die Menschen spezialisierten sich auf unterschiedliche Tätigkeiten, die Arbeitsteilung führte zu regem Handel. Man tauschte und feilschte, schätzte Mengen und Wertigkeiten gegeneinander ab. Die Sumerer entwickelten auch die ersten Symbole für Zahlen und schrieben sie in Keilschrift nieder. Im alten Ägypten wurde dann das Rechnen vor etwa 5000 Jahren zur notwendigen Kulturtechnik: Beamten vermaßen die Felder der Bauern und dokumentierten die Berechnungen der Flächen auf Papyrusrollen. Im antiken Griechenland entwickelte sich die Kulturtechnik des Rechnens allmählich zur reinen Wissenschaft. Aus dem praktischen Zählen und Rechnen wurde Philosophie. Ein mathematisches Rätsel allerdings ließ damals viele verzweifeln – es steht bis heute sprichwörtlich für eine unlösbare Aufgabe: Wie lässt sich die Fläche eines Kreises exakt durch ein Quadrat darstellen?

Mathematik als Instrument der Naturwissenschaften

Trotz solcher Krisen entwickelte sich die Mathematik zu einem immer mächtigeren Instrument. Sie war das Werkzeug, das über Jahrhunderte geltende Weltbilder zu Fall brachte. So trat gegen Ende des 16. Jahrhunderts der junge Johannes Kepler den Kampf gegen das vorherrschende Bild vom Lauf der Sterne und Planeten an. Seine einzige Waffe war die Mathematik. Schließlich formulierte er drei Gesetze der Planetenbewegung und trotzte dem Kosmos damit einen Teil seines Codes ab. Bis heute haben die Keplerschen Gesetze Gültigkeit. Die Mathematik wurde zu einem Instrument der Naturwissenschaften bei der Untersuchung der Natur und bei der Formulierung ihrer Gesetze.

Ist Mathematik also die Sprache der Natur? Wohnt sie allen Lebewesen inne? Verfügen auch Tiere über elementare mathematische Fähigkeiten? Bei Bienen wollen Forscher Indizien dafür gefunden haben. Die Insekten gelten als besonders klug, sie verfügen über ein komplexes Kommunikationssystem, bei dem sie ihren Artgenossen mit Tänzen Richtung und Entfernung von Futterquellen übermitteln. Um zu testen, ob Bienen neben diesem gemeinsamen Code auch ein ihnen fremdes Zeichensystem verstehen können, führten sie einen Versuch durch: Eine Biene sieht am Eingang einer Röhre ein Schild mit mehreren Punkten. Nur in Richtung des Wegweisers mit der gleichen Anzahl an Punkten gelangt sie zur Belohnung. Die Biene muss sich also die Zahl der Punkte merken und sie später wiedererkennen. Das Ergebnis: Auch wenn die Anzahl und sogar die Gestalt der Symbole variierten, konnten die „Versuchsbienen“ die Aufgabe richtig erfüllen. Das zeigt, dass Bienen zumindest kleine Zahlenmengen unterscheiden können.

Nachbildung der Natur

Betrachtet man die regelmäßige, sechseckige Struktur der Bienenwaben, liegt der Gedanke nah, dass sich tatsächlich ein mathematisches Regelwerk hinter allen Erscheinungen der Natur verbergen könnte. Der französische Mathematiker Benoît Mandelbrot war in den 1970er-Jahren davon überzeugt. Er glaubte, ein grundlegendes Prinzip erkannt zu haben: Strukturen in der Natur verzweigen sich oft zu immer feineren Unterstrukturen, die sich im Wesentlichen nur durch ihre Größe unterscheiden. Die Natur wiederholt sich selbst, so seine These. Für Mandelbrot war das der Schlüssel zum Code des Lebens.

Das Prinzip der Wiederholung oder Selbstähnlichkeit in der Natur lässt sich auch nutzen, um die Natur für menschliche Zwecke nachzubilden. Im Film bringt die neue Technik den Durchbruch für aufwendige Computeranimation. Landschaftsüberflüge waren einst nur wagemutigen Kameraleuten und Abenteurern vorbehalten. Das hat sich geändert, seit Computeringenieure begonnen haben, digitale Welten zu erschaffen. Früher musste man für bewegte Fantasielandschaften in Trickfilmen jedes Bild einzeln zeichnen. Auf diese Weise einen Überflug über eine Landschaft zu erzeugen war eine Sisyphusarbeit. Dank Mandelbrots Prinzip der Wiederholung können Computer heutzutage diese Aufgabe übernehmen. So lassen sich beispielsweise Gebirgsdarstellungen immer und immer wieder in ähnliche, nur kleinere Dreiecke unterteilen. Wie durch Zauberhand entsteht eine realistisch anmutende Berglandschaft, über die man hinwegfliegen kann. Bis heute werden Landschaften in Animationsfilmen nach dem Prinzip der Wiederholung gestaltet.

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