Im Rahmen einer Europäischen Public Value Konferenz haben MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand, ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz, ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut, WDR-Intendant Tom Buhrow, Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue sowie Prof. Dr. Timo Meynhardt von der Handelshochschule Leipzig den "Leipziger Impuls" auf den Weg gebracht. In sechs Handlungsfeldern beschreiben sie, wie insbesondere im digitalen Zeitalter die öffentlich-rechtlichen Medien neu denken müssen, wie ein Gemeinwohlbeitrag in diesem Zusammenhang entsteht und geleistet wird, der nachweisbar alle Bürgerinnen und Bürger anspricht. Die zweitägige Konferenz am 3. und 4. Dezember 2019 beim MDR in Leipzig trägt den Titel: "Herausforderung Public Value in europäischen Medienorganisationen".
Der "Leipziger Impuls" im Wortlaut
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens, er ist eine tragende Säule unserer Gesellschaftsform, der Demokratie. Er übernimmt Mitverantwortung für die öffentliche Meinungsbildung und erfüllt wichtige Funktionen, die das demokratische Gemeinwesen stärken.
Der Gemeinwohlbeitrag (Public Value) des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist gerade jetzt besonders relevant. Diskussionen um den sozialen Zusammenhalt, neue Formen der kollektiven Willensbildung über das Internet, der Strukturwandel der Öffentlichkeit und nicht zuletzt die rasanten technologischen Neuerungen führen zu einer weiter ausdifferenzierten Medienlandschaft, in der die Integrationsfunktion einen neuen Stellenwert bekommt. Dazu gehört auch das Bewusstsein für das Verbindende und Gemeinsame in einer sich pluralisierenden Gesellschaft.
Der Gemeinwohlbeitrag definiert die Schlüsselrolle öffentlich-rechtlicher Medien und muss durch aktive Führung und Steuerung in unseren Medienhäusern weiter gestärkt und immer wieder neu umgesetzt werden. Nur so werden wir unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger erhalten.
Wir Unterzeichnenden sehen sechs Handlungsfelder, auf denen insbesondere im digitalen Zeitalter die öffentlich-rechtlichen Medien neu denken müssen, wie ein Gemeinwohlbeitrag in diesem Zusammenhang entsteht und geleistet wird, der nachweisbar alle Bürgerinnen und Bürger anspricht – ob digital, analog oder am besten ganzheitlich.
1. Innovationen für die öffentliche Meinungsbildung generieren
In einer vernetzten Welt werden wir als Medienmacherinnen und Medienmacher den Gemeinwohlbeitrag in eine interaktive Diskurswelt übersetzen und integrieren. Unsere Aufgabe sehen wir darin, neuartige mediale Brücken zu bauen, die den Dialog zwischen unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen unterstützen und damit das Recht auf freie Meinungsäußerung auf verantwortungsvolle Weise kultivieren.
2. Qualität sichern und weiterdenken
Die journalistische Qualität misst sich an den etablierten professionellen Standards. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Qualitätskriterien so weiterzuentwickeln, dass sie den aktuellen Entwicklungen standhalten und das Öffentliche auch als eigene Qualität sichtbarer machen. Mehr denn je gehört dazu, Vielfalt für alle Angebote und in allen Bereichen als Gemeinwohlqualität verantwortungsvoll zu gestalten und dafür einen entsprechenden Zugang zu ermöglichen.
3. Gemeinwohlnetzwerke schaffen
Die neue Medienwelt macht eine partnerschaftliche Vernetzung immer notwendiger. Unsere Aufgabe sehen wir darin, gemeinwohlorientierte Kommunikationsräume zu entwickeln, in dem wir zum Beispiel unsere Mediatheken vernetzen, unsere Inhalte teilen und mit Start-ups kooperieren. In der Kooperation mit anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Partnern schaffen wir effiziente und effektive Angebote für die Bevölkerung und sichern damit Teilhabe am öffentlichen Diskurs.
4. Verantwortung für Transparenz übernehmen
Die öffentlich-rechtlichen Medien sind Teil einer offenen Gesellschaft und tragen zu dieser wesentlich bei. Unsere Aufgabe als Anstalten öffentlichen Rechts bzw. öffentliche Unternehmen sehen wir darin, unser publizistisches und wirtschaftliches Handeln nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Eine entsprechende Transparenz ist die Grundlage für das in uns gesetzte Vertrauen.
5. Unabhängigkeit durch Einbindung sichern
Unabhängigkeit ist das Grundversprechen und Fundament der gesellschaftlichen Akzeptanz öffentlich-rechtlich finanzierter Medien. Der gesetzliche Auftrag setzt uns hierfür den Rahmen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen und Perspektiven in allen Bereichen und Prozessen einzubinden. Eine allumfassende Einbindung sichert unsere Unabhängigkeit.
6. Gemeinwohlorientierte Führung vorleben
Jeder Führungsansatz ist nur so gut, wie er in der Organisation gelebt wird. Wir sehen unsere Aufgabe sehen darin, die Gemeinwohlorientierung in allen internen Prozessen und Abläufen noch stärker zum Maßstab guter Führung zu machen. Dazu gehören auch die Personalführung und vor allem die Förderung einer Wertschätzungskultur, in der wir vorleben, was wir fordern.
Die Unterzeichnenden sehen in den sechs Handlungsfeldern ein Potenzial zur gemeinwohlorientierten Zukunftsgestaltung öffentlich-rechtlicher Medien und laden zur Debatte ein – nach innen und außen.