In den vergangenen zwei Jahren richteten Ausläufer von Hurricanes auch in Europa schwere Schäden an. Ein Trend, der sich vielleicht fortsetzt: Tropische Warmluft dehnt sich weiter aus.
Auswirkungen der Erderwärmung sind ein Grund, weshalb Hurricanes leichter Richtung Europa abgelenkt werden. Müssen wir uns bald auf eine europäische Wirbelsturmsaison einstellen? Harald Lesch auf den Spuren der Monsterstürme.
Im Oktober 2017 wird die irische Atlantikküste von einem Sturmtief getroffen, das mit Windgeschwindigkeiten von über 150 Stundenkilometern an die Küste prallt. „Ophelia“ fordert Tote, führt zu Überschwemmungen, hinterlässt Hunderttausende ohne Strom. Das Besondere: Ophelia hatte ihren Ursprung über dem tropischen Atlantik – als ein Hurricane. Aber anders als die meisten anderen zog dieser tropische Wirbelsturm nicht Richtung Karibik, sondern nach Nordosten. Die Gründe: Der Atlantik war ungewöhnlich warm, Ophelia entstand nördlicher als übliche Hurricanes, sodass der Sturm von nördlichen Luftströmungen erfasst und Richtung Europa getrieben wurde.
Normalerweise würde sich ein Hurricane auf diesem Weg auflösen, denn mit sinkender Wassertemperatur verliert ein Tropensturm seine Energiequelle und damit seine Kraft. Auch Ophelia wurde zunächst schwächer. Doch als die warmen Luftmassen des Hurricanes die Polarluft erreichten, entstand eine turbulente Front, die Ophelia zu einem Orkan wachsen ließ – einem Orkan mit der Stärke eine Hurricanes.
Regelmäßig fegen Hurricanes über die Insel Puerto Rico. Ihre Wälder, darunter ein geschützter Nationalpark, werden dann über Nacht nahezu entblättert. Nur einzelne Baumstämme der Tabanucos ragen noch empor. Sie sind eine Besonderheit dieser Insel und erfüllen eine wichtige Funktion – sie stabilisieren den Wald. Der Trick liegt in ihren Wurzeln: Diese bilden mit bis zu 20 Nachbarn ein enges Geflecht. Gemeinsam trotzen diese Bäume dem Sturm. Sie sind buchstäblich kaum umzuwerfen. Aber das gilt nicht für alle Baumarten dort. Wie schafft es das gesamte System dennoch, sich zu regenerieren?
Forscher haben hierzu im Experiment Sturmschäden nachgestellt. Und es zeigt sich: Anders als Herbstlaub enthalten die frischen Blätter, die ein Hurricane zu Boden wirft, noch all ihre Nährstoffe. Würmer und Termiten, Tausendfüßler und Pilze beginnen gleich nach dem Sturm, diese Nährstoffe aufzuschließen – sie sind die stillen Helden des großen Wiederaufbaus. Tropische Hitze und Feuchtigkeit beschleunigen den Prozess. Schon nach wenigen Wochen tragen die Tabanucos neue Blätter. Nach fünf bis zehn Jahren ist der Wald beinahe lückenlos wieder hergestellt. Wenn sie nicht zu oft kommen, wirken Hurricanes in dieser Region wie ein Antrieb im Kreislauf der Erneuerung. Würde ein vergleichbarer Sturm auf Europa treffen, dann könnte sich die Natur allerdings keineswegs so schnell erholen, denn bei niedrigeren Temperaturen und einer völlig unvorbereiteten Flora und Fauna wären Wirbelstürme mit der Wucht von tropischen Hurricanes wahre Zerstörungsgiganten.
Hurricanes bringen in ihrer neuen Stärke eingespielte Ökosysteme unter Druck. Beispiel ist eine Art, die 300.000 Jahre lang gut angepasst war – nun aber zunehmend in Schwierigkeiten gerät: das Kubakrokodil. Dieses Tier lebt einzig und seit Urzeiten in den Brackwasser-Sümpfen von Kuba. Kubakrokodile bauen Nester nah am Wasser. Durch Starkregen und Hurricanes droht den Nestern immer häufiger Überflutung. Wenn die Eier länger als eine Stunde unter Wasser sind, sterben die Embryos ab. Inzwischen ist das Kubakrokodil vom Aussterben bedroht.
Und es droht noch eine andere Gefahr: Auf der Insel Banco Chinchorro östlich von Mexiko lebt eine andere Krokodilart, deren Embryos ebenfalls von Hurricanes bedroht sind. Grund sind hier nicht die Überflutungen, sondern die Temperaturschwankungen, die plötzliche Abkühlung, die ein Hurricane mit sich bringt. Forscher haben beobachtet, dass inzwischen einzelne erwachsene Tiere aufs offene Meer schwimmen, abtauchen und mit der Strömung Richtung Norden wandern. Zu Fuß am Meeresgrund, über 1.000 Kilometer, bis nach Kuba. Dort verdrängen die Neuankömmlinge die einheimische, endemische Art. Die Kubakrokodile weichen in wassergefüllte Höhlensysteme im Landesinneren aus. Diese bieten Schutz vor Sturmflut und vor den Konkurrenten. Doch noch ist nicht sicher, ob Kubakrokodile in diesem engeren Lebensraum genügend Nachkommen und damit Überlebenschancen haben.
Solange ein Korallenriff intakt ist, nimmt es den Wellen die Wucht, bevor sie das Land erreichen – ein natürlicher Küstenschutz. Einem Sturm von Hurrikanstärke können jedoch die Riffe nicht trotzen, er hinterlässt auch unter Wasser eine Spur der Verwüstung. Dann geschieht ein kleines Wunder: Aus den Korallentrümmern wächst neues Leben. Die Korallentierchen haben über Jahrhunderte „gelernt“, sich der zerstörerischen Kraft der Natur anzupassen.
Doch inzwischen sind die Riffe bereits geschwächt, bevor ein Hurricane sie trifft. Zum einen durch die Korallenbleiche, verursacht durch höhere Wassertemperaturen, zum anderen durch die Versauerung des Meeres. Die Kalkskelette der Korallen werden durch das saurere Wasser porös und brechen leicht. Fast 50 Prozent der Riffe um Florida sind inzwischen ernsthaft bedroht. Schon jetzt werden die Uferstreifen durch die schweren Stürme immer schmaler. Durch aufwendige Sandaufspülungen versucht man, die Strände künstlich „am Leben“ zu erhalten. Doch der Sand vom Meeresboden ist feiner als der ursprüngliche Sand am Strand. Und das schafft neue Probleme: Die feinen Partikel werden zehnmal schneller zurück ins Meer gespült. Die leichten Teilchen schweben oft wochenlang im Wasser, trüben es ein. Das Sonnenlicht wird so abgeschirmt, die Korallen ersticken. Zurück bleiben tote Riffe. Nun versuchen Wissenschaftler, in der Küstenregion in Unterwasserplantagen besonders robuste Korallen zu züchten und hoffen so, die gefährdeten Korallenriffe noch zu retten.
Bildquelle: Saint Thomas Production
Die Forschung zeigt: Unser Wetter ist Teil eines großen Ganzen. Eine Veränderung an einem Ort hat oft auch Konsequenzen für andere Teile der Erde. Überraschende Zusammenhänge werden immer deutlicher. Eine Folge: Extremwetterlagen. In zehn Kilometern Höhe strömt warme Luft vom Äquator Richtung Nordpol. Dabei wird der Wind durch die Erdrotation Richtung Osten abgelenkt. Der hohe Temperatur- und damit Druckunterschied zwischen den warmen Tropen und der kalten Polarregion treibt den Höhenwind – den Jetstream - an. Er erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde. Aber nun haben Forscher beobachtet, dass der Jetstream schwächer wird – und dadurch instabil. Er bildet zunehmend Ausbuchtungen nach Norden und Süden. Der instabile Höhenwind hat nach Meinung von Wissenschaftlern direkte Auswirkungen auf unser Wetter und verursachte zum Beispiel eine extreme wochenlange Kälte in Großbritannien. Denn polare Kaltluft konnte durch den geschwächten Jetstream weiter nach Süden vordringen.
Die Forscher vermuten, dass die Schwächung des Höhenwinds mit der wärmer werdenden Arktis in direktem Zusammenhang steht: Das Eis schmilzt, die schnee- und eisfreien Flächen absorbieren mehr Sonnenlicht. Dadurch erhöht sich die Temperatur der Arktis im Durchschnitt um das Doppelte im Vergleich zu anderen Regionen der Erde. In der Folge verringert sich der Temperaturunterschied zwischen Arktis und Tropen, der Jetstream verliert so an Kraft. Er beginnt, zu mäandern. Besonders ausgeprägt ist das im Herbst und Winter. Erst wenn sich im Frühling die arktische Eisfläche wieder vergrößert hat, normalisiert sich auch der Jetstream. Forscher warnen, dass wir in Zukunft noch häufiger mit Extremwettern rechnen müssen …
Die Natur ist ein Ganzes, sagt Professor Harald Lesch. Eine Veränderung an einem Ort hat oft Konsequenzen an einem anderen Teil der Erde.
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