Essen ist für viele inzwischen Kult: Gesunde Ernährung wird zur Ersatzreligion. Dabei kann selbst an sich gesundes Essen krank machen, wie Forscher beobachten. Harald Lesch ist neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf der Spur und entlarvt so manche Ernährungsmythen.
Auf Instagram und Co stellen User ihren Lifestyle zur Schau. Die Botschaft: Ideale Ernährung und viel Sport machen gesund, schlank und schön. Doch oft ist das Gegenteil der Fall: Nachahmer bekommen gesundheitliche Probleme. Und das, obwohl sie akribisch auf ihre Ernährung achten. Essen wird zum täglichen Dauerthema, die aufzunehmende Nahrung zur Ideologie. Orthorexia nervosa ist der Fachbegriff für übermäßige Beschäftigung mit der Qualität von Lebensmitteln. Er wurde von dem amerikanischen Arzt Steven Bratman 1997 erstmals verwendet. Gesundes Leben wird zum Zwang. Das einseitige Essen kann schließlich zu einer ernsthaften Unterernährung führen. Orthorexie ist nicht als Krankheit anerkannt. Diagnose-Kriterien und Unterschiede zu Essstörungen wie Magersucht, Anorexia nervosa, müssen erst noch erforscht werden. Bei Orthorexie liegt der Fokus auf der Qualität der Nahrung, bei Magersucht auf ihrer Quantität.
Sogenanntes Superfood wie Chia-Samen, Maca-Knollen und Goji-Beeren finden reißenden Absatz. 46 Millionen Euro Umsatz in Deutschland im Jahr 2017. Die Goji-Beere gilt als Königin des Superfood. Sie wirkt angeblich bei Immunschwäche, lindert Schlafprobleme, hilft bei Augenkrankheiten und verlangsamt die Alterung. Doch was hat Superfood, was andere Lebensmittel nicht haben? Das Geheimnis der Goji-Beere liegt angeblich im hohen Anteil an Antioxidantien. Im Körper entstehen bei oxidativem Stress freie Radikale. Sie verursachen Zellschäden. Antioxidantien machen die freien Radikale unschädlich und schützen so die Zellen. Neuere Studien zeigen jedoch: Zu viele Antioxidantien können auch schaden. Übrigens, auch die heimische Hagebutte ist reich an Antioxidantien und enthält außergewöhnlich viel Vitamin C. Fast zehnmal mehr als die Goji-Beere. Und den Chia-Samen aus Mittelamerika, die so reich an antioxidativem Vitamin E sind, ist der heimische Leinsamen ebenbürtig. Auch die Maca-Knolle, bekannt als Fruchtbarkeitselixier der Inka, hat einen Vertreter hierzulande: Unserem Sellerie wird ebenfalls eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben. Heimische Produkte können mit den Exoten also durchaus mithalten. Außerdem haben Superfoods aus fernen Ländern oft lange Transportwege, viele getestete Proben waren mit Pestiziden belastet, und der Gesundheitseffekt ist oft nicht wissenschaftlich belegt. Ist Superfood womöglich nur eine Marketingstrategie? Es liegt nahe. Exotik verkauft sich.
Bildquelle: Adnane Korchyou/ZDF
Aufschriften auf Nahrungsmitteln vermitteln oft: Wer diese Produkte isst, tut sich etwas Gutes. Aber greifen wir deshalb auch mehr zu diesen Lebensmitteln? Bei einem Experiment der TU München verfolgen Wissenschaftler mit einem Eye-Tracker die Blickrichtung von Testkäufern. Das Experiment zeigt: Die meisten Testpersonen entschieden sich bevorzugt für Produkte mit Gesundheitsversprechen auf der Vorderseite der Verpackung. Solche Anreize beeinflussen die Kaufentscheidung. In einem zweiten Experiment füllen die Wissenschaftler zwei Gläser mit demselben Studentenfutter. Der einzige Unterschied: Auf einem Glas prangt das Wort Fitness und das Bild eines Turnschuhs. Die abnehmwilligen Probanden glauben, an einem Geschmackstest teilzunehmen. Jeder darf wählen, wie viel Studentenfutter er nimmt. In Wahrheit will der Forscher wissen, ob die verschiedenen Etiketten auf den Gläsern für die Testpersonen einen Unterschied machen. Nach dem Verkosten des „normalen“ Studentenfutters geht es auf ein Ergometer. Nach einer Pause bedienen sich die Probanden an dem vermeintlichen Fitness-Studentenfutter. Es fällt auf: Im Schnitt nimmt sich jeder Proband jetzt etwas mehr, circa die Menge von rund 100 Kalorien. Auf dem Ergometer nun das Erstaunliche: Je mehr die Teilnehmer vom Fitnessprodukt gegessen haben, desto weniger aktiv sind sie auf dem Ergometer. Der vermeintliche Fitness-Snack verleitet also nicht nur dazu, mehr zu essen – hinterher ist man auch noch fauler. Die Forscher testeten 230 Personen. Sie sehen in Gesundheitsversprechen für Übergewichtige sogar ein Gesundheitsrisiko.
Jahrzehntelang verteufelt, gilt Fett plötzlich als Heilmittel gegen Übergewicht. Ketogene Ernährung nennt sich dieser Trend. Doch kann man wirklich Fett mit Fett bekämpfen? Aus der Nahrung werden zuerst die Kohlenhydrate aufgenommen. Das passiert vor allem im Darm. Über die Darmwand gelangen die Nährstoffe ins Blut und verteilen sich im gesamten Körper. Mithilfe von Insulin werden sie in die Zellen von Leber und Muskeln geschleust. Dort stehen sie in Speichern zur Verfügung. Sobald Energie benötigt wird, geben die Zellen ihre Reserven ab. Hier setzt die ketogene Diät an. Bei gleicher Kalorienzufuhr reduziert man massiv Kohlenhydrate. Man nimmt in der Regel nur noch zehn Prozent Kohlenhydrate aus Obst und Gemüse, bis zu 20 Prozent Proteine und rund 70 Prozent Fette zu sich. Dann kann sich der gewünschte Effekt einstellen: Fettabbau. Und das geht so: Erhalten die Zellen weniger Kohlenhydrate, leeren sich die Speicher. Um genug Energie zu haben, stellt der Körper seinen Stoffwechsel um. Die Leber wandelt nun Fettsäuren aus der Nahrung und Fettdepots in Ketonkörper um. Diese liefern dem Organismus die nötige Energie. Ketogenese heißt der Prozess, bei dem der Körper auf seine Fettreserven zugreift und sie abbaut. Fett scheint tatsächlich Fett zu bekämpfen. Wissenschaftler fanden heraus, dass Menschen mit der Genvariante APOA2 gesättigte Fettsäuren beispielsweise aus Butter besser aufnehmen als ungesättigte Fette aus Pflanzenölen. Die Folge: Fettdepots füllen sich schneller auf. Bei der ketogenen Ernährung werden in der Leber drei Arten von Ketonkörpern gebildet. Zwei werden über die Nieren ausgeschieden. Ärzte warnen vor Nebeneffekten wie Nierensteinen und erhöhtem Cholesterin. Aceton wird über die Lunge abgeatmet und verursacht Mundgeruch. Und schon bei der geringsten Abweichung von der Keto-Diät, funktioniert die Ketogenese nicht mehr. Die Fettreserven füllen sich wieder.
Intervallfasten liegt im Trend. Aber hat Fasten eine gesundheitsfördernde Wirkung? Am Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns wird erforscht, wie sich Nahrungsreduktion auf Mäuse auswirkt. Bei einer Gruppe ist der Nahrungstopf immer gefüllt, die anderen Mäuse erhalten ihre Nahrung nur einmal täglich und 40 Prozent weniger als ihre Artgenossen. Das Ergebnis: Die Diätmäuse wogen nur etwa halb so viel, hatten aber eine um etwa 30 Prozent höhere Lebenserwartung und wurden seltener krank. Und nicht nur das: Tests zeigen, dass weniger Nahrung nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit hält. Mäuse profitieren also vom Nahrungsentzug. Aber gilt das auch für den Menschen? Auf der japanischen Insel Okinawa leben überdurchschnittlich viele Hundertjährige, die auch noch bis ins hohe Alter fit sind. Doch was ist ihr Geheimnis? Forscher vermuten, dass die Ernährung eine Rolle spielt, besonders die Menge. Die Alten schlagen sich den Bauch nur zu 80 Prozent voll. Der Effekt: Die Energie aus der Nahrung ist schneller verbrannt. Dann schalten die Zellen auf eine andere Art der Energiegewinnung um. Sie bauen falsch gefaltete Proteine und geschädigte Zellteile ab und verwenden sie wieder. Autophagie nennen Wissenschaftler diesen Vorgang, bei dem sich die Zelle „aufräumt“ und so gesund hält. Erste wissenschaftliche Studien über das Intervallfasten deuten darauf hin, dass diese Methode ähnlich gut beim Abnehmen hilft wie strenge Diäten. Weniger ist offenbar mehr. Immer dann, wenn der Körper nur ganz wenig Nahrung verwerten muss, findet er Zeit für sich selbst.
Der moderne Hang zur Selbstoptimierung ist beim Essen sehr deutlich zu spüren, meint Professor Harald Lesch.
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