Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat sich in der Medizin als wichtiges Verfahren etabliert, um Erkrankungen anhand charakteristischer Veränderungen im Körper frühzeitig zu erkennen. Bei der Diagnose neurologischer Erkrankungen und bei der Verlaufskontrolle von Krebstherapien hat diese Technik noch viel Potenzial. Wie lässt es sich ausschöpfen?
Die Antwort gaben Christina Triantafyllou, PH.D., Prof. Dr. med. Arnd Dörfler und Prof. Dr. sc. techn. Mark E. Ladd. Dazu haben die drei Nominierten die Stärke des Magnetfelds für die MRT deutlich erhöht – und dadurch neue und detailliertere Einblicke in den menschlichen Körper ermöglicht. Durch innovative Ansätze gelang es ihnen, die Technik der Ultra-Hochfeld-MRT nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern nun auch für den Einsatz in Kliniken zugänglich zu machen.
Christina Triantafyllou leitet den Bereich Globale Ultra-Hochfeld-Lösungen bei der Siemens Healthineers AG in Erlangen, Arnd Dörfler leitet die Abteilung Neuroradiologie am Universitätsklinikum Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mark E. Ladd ist Leiter der Abteilung Medizinische Physik in der Radiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg.
Jedes Jahr werden in Deutschland mehrere Millionen Magnetresonanztomographie-Untersuchungen gemacht. Der Erfolg des magnetischen Bildgebungsverfahrens basiert auf mehreren Vorteilen: So ist die MRT, anders als die Computertomographie, welche Röntgenstrahlung verwendet, gesundheitlich unbedenklich. Zugleich liefert sie detaillierte und kontrastreiche Aufnahmen von Weichteilgewebe wie das zentrale Nervensystem, Muskeln, Bändern, Blutgefäßen und inneren Organen – als zweidimensionale Schnittbilder oder in 3D.
Das ermöglicht es Ärzten, viele Krankheiten schon in einer frühen Phase zu erkennen und zu behandeln. Allerdings: Im Frühstadium entzündlicher oder degenerativer Erkrankungen des Zentralen Nervensystems wie Demenz, Epilepsie und Multipler Sklerose (MS) genügt die Auflösung herkömmlicher MRT-Systeme nicht, um die feinen krankhaften Veränderungen festzustellen. Bei der Verlaufskontrolle bei Krebspatienten dauert es noch lange, bis damit der Erfolg oder Misserfolg einer Tumortherapie erkennbar ist.
Der Schlüssel zur Lösung liegt in der Stärke des Magnetfelds. Das dient bei der MRT dazu, Wasserstoff-Atomkerne (Protonen) so zu präparieren, dass sie sich mit Hochfrequenz-Pulsen anregen lassen. Die dabei gemessenen Signale liefern Informationen über die Umgebung der Protonen im Gewebe. Je stärker das angelegte Magnetfeld, desto mehr Details verraten sie. Klinische MRT-Systeme nutzen bisher eine magnetische Feldstärke von höchstens 3 Tesla – das ist mehr als 50.000 Mal so stark wie das Erdmagnetfeld. Geräte mit 7 Tesla, die eine deutlich bessere Auflösung erzielen und präzisere Bilder liefern, sind seit gut 15 Jahren im Einsatz – allerdings nur in Labors der Grundlagenforschung. Denn die aufwendige Technik und die riesigen supraleitenden Magnete machen die Geräte groß, schwer und kompliziert.
Die drei Nominierten mit ihren Teams haben die Technik nun auch für die klinische Nutzung fit gemacht. Es gelang ihnen unter anderem, durch neuartige innovative Ansätze, Gewicht und Größe von Ultra-Hochfeld-MRT-Geräten deutlich zu verringern, so lassen sich diese nun auch erstmals per Flugzeug transportieren. Die Technik lässt sich an den meisten Krankenhäusern in die bestehende Infrastruktur integrieren und vom Klinikpersonal leicht bedienen. Erstmals sind nun mit der MRT auch klinische Messungen an Natrium- statt Wasserstoff-Kernen möglich. Das ermöglicht einen Einblick in metabolische Prozesse: Stoffwechselvorgänge im Körper lassen sich direkt beobachten – wodurch Veränderungen im Körpergewebe, sei es krankhaft oder als Reaktion auf eine Therapie, bereits erkennbar werden, bevor es zu einer Veränderung der Struktur kommt.
Siemens Healthineers hat auf der Basis dieser Innovationen ein Ultra-Hochfeld-MRT-Gerät für Krankenhäuser entwickelt. Das „Magnetom Terra“ hat als bisher einziges Gerät seit 2017 eine Zulassung für den klinischen Einsatz in den USA und der EU. Seit 2018 ist auch die Natrium-Bildgebung von Stoffwechselvorgängen klinisch zugelassen. Als erste Klinik erhielt das Universitätsklinikum Erlangen ein solches System. Inzwischen arbeiten weitere Krankenhäuser damit. Welchen medizinischen Fortschritt die Ultra-Hochfeld-MRT bringt, belegen Forschungsergebnisse an Laborgeräten: So ließen sich Multiple-Sklerose-Läsionen – Schädigungen der Hirnsubstanz – bereits in der Frühphase der Erkrankung diagnostizieren – Ansatzpunkte für eine wirkungsvolle Therapie. Bei Epilepsie-Patienten gelang es, zuvor unerkannte Epilepsieherde zu entdecken – Das schafft die Grundlage für eine chirurgische Behandlung. Mit dem neuen MRT-Gerät lassen sich Strukturen im Gehirn, die kleiner sind als ein Kubikmillimeter, erkennen. Künftig könnten dadurch auch bei Demenzerkrankungen früher als bisher Veränderungen festgestellt werden. Eine früh ansetzende Therapie könnte den geistigen Verfall vielleicht bremsen oder gar aufhalten.
Die klinische Ultra-Hochfeld-MRT bietet also nicht zuletzt mit Blick auf den demographischen Wandel mit immer mehr alten Menschen, vielversprechende Perspektiven. Heute noch großenteils rätselhafte Krankheiten werden sich besser verstehen lassen, Möglichkeiten zur Behandlung vieler Erkrankungen lassen sich durch frühere Diagnosen effektiver nutzen. Verschiedene Arten von Tumoren werden leichter unterscheidbar sein, was bei der Wahl der richtigen Therapie hilft. Und die Wirksamkeit von Medikamenten wird in Zukunft vielleicht „live“ beobachtbar und überprüfbar sein.