Richard David Precht im Gespräch mit Erica Benner
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Precht - Wer regiert in der Demokratie?

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Die liberale Demokratie wirkt angeschlagen. Wie zukunftsfähig ist unser Politik- und Gesellschaftsmodell noch? Darüber diskutiert Richard David Precht mit der britischen Philosophin Erica Benner.

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Die liberale Demokratie wirkt angeschlagen. Wie zukunftsfähig ist unser Politik- und Gesellschaftsmodell noch? Darüber diskutiert Richard David Precht mit der britischen Philosophin Erica Benner.

Drohen auch bei uns Entwicklungen wie in den Vereinigten Staaten, wo Präsident Trump damit begonnen hat, die Demokratie auszuhöhlen? Stehen die Deutschen auch dann noch zu unserer liberalen Demokratie, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtern?

Kein Blick für die Belange der Bürger

Die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Politik sei offensichtlich, attestiert Erica Benner, britische Philosophin an der Hertie School in Berlin. Eine wachsende Zahl an Wählern hat das Gefühl, die regierenden Eliten hätten hauptsächlich ihre eigene Karriere im Blick, nicht aber die immer dringlicher werdenden Belange der Bürger. Sie konkurrieren weniger um gerechte und hilfreiche Lösungen, sondern vielmehr gegeneinander.
Andere wiederum sind tief besorgt, fürchten nicht ohne Grund die Vereinnahmung unserer demokratischen Institutionen durch Rechtsradikale. Widersprüchlich, so Precht sei auch die hohe Prozentzahl jener, die sich gerne mehr Mitsprache in der Politik wünschen, im Gegensatz zur der sehr geringen Anzahl jener, die sich tatsächlich politisch engagieren.

Gefühl von Kontrollverlust

Besonders junge Menschen sehen ihre politische Einflussmöglichkeiten eingeschränkt. Sie artikulieren sich lieber in den sozialen Medien und ihren Meinungsblasen. Die Teilhabe der Menschen werde nicht mehr gerecht ausgehandelt. Ein Gefühl von Kontrollverlust breite sich aus.
Wir befinden uns in einer Krise, die durch mangelnde Aufmerksamkeit für die sozio-ökonomischen Bedingungen der Menschen entstanden ist. Die aber brauche es, so Benner, um die Demokratie bei guter Gesundheit zu halten. Demokratien sind Ordnungen in denen die Macht unter Menschen aufgeteilt wird – auch unter jenen, die anders sind als man selbst. Man müsse beiden Sichtweisen Zeit geben und bereit sein, bei den eigenen Interessen Abstriche zu machen. Einerseits, so Precht, seien die Ansprüche der Menschen an den Staat massiv gestiegen, andererseits seien die Handlungsspielräume von Regierungen deutlich gesunken.

Entscheidende Bedrohung für die Demokratie

Tiefgreifende Änderungen lassen sich oft nicht mehr allein auf nationaler Ebene durchführen, außerdem habe die Politik zunehmend Angst vor der medialen Erregung. Die entscheidende Bedrohung für die Demokratie ist die wirtschaftliche Ungleichheit, betont Erica Benner. Wenn diese einen bestimmten Grad überschreite, sei dies die größte Gefahr.
Rasch befalle die Menschen dann Ohnmacht und Wut, wenn sie das Gefühl beschleicht, in ihrer Mitbestimmung eingeschränkt zu werden. Fühlt man sich machtlos, dann wird es sehr verlockend, jemanden zu wählen, der verspricht, sich mit aller Macht für tiefgreifende Änderungen stark zu machen. Von der Antike bis zur Gegenwart sei dies ein immer wiederkehrendes Muster.

Biografisches: Erica Benner

Erica Benner, geboren 1962 in Tokyo, wuchs in Japan und Großbritannien auf. Sie ist Dr. phil für politische Philosophie und lehrt an der Hertie School in Berlin. Zuvor war sie an der Universität Warschau tätig, am St. Antony’s College in Oxford sowie an der School of Economics in London und der Yale University in Connecticut.
Benner schrieb Bücher über den italienischen Gelehrten Niccolò Machiavelli (Machiavelli's Prince: A New Reading, 2016) und über Nationalismus (Really Existing Nationalisms: A Post-Communist View from Marx and Engels, 2018). 2024 erschien ihr aktuelles Buch „Ist das noch Demokratie oder kann das weg? - Gedanken zu der besten Staatsform, die wir kennen“ (Kein&Aber, 2024). Darin beschäftigt sie sich mit der Geschichte der Demokratie, ihrer Gefährdung in der Gegenwart und rät zum dringenden Schutz der demokratischen Idee vor der Vereinnahmung durch Rechtspopulismus und Autokratie.