Vielleicht funktioniert die Welt ja auch, ohne ständig immer mehr zu wollen. Wachstumskritiker sehen durchaus Wege, um Wirtschaft, Umwelt und Wohlergehen in Einklang zu bringen. Doch sind diese Konzepte realistisch?
Ist Wachstumsverzicht gefährlich?
Die Spitzenköche Aaron und Marianus haben sich bereits gegen "Immer-mehr" entschieden: Sieben Tage in der Woche schuften und viel Geld verdienen ist gut für die Volkswirtschaft, aber nicht für die eigene Gesundheit. Ihr Restaurant hat deshalb am Wochenende geschlossen. Mehr Freizeit, weniger Stress. Aber eben auch: weniger Umsatz und Einkommen. Für die zwei Hamburger ist das machbar.
Bäckermeister mit Siebentagewoche
Die Realität von Bäckermeister Jürgen Hellmuth sieht anders aus: Er arbeitet viel, sehr viel. Oft sieben Tage die Woche. Das muss er tun, um dem Preis- und Konkurrenzdruck standzuhalten. "An eine Vier- oder Fünftagewoche wäre hier nicht zu denken", sagt er.
Das Unternehmen Otto Fuchs produziert Spezialmetallteile für Unternehmen in der Automobil- und Flugbranche. Hier versucht man weiter zu wachsen und gleichzeitig klimagerecht zu produzieren: Grünes Wachstum.
Aber das ist keine einfache Aufgabe, denn die Regierung musste nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr den Haushalt neu aufstellen. Vielen Unternehmen wurde die Förderung für den grünen Umbau gestrichen.
Ist "Grünes Wachstum“ möglich?
Energiewende und Klimaschutz in Deutschland kosteten viel Geld. Und dafür braucht es eine prosperierende Wirtschaft, sagt der Journalist Morten Freidel.
Ulrike Herrmann ist hingegen skeptisch: Grünes Wachstum sei nicht möglich. Der Umbau der Wirtschaft verschlinge enorme Mengen an sauberer Energie. So viele Windräder könne Deutschland gar nicht aufstellen, findet die Autorin des Buchs "Das Ende des Kapitalismus". Man werde sich beschränken müssen. "Degrowth" - schrumpfen -, um den Planeten zu retten. Das ist ihr Konzept gegen die Klimakrise.
Lässt sich unser Lebensstandard halten?
Wie misst man Wohlstand eigentlich? Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gilt traditionell als Gradmesser für Wachstum und Wohlstand der Industrienationen. Je höher, desto besser. In Island wurde allerdings nach der Finanzkrise von 2008 eine Alternative zum klassischen BIP eingeführt: "Wellbeing Economy" heißt das – die Ökonomie des Wohlergehens.
Gemessen wird nicht nur das, was ein Preisschild hat, sondern auch Wohlfahrt und Lebensqualität, also zum Beispiel der Zugang zu Wohnraum und Grünflächen sowie die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Aber auch negative Positionen wie Umweltzerstörung und Ressourcenverbrauch werden berücksichtigt. Die Professorin für Sustainability Science an der University of Iceland, Kristín Vala Ragnarsdóttir, setzt sich genau dafür ein.