Seit November läuft in Deutschland die erste Musterfeststellungsklage: Die Verbraucherzentralen und der ADAC haben Klage gegen VW eingereicht. Kund*innen, die vom VW-Abgasskandal betroffen sind, können teilnehmen. 138.000 Betroffene haben sich schon angemeldet – wenn auch Sie dabei sein wollen, müssen Sie aktiv werden. Und zwar bald!
VW-Kund*innen, die vom Abgasskandal betroffen sind, müssen seit November nicht mehr allein gegen den Konzern vorgehen: Sie können sich der Musterfeststellungsklage (MUFK) anschließen, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) und der ADAC zusammen eingereicht haben. Doch wie geht man vor, wenn man an der Klage teilnehmen möchte, was gibt es zu beachten? Und für wen lohnt sich das neue Instrument wirklich?
Was gibt es zu beachten?
Zunächst sollten VW-Kund*innen überprüfen, ob sie vom Abgasskandal betroffen sind. Grundsätzlich gilt: Alle Kund*innen mit Euro-5-Dieselfahrzeugen mit dem Motor EA189 sind betroffen, egal ob es sich um einen Audi, einen VW, einen Seat oder einen Skoda handelt. Alle Betroffenen haben ein Rückrufschreiben ihres Autoherstellers bekommen, das auf den Motor und ein nötiges, verpflichtendes Software-Update hinweist. Wer unsicher ist, sollte beim VZBV den Klagecheck machen. Oder aber: auf der Seite des Autoherstellers:
Mit der FIN-Kennung (17-stellige ID im Fahrzeugschein) überprüfen, ob das Fahrzeug betroffen ist.
Die Teilnahme an der MUFK läuft so
Die Betroffenen melden sich beim Bundesamt für Justiz an, am besten gleich über das Online-Formular der Behörde zur VW-Klage. Wer Probleme beim Ausfüllen hat, findet beim VZBV eine sehr gute Ausfüllhilfe.
Um alle nötigen Angaben zu machen, sollten Fahrzeugschein, Kaufvertrag und am besten auch das Rückrufschreiben parat liegen. Das Onlineformular enthält einen Button „Per E-Mail versenden“, durch den das Formular automatisch im Mailprogramm angehängt wird und verschickt werden kann. Es kann aber auch lokal gespeichert werden und dann an klageregister_2018_2@bfj.bund.de geschickt werden.
Bundesamt schickt Bestätigung
Danach heißt es: Warten. Das Bundesamt schickt nach einiger Zeit eine Bestätigung, da sich momentan so viele Personen anmelden, gibt es hier leichte Verzögerungen. Aber: Ab dem Tag, an dem man die Mail an das Bundesamt geschickt hat, gilt man (bei korrekten Angaben und Betroffenheit) als angemeldet – egal wann das Schreiben bearbeitet wird. Das ist wichtig, damit die Ansprüche nicht als verspätet abgewiesen werden können.
Grundsätzlich können Betroffene sich bis einen Tag vor der ersten mündlichen Verhandlung der MUFK anmelden. Dieses Datum steht noch nicht fest, es wird vermutlich Anfang 2019 sein. Doch Vorsicht: Verbraucherschützer raten, sich noch im Jahr 2018 anzumelden. Für Individualansprüche gegen VW im Abgasskandal endet die Verjährungsfrist nämlich am 31.12.2018.
Sebastian Reiling, Referent für Musterfeststellungsklagen beim VZBV, erklärt: „Laut dem Gesetz sollen Ansprüche nicht verjähren, sofern die Musterfeststellungsklage rechtzeitig vor Ende einer Verjährungsfrist erhoben wurde – und das ist in diesem Fall gegeben. Aber das ist ein neues Gesetz, wir haben keinerlei Erfahrungswerte, wie es ausgelegt und angewandt wird – deshalb empfehlen wir Betroffenen, sich zur Sicherheit noch dieses Jahr anzumelden.“
Entschädigung von VW
Wenn die MUFK den Prozess durchläuft und erfolgreich sein sollte, bekommen angemeldete Personen noch nicht automatisch Geld. Betroffene müssen sich danach außergerichtlich oder vor Gericht mit dem VW-Konzern auf eine konkrete Entschädigung einigen. Es stünde allerdings fest, dass VW eine Entschädigung zahlen muss.
Doch lohnt sich die Teilnahme an der MUFK für alle betroffenen Kund*innen? „Wenn ein Betroffener eine Rechtschutzversicherung hat, die den Fall einer Klage gegen VW auch abdeckt, dann kann es sinnvoll sein, einzeln zu klagen“, sagt Sebastian Reiling vom VZBV. Denn: Über eine einzelne Klage kann ein*e VW-Kund*in deutlich schneller zum Ziel – etwa zu einer Entschädigung – kommen als mit der MUFK.
Lange Verfahrensdauer
Wegen der herausragenden Bedeutung der MUFK gegen VW, der sich schon weit über 100.000 Betroffene angeschlossen haben, wird mit einer langen Verfahrensdauer gerechnet: Zwei bis fünf Jahre könnten zusammenkommen – je nach dem, ob VW im Falle einer Niederlage in der ersten Instanz in Berufung geht.
Parallel klagen?
Achtung: Man kann nicht beides tun, also parallel einzeln klagen und an der MUFK teilnehmen. Wenn jemand schon vor der Anmeldung zur MUFK selbst geklagt hat, dann kann er durchaus der MUFK beitreten. Doch das individuelle Verfahren wird dann ausgesetzt. Das Urteil der MUFK ist für die Person dann bindend. Man kann also nicht nachträglich noch einmal individuell im selben Sachverhalt klagen. Auch deshalb lastet auf den Verbraucherschutzverbänden eine große Verantwortung, die Klage so gut wie möglich durchzufechten.
Antworten zu allen Fragen und wichtige Links kompakt zusammengestellt finden sich hier: musterfeststellungsklagen.de.