Oft wird vergessen, dass Kinder nicht nur Lärm verursachen, sondern oft selbst unter einem zu hohen Geräuschpegel leiden. In jungen Jahren hat das zwar selten konkrete Auswirkungen auf ihre Hörfähigkeit, aber schon in diesem Alter wird der Grundstein für eine spätere Innenohrschwerhörigkeit gelegt.
Risiken im Kinderzimmer
Kinderpistolen, Knackfrösche, Spielzeugtrompeten oder Trillerpfeifen entwickeln extreme Lautstärken, die oftmals gar nicht empfunden werden: gerade Spielzeugpistolen geben, ähnlich wie explodierende Feuerwerkskörper, impulsartige Geräusche ab. Diese sind sehr kurz und können deshalb gar nicht in ihrer vollen Lautstärke erfasst werden. Allerdings bedeutet dies nicht, dass ihre Wirkung deshalb weniger schädlich ist. Im Extremfall kann schon ein lauter Knall zu einer dauerhaften Innenohrschwerhörigkeit führen.
Lärmquelle Nummer eins im Kinderohr sind jedoch immer noch Kopfhörer, verbunden mit elektronischen Geräten: Smartphone, Tablet, Spielkonsole. Gestresste Eltern sind meist froh, wenn der Nachwuchs die Earplugs benutzt, aber oft wird vergessen, den Lärmpegel zu kontrollieren. Dabei haben die meisten modernen Geräte inzwischen eine Schutzgrenze bei 85 Dezibel. Die kann jedoch manuell ausgehebelt werden, was viele Kinder und Jugendliche auch tun. Laut Experten sind bereits ein Viertel der jungen Erwachsenen aufgrund ihrer Musikhörgewohnheiten irreversibel geschädigt.
Umweltlärm, Schule und Kita
Lärm wirkt sich nicht nur auf das Hören aus. Umweltlärm, zum Beispiel durch Autoverkehr, Flugzeuge, Bauarbeiten, wirkt sich weniger auf die Ohren aus, er kann vielmehr den gesamten Organismus belasten. Besonders in Großstädten herrscht eine dauerhafte Geräuschkulisse, der man sich nur schwer entziehen kann. Solche störenden Geräusche, denen man sich kaum entziehen kann. Dasselbe gilt für Schule und Kindergarten: in Räumen, in denen viele Kinder zusammenkommen, steigt der Lärmpegel automatisch. Gerade diese Gebäude wurden früher ohne Rücksicht auf akustische Erfordernisse erbaut. Wenige Schulen liegen in verkehrsberuhigten Vierteln; der Straßenlärm kann zu einer ständigen, schädlichen Geräuschkulisse werden, ebenso der Hall in Treppenaufgängen und Pausenhöfen. Häufig ist schon in einer leeren Klasse der für geistige Arbeiten zulässige Grenzwert überschritten.
Kinder, die besonders lärmempfindlich sind, können ihr eigenes Geschrei besser ertragen als fremden Lärm und versuchen, Störungen durch eigenes Getöse oder Schreien zu übertönen. Für Lernsituationen ist ein Pegel um die 40 Dezibel angebracht. Zur Kontrolle können Pädagogen, aber auch Eltern zuhause eine Lärmampel benutzen. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen im Handel zu kaufen. Die Ampel gibt Alarm, wenn ein zuvor eingestellter Pegelwert überschritten wird.
Die Folgen
Lärm kann Kinder belasten und krank machen. Laut der Kinder-Umwelt-Survey (KUS), die bereits zwischen 2003 und 2006 vom Umweltbundesamt durchgeführt wurde, haben 12,8 Prozent der Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren auf mindestens einem Ohr und bei mindestens einem Ton einen Hörverlust von mehr als 20 Dezibel (dB). Dies gilt für mittlere und hohe Töne, dem Frequenzbereich, in dem sich lärmbedingte Gehörschäden vornehmlich niederschlagen. Der Hörverlust ist zwar minimal, aber ein Warnzeichen. Doch Lärm wirkt sich nicht nur auf das Hören aus. Insbesondere Umweltlärm, zum Beispiel Verkehrslärm an einer stark befahrenen Straße, kann den gesamten Organismus belasten: neben Ohrgeräuschen und Hörstürzen zeigen betroffene Kinder auch körperlichen Stressreaktionen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten.
Tückisch an den Hörschädigungen ist, dass sie meist langsam und lange unbemerkt verlaufen. Häufig treten die Auswirkungen erst in einer späteren Lebensphase zum Vorschein, wenn sie nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Eltern, die sich Sorgen um das Hörvermögen ihres Kindes machen oder gar eine Beeinträchtigung festzustellen glauben, sollten auf jeden Fall rechtzeitig einen Kinder- oder Jugendarzt zur Beratung aufsuchen.