Man hat sich wirklich gefürchtet. Man – das ist eine gefühlte Mehrheit in Europa und etwa die Hälfte der Amerikaner. Gewählt und entschieden haben aber die anderen, die Trump wohl nicht trotz seines Wirtschaftsprogramms, soweit das erkennbar ist, sondern gerade auch deswegen ins US-Präsidentenamt befördert haben.
In der Tat hatte Donald Trump auch Professoren und Wall-Street-Größen in seinem Stab, obwohl er die Börse nicht mag, die er ein Zockerhaus nennt. Aber das ist nur der geringste der Widersprüche, mit denen die Welt wird leben müssen. Teile seiner wirtschaftspolitischen Vorstellungen könnten direkt aus dem Programm einer linksorientierten Partei abgeschrieben sein: Der Protektionismus, die staatsfinanzierte und schuldenbasierte Belebung der heimischen Wirtschaft, etwa.
Befürchtungen überwiegen
Geht es ums Ökonomische, kommen Befürchtungen in der Tat vor allem aus den Reihen liberaler Denker: „Er muss noch erkennen, dass Freihandel und nicht Abschottung den Interessen der Nationen dient, und das diesseits und jenseits des Atlantik“, sagt etwa Professor Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. In der Tat bestehen die Vorstellungen Trumps in vielerlei Hinsicht aus „Black Boxes“: Nach seiner Wahl betonte er auffällig, ein geradezu geniales Programm zum wirtschaftlichen Aufschwung zu haben, er werde die Wachstumsrate der USA verdoppeln. Das dürfte interessant werden – denn seine bisherigen Einlassungen deuten eher darauf hin, dass Amerika in eine Rezession steuert.
Man nehme nur einmal die Vorhaben zu illegalen Einwanderern und den Plan, eine tausende Kilometer lange Mauer zu Mexiko zu errichten: Da empfehlen sich die Aktien von Zementherstellern, und das war es dann aber auch. Die mexikanischen Gastarbeiter, ob geduldet oder nicht, tragen zum Wachstum in den Südstaaten bei, indem sie sich als Hausangestellte, Kindermädchen oder Gärtner verdingen. Ohne Haushaltshilfe müsste manche Mutter oder mancher Vater auf seinen Job verzichten, um die Kinder zu hüten. Ohne das Geld der Auswanderer, das zurück nach Mexiko fließt, könnte dort so mancher sich keine amerikanischen Produkte mehr leisten – das schlüge auf den Export.
Bumerang Mexiko
Und das Ende des Freihandelsabkommens Nafta (mit Mexiko und Kanada) würde für viele Produzenten in Mexiko, die für den US-Markt arbeiten, eine Krise auslösen. Da wären dann zum Beispiel auch deutsche Autohersteller betroffen, die ihre Fahrzeuge nicht mehr zollfrei nach Texas oder Arizona liefern könnten. Schon daran wird deutlich, dass die Fragen manchmal komplizierter sind als man bei einer Wahlkampftour so meint.
Trump will wieder Jobs für einheimische Industrien schaffen – viele Branchen aber sind auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig – das merken europäische Unternehmen ganz genauso. Während in Europa Bildung, neue Technologie und Dienstleistung gefördert wird, um dies auszugleichen, möchte der gewählte Präsident etwa Kohle und Stahl wiederbeleben – notfalls durch Importzölle. Wenn diese Industrien aber Geld verdienen sollen, werden ihre Produkte so teuer sein müssen, dass der Durchschnittsamerikaner auf sie verzichten wird.
Der Staat soll’s richten – ausgerechnet
Keine Lösung also. Ausgleichen möchte Trump viele Jobverluste durch staatliche Ausgabenprogramme, etwa fürs Militär. Das könnte ihn die frisch erwachte Zuneigung des russischen Machthabers Putin kosten, mehr noch aber das Vertrauen der Finanzmärkte. Umfassende Schuldenpolitik braucht er nämlich dazu, was die Zinsen in die Höhe treiben wird, Inflation anheizt und den Dollarkurs schwächen dürfte.
Der größte Gläubiger (nach der eigenen Notenbank Fed) ist aber ausgerechnet China – das asiatische Riesenreich wird nicht untätig zusehen, wie seine Ansprüche verwässert werden. Angesichts der Billionen Dollar-Reserven hat Peking eine außerordentliche Macht angehäuft. Anhand der Widersprüche und Ungereimtheiten könnte Trumps wichtigster Gegner zum Schlag ausholen: Der hört auf den Namen „Realität“.