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Smartphone-Eltern: Wenn das Handy wichtiger ist als das Kind

Handysüchtig

Erst der Blick aufs Handy, dann zum Kind: Eltern, die so mit ihrem Nachwuchs kommunizieren, verstärken Frust und Aggression. Diesen Zusammenhang belegen auch neue Studien.

Datum:
10.09.2018
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Das Smartphone vibriert, während man mit seinem Kind spielt. Nur ein kurzer Blick auf das Display, nichts Wichtiges. Trotzdem endet man irgendwie bei Facebook oder Instagram. Zehn Minuten später legt man das Handy zur Seite. Doch das Kind beschäftigt sich schon selbst. Wenn die Mutter oder der Vater immer wieder den Kontakt abbrechen und lieber auf ihr Handy schauen, ist dies eine Missachtung der Position des Kindes, die der Entwicklung und dem Selbstwertgefühl des Kindes nicht guttut.

„Die Kinder laufen irgendwo herum, die Eltern sind abgelenkt, die Führung fehlt. Dadurch wird die Entwicklung der Kinder beeinträchtigt. Die Fähigkeit zur Selbstregulation geht nur über Resonanz – das ist ein Entwicklungsprozess, der wird durch ständig daddelnde Eltern behindert oder verzögert“, sagt der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Dietmar Langer. Resonanz, unmittelbarerer Kontakt zu den Eltern, deren Präsenz, Zugehörigkeit und Orientierung gehören zu den Grundbedürfnissen von Kindern. Wenn Eltern ständig am Smartphone sind, besteht kein unmittelbarer Kontakt. Somit ist dieses Grundbedürfnis nicht erfüllt. Ganz davon abgesehen steigt laut Dietmar Langer auch das Unfallrisiko: „Ich sehe ständig Eltern, die beim Kinderwagenschieben auf ihr Handy gucken und nicht darauf achten, ob ein Auto aus der Einfahrt fährt.“

Folgen für Kinder

Eltern, die viel Zeit mit digitalen Medien oder vor dem Fernseher verbringen, statt sich mit dem Nachwuchs zu beschäftigen, können Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder verursachen. Sie quengeln, jammern oder werden hyperaktiv. Das Kind ist frustriert und fordert deshalb mehr Aufmerksamkeit durch auffälliges Verhalten. Des Weiteren ist die Sprachentwicklung häufig gestört. Als Jugendliche sind sie nicht mehr in der Lage vernünftig zu kommunizieren. Viele benutzen das Smartphone als Hauptkommunikationsmittel und beteiligen sich nicht mehr an direkter Kommunikation, auch nicht den Eltern gegenüber. Jugendliche ziehen sich oft zurück und Eltern verlieren deshalb den Draht und den Einfluss.

Junge am Smartphone
Der Handykonsum der Eltern hat Folgen für deren Kinder.
Quelle: Imago/PhotoAlto

Der Handykonsum der Eltern kann auch langfristige Folgen haben: Gegenseitige Abschottung. Häufig entsteht ein negativer Kreislauf – denn viele Eltern reagieren auf auffällige und als anstrengend empfundene Kinder mit noch mehr Medienkonsum. Laut des Psychologen Dietmar Langer sollte man sich immer die Frage stellen: Was möchte ich meinem Kind fürs Leben beibringen? „Eltern sind Vorbilder und das muss man sich immer bewusst machen.“

Handykonsum der Eltern ist für Kinder schädlich

Der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Dietmar Langer hat sich mit vielen unterschiedlichen Studien auseinandergesetzt. Viele davon basieren auf Fragebögen, die die Eltern und auch Kinder über einen längeren Zeitraum, mehrere Jahre, ausfüllen. Sie sollten angeben, wie oft sie verschiedene Mediengeräte nutzen und dafür die Kommunikation mit ihren Kindern unterbrechen. Außerdem sollten sie Verhaltensweisen ihrer Kinder notieren, etwa wenn sie schmollen oder sich zurückziehen oder sich frustriert und aggressiv zeigen. Auch ihre eigenen Gefühle und Reaktionen gaben die befragten Eltern zu Protokoll. Außerdem wurde das Medienverhalten der Kinder festgehalten. Das Ergebnis: In fast allen Fällen kam es pro Tag mindestens einmal dazu, dass digitale Geräte den Eltern-Kind-Austausch unterbrachen. Sowohl Mütter wie Väter gaben an, dass mit der Menge dieser Unterbrechungen auch Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und elterliche Stressgefühle zunahmen.

Durch die Handysucht der Eltern kann es bei Kindern zu suchtähnlicher Gewohnheitsbildung im Umgang mit Medien kommen. Wenn bei der kleinsten Unruhe oder Langeweile, der Griff zum Handy ein Muss ist, dann zeigt das einen Abhängigkeitscharakter. In der Pubertät ist es allerdings normal, dass sich das Kind ab und zu zurückzieht, um PC zu spielen.

Gefährdete Eltern und Lösungen für Smartphone-Eltern

Eltern, die Schwierigkeiten mit der Selbstregulation haben oder mit dem familiären Sozialleben unzufrieden sind, lassen sich besonders leicht von der Digitaltechnologie verführen. Das sind auch Eltern, die früher mehr fernsehen durften, und die als Kinder wenig Beschränkung in ähnlichen Dingen hatten.

„Bei bestimmten Ritualen sollten Eltern sich das Smartphone verbieten. Vor allem beim gemeinsamen Essen, beim Spielen oder beim Zubettbringen des Nachwuchses ist es wichtig, auf die emotionalen Bedürfnisse der Kinder ohne Ablenkungen eingehen zu können“, sagt Dietmar Langer. „Das heißt, medienfreie Zeiten einführen. Die Eltern sollten auch auf medienfreie Zeiten bei sich selbst achten. Das Smartphone nicht als Einschlafhilfe oder Ersatz für etwas anderes benutzen. Und Helikopter-Eltern sollten nicht ständig ihren Kindern hinterher telefonieren.“

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