Tausende ältere Mietwohnungen sind nicht ordentlich gedämmt und die Schimmelgefahr ist dort erhöht. Berechtigt allein das den Mieter schon zur Kürzung der Miete? Der Bundesgerichtshof sagt: Nein. Mieter dürfen nicht einfach die Miete kürzen, nur weil in Wohnungen mit älterer Bausubstanz die Gefahr von Schimmelbildung droht – sich aber noch kein Schimmel gebildet hat.
Unterschiede bei Altbau und Neubau
Damit scheitern zwei Kläger, die den Zustand ihrer nicht gedämmten Wohnungen bemängelten, vor dem BGH. Fachanwältin Sibylle Voßbeck erklärt: „Die Mieter waren in Häuser der Baujahre 1968 und 1971 eingezogen und klagten wegen Gefahr von Schimmelbildung auf Mietminderung und in einem der beiden Fälle auch einen Kostenvorschuss von 12.000 Euro für die Anbringung einer Innendämmung. Doch die Wohnungen entsprachen den 1968 und 1971 geltenden Bauvorschriften und technischen Normen.“
Bei Neubauten sieht das anders aus. „Neubauten müssen den heutigen Wärmedämm- und Schallschutzvorschriften entsprechen. Ist dies nicht der Fall und es tritt aufgrund dessen ein Mangel auf, dann darf der Mieter die Miete mindern“, so Voßbeck. Ein Mangel liegt dann vor, wenn der Mieter die Wohnung nicht wie vertraglich vereinbart nutzen kann, sie also vom Sollzustand abweicht. Bei Feuchtigkeit oder Schimmel ist das definitiv der Fall, bestätigt Sibylle Voßbeck. Dabei sei es unerheblich, ob der Vermieter selbst oder ein Dritter für den Mangel verantwortlich ist.
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Vermieter informieren
Eine Mietminderung als Konsequenz zu Mietmängeln ist nach dem Gesetz immer ab dem Zeitpunkt zulässig, ab dem der Mangel auftritt. Dabei muss es sich um einen erheblichen Mangel und nicht um eine Kleinigkeit handeln. Liegt ein solcher Fall vor, sollte man als ersten Schritt den Vermieter informieren „Eine Mängelanzeige ist grundsätzlich formlos möglich, sie kann dem Vermieter also erstmal mündlich mitgeteilt werden“, sagt Sibylle Voßbeck, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Um im Falle einer Unstimmigkeit Beweise vorlegen zu können, sollte der Mangel in jedem Fall aber noch einmal schriftlich, per Einwurfeinschreiben, reklamiert werden.
Hierbei ist es wichtig, vom Vermieter nicht nur eine Beseitigung der Mängel zu fordern, sondern auch eine angemessene Frist zu setzen, in der die Instandsetzung stattzufinden hat. Wie lange diese Frist sein sollte, hängt vom Einzelfall ab. Der Vermieter sollte in jedem Fall darauf hingewiesen werden, dass die Miete bis zur Beseitigung des Mangels nur unter Vorbehalt bezahlt wird. Falls er den Mangel nicht innerhalb der veranschlagten Frist beseitigt, kann man die Miete mindern – auch rückwirkend. Hierfür muss der Vorbehalt im Vorfeld mit dem Vermieter ausgesprochen sein.
Individuelle Mietminderung
Ein Gesetz zur zulässigen Höhe der Mietminderung gibt es nicht. Sie richte sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung. Je nach Schaden kann der Mieter zwischen einem und hundert Prozent bei vollständiger Unbewohnbarkeit der Wohnung von der Bruttomiete kürzen. Die Mietervereine berufen sich daher auf Gerichtsurteile, die jedoch in der Vergangenheit recht unterschiedlich ausgefallen sind. Bei feuchten Wänden und Schimmel sei eine Minderung bis zu 60 Prozent möglich.
Kommt der Vermieter seiner Pflicht trotz Aufforderung und Mietminderung nicht nach, kann der Mieter zusätzlich noch von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen und einen Teil der Miete als Druckmittel einbehalten. Hierdurch soll der Vermieter zum Handeln motiviert werden, denn ihm entgeht nicht nur der geminderte Teil der Miete, sondern obendrein noch der zurückbehaltene Anteil. Wichtig: Sobald der Mangel behoben ist, muss der Einbehalt zurückbezahlt werden, nicht jedoch der geminderte Betrag der Miete. Der Mieter muss nicht befürchten, durch dieses Prozedere die Wohnung zu verlieren. „Eine Räumungsklage, die auf geminderte Mieten gestützt wird, wird bei vorhandenen und nachweisbaren Mängeln keinen Erfolg haben, weil der Mieter dann zu Recht die Miete gemindert hat“, begründet Voßbeck.