Knapp sieben Millionen Menschen in Deutschland waren im vergangenen Jahr überschuldet, vor allem die Fälle von hoher Überschuldung nehmen zu. Ein häufiger Grund für Überschuldung ist Arbeitslosigkeit – sowohl bei älteren als auch bei jüngeren Menschen. Bei Älteren spielen außerdem zu niedrige Renten eine Rolle. Bei Jüngeren liegt der Grund für eine Überschuldung häufig in Lebensereignissen oder Entwicklungen, die sie finanziell überfordern – etwa der eigene Haushalt, eine Trennung oder ein Kind.
Überblick verschaffen
Menschen, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, empfiehlt Schuldnerberater Markus Kühn sich zunächst einen genauen Überblick über ihre Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Dazu gehöre auch, alle eingehenden Rechnungen zu archivieren: „Das ist auch für uns hilfreich, wenn die Betroffenen in die Beratung kommen.“ Allerdings wisse er aus der Praxis, dass Schuldner Briefe oftmals schon gar nicht mehr öffnen, weil sie nicht wissen, wie sie die Gläubiger bezahlen können.
Der nächste Schritt einer Schuldnerberatung bestehe darin, sämtliche Ausgaben kritisch zu prüfen: „Kann ich das Auto verkaufen und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen? Wie sieht es aus mit der Finanzierung des teuren Smartphones? Kann ich Versicherungen eventuell kündigen?“ Und sparen könne man nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen: „Vielleicht verzichte ich lieber auf den teuren Coffee to go.“
Zunächst könne man versuchen, sich mit den Gläubigern auf eine schrittweise Tilgung der Schulden in Form von Ratenzahlungen zu einigen. Dabei solle man aber stets bedenken, dass die Schulden dadurch nicht geringer, sondern lediglich gestreckt werden. Und das habe nicht nur Vorteile: „Wenn sich in Zukunft meine Einkommensverhältnisse verschlechtern, ist das problematisch.“
Letzter Ausweg Verbraucherinsolvenz
Sind die Schulden aber so hoch, dass eine Tilgung aussichtslos erscheint, ist die Privat- beziehungsweise Verbraucherinsolvenz eine Option. Kühn: „Das ist die letzte Möglichkeit, wenn die Einigung außergerichtlich nicht funktioniert. Sie dient der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger in einem befristeten Zeitrahmen.“ Nach Ablauf dieser üblicherweise sechsjährigen Wohlverhaltensperiode, in der der Schuldner seinen Gläubigern so viel zurückgezahlt hat, wie es eben geht, werden ihm die restlichen Schulden erlassen. Deren Höhe spielt dabei keine Rolle.
Während dieser Phase bleibt dem Schuldner lediglich das Existenzminimum, also jener Teil des Einkommens, der pfändungsfrei ist. Für eine Einzelperson liegt dieser Betrag bei 1080 Euro. „Davon muss dann von Miete über Strom bis hin zu Lebensmitteln alles bezahlt werden – das ist nicht viel“, gibt Kühn zu bedenken. Jedoch könne eine Verbraucherinsolvenz sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger von Vorteil sein, sagt Kühn: „Da profitieren beide. Der Schuldner ist verpflichtet, den Gläubigern innerhalb einer bestimmten Zeit einen zumutbaren Teil zurückzuzahlen. Er muss alles tun, um die Schulden zu begleichen. Dafür muss er keine Angst haben, dass es zu einer Zwangsvollstreckung kommt.“