Das Wort Epilepsie leitet sich vom Griechischen ab und heißt so viel wie „plötzlich heftig ergriffen und überwältigt" zu werden. Wenn Medikamente Betroffene nicht vor Anfällen bewahren können, stellt eine Hirnoperation für Epileptiker eine weitere Behandlungschance dar. Laut Experten gibt es in Deutschland rund 20.000 Menschen, die von einem chirurgischen Eingriff profitieren würden. Jedoch nehmen nur verhältnismäßig wenige Patienten diese Therapieoption wahr. Viele Betroffene haben Angst davor, sich einen Teil der Gehirnmasse chirurgisch entfernen zu lassen.
Ursachen und Symptome
Bei einer Epilepsie entladen sich viele Nervenzellen in einem Gehirnbereich oder auch in mehreren Regionen gleichzeitig. Die Neigung dazu ist entweder angeboren oder im Laufe des Lebens beispielsweise durch eine Verletzung des Gehirns bei einem Unfall erworben. Grundsätzlich ist aber niemand vor einem epileptischen Anfall gefeit.
Je nachdem, welche Funktion die betroffenen Gehirnareale haben, können sich die Anfälle in Form von Bewusstseinsstörungen, abnormen motorischen Erscheinungen wie Muskelzuckungen oder auch in Sprech- und Sehstörungen äußern. Durch den Kontrollverlust ergeben sich bei epileptischen Anfällen zum Teil schwere Verletzungen. Auch die Persönlichkeitsstruktur kann sich (vorübergehend) verändern.
Diagnoseverfahren
Die Entscheidung darüber, ob eine Epilepsie vorliegt, stützt sich zunächst auf die Beschreibung des Anfallsereignisses. Nach der Erhebung der Vorgeschichte ist eine neurologische Untersuchung erforderlich. Dabei zählen die Hirnstrommessung (EEG) und die Kernspintomographie (MRT) zu den wichtigsten Untersuchungen. Bei der Hirnstrommessung werden Elektroden auf dem Kopf des Betroffenen befestigt. Aus den Messdaten der Elektroden kann mithilfe eines Computerprogramms herausgefunden werden, aus welchem Bereich des Gehirns die Anfälle resultieren. Im EEG können Veränderungen der elektrischen Gehirnaktivität, das Merkmal eines Anfalls, festgestellt werden. Bei schweren Epilepsie-Erscheinungen werden in speziellen Epilepsie-Zentren Langzeittests durchgeführt, bei denen der Betroffene ein bis zwei Wochen rund um die Uhr per Video überwacht wird.
Mit der Kernspintomographie des Kopfes (cMRT) lassen sich mit Hilfe magnetischer Wellen Veränderungen der Gehirnstruktur darstellen. Diese Veränderungen, auch Läsionen genannt, können ein Indiz für eine Epilepsie sein. Um den Anfallsherd ausfindig zu machen, ist es gelegentlich erforderlich, Ströme direkt im oder am Gehirn zu messen. Dazu muss die Schädeldecke geöffnet werden.
Therapiemöglichkeiten
Bei manchen leichteren Formen der Epilepsie reicht bereits das Vermeiden der auslösenden Faktoren wie beispielsweise Stress und Schlafmangel aus, um die Anfälle in den Griff zu bekommen. In vielen Fällen können antiepileptische Medikamente helfen, die Anfälle zu unterdrücken. Bei rund 20 Prozent aller Epilepsiekranken schlägt die Medikation jedoch nicht ausreichend an.
Reicht eine medikamentöse Therapie allein nicht aus oder beeinträchtigen die eingenommenen Arzneimittel stark die Lebensqualität des Patienten, kann in einigen Fällen eine Operation (Epilepsiechirurgie) eine Therapieoption sein. Von einigen Ärzten wird die Position vertreten, dass zunächst alle verfügbaren Medikamente zur Behandlung einer Epilepsie ausprobiert werden sollten, bevor ein chirurgischer Eingriff in Betracht kommt, auch wenn es Untersuchungen gibt, nach denen bereits nach dem Versagen des zweiten Medikaments die Möglichkeiten auf Anfallskontrolle bei nur drei Prozent liegen.
Operatives Verfahren
Ein operativer Eingriff kann nur erfolgen, wenn eine fokale Epilepsie besteht. Das ist dann gegeben, wenn die Anfälle durch einen einzigen Herd ausgelöst werden. Wichtige Voraussetzung für eine OP ist die exakte Lokalisierung dieses Anfallsherds. Nur so ist es möglich, die betreffende Stelle millimetergenau zu entfernen, ohne dass dabei wichtige Funktionen beeinträchtigt werden.
Bei multifokalen Epilepsien, die von mehreren Stellen im Gehirn ausgehen, sowie bei generalisierten Anfällen ohne nachweisbaren herdförmigen und somit eingrenzbaren Bereich, ist eine Operation in der Regel nicht durchführbar. Es gibt verschiedene Formen chirurgischer Eingriffe. Beim sogenannten resektiven Verfahren, wird die Hirnregion, in der die epileptischen Anfälle entstehen, komplett entfernt. Bei einer anderen Methode werden die Nervenstränge durchtrennt, um damit die einen epileptischen Anfall auslösenden Prozesse im Gehirn zu unterbrechen.
Chancen und Risiken
Eine Langzeitstudie ergab, dass rund zwei Drittel aller Operierten dauerhaft anfallsfrei geworden sind. Doch ein chirurgischer Eingriff ist gerade am Hirn nicht ohne Risiken. So können während der Operation Areale für wichtige Hirnfunktionen verletzt werden. Es drohen dann Einbußen in der Sprech- und Merkfähigkeit sowie Lähmungserscheinungen. Knapp einer von Tausend Operierten stirbt sogar in Folge einer Operation.
Auf der anderen Seite ergeben sich aus der Krankheit selbst lebensbedrohliche Risiken. Statistisch gesehen sterben rund vier von zehntausend Epileptikern bei einem Anfall. Bei anderen kommt es zu schweren Verletzungen. Zudem ist der psychologische Leidensdruck der Betroffenen nicht zu unterschätzen, da die Anfälle fast nie vorhersehbar sind.