Luftfahrtexperten prognostizieren, dass im kommenden Sommer das Chaos am Himmel noch größer wird als im letzten Jahr. Grund sind Flughäfen und Flugsicherung, die an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Pleiten der Airlines Germania und WOW verschlimmern die Situation zusätzlich, ebenso wie das Grounding der Boeing 737 MAX. Die Folgen für Passagiere: Flugausfälle und Verspätungen.
Rechte bei Verspätungen und Annullierungen
Laut EU-Fluggastrechte-Verordnung müssen Fluggesellschaften bei einer Abflugverspätung ab zwei Stunden auf der Kurzstrecke, drei Stunden auf der Mittelstrecke und vier Stunden auf der Langstrecke Betreuungsleistungen (zum Beispiel kostenfreie Getränke und Verpflegung, gegebenenfalls eine Hotelübernachtung) erbringen. Selbiges gilt bei einer Annullierung oder Überbuchung während der Wartezeit auf den Ersatzflug.
Diese Verordnung gilt für alle Flüge ab einem Flughafen in der EU, egal bei welcher Fluggesellschaft, oder auf einem Flug mit einer EU-Airline aus einem Drittstaat in die EU. Dabei ist unerheblich, ob es sich um einen Linien- oder Charterflug, einen Flug in einem Pauschalreisepaket oder einen Billigflug handelt.
Bei einer Annullierung, Überbuchung oder Verspätung ab drei Stunden muss zusätzlich eine Entschädigungen (sog. Ausgleichszahlung) bezahlt werden.
Folgende Ausgleichzahlungen stehen dem Fluggast zu:
- bis 1500 Kilometer: 250 Euro
- über 1500 bis 3500 Kilometer und allen anderen Flügen innerhalb der EU: 400 Euro
- über 3500 Kilometer: 600 Euro
Ab einer Abflugverspätung von fünf Stunden können Flugpassagiere vom Beförderungsvertrag zurücktreten und eine Erstattung des Flugpreises verlangen. Wer im Rahmen einer Pauschalreise den Flug antritt, kann bei einer entsprechenden Verspätung zwar nicht vom Reisevertrag zurücktreten, aber eine Minderung geltend machen.
Weitere Details
„Der Anspruch auf Ausgleichszahlung ist ein Baranspruch – man braucht sich also nicht mit einem Fluggutschein zufrieden zu geben“, sagt Reiserechts-Experte Kay Rodegra. „Ganz wichtig: Man hat bei einer Flugannullierung oder Überbuchung Anspruch auf einen zeitnahen Ersatzflug“, ergänzt er.
Ausgleichszahlungen müssen allerdings nicht erbracht werden, wenn sich die Airline auf sogenannte außergewöhnliche Umstände berufen kann. Dazu zählt zum Beispiel schlechtes Wetter, ein Fluglotsenstreik oder eine Terrorwarnung. Ein technischer Defekt an der Maschine zählt nicht dazu – das ist zumeist das Problem der Airline.
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Airline oder Onlinebuchungsportal – wer ist Vertragspartner?
In der Regel sind Reisebüros und Online-Portale keine Vertragspartner für die Flugbeförderung, sondern nur Vermittler. Wenn es Probleme im Rahmen der Flugabwicklung gibt, muss sich der Kunde an die Airline als Vertragspartner halten, nicht an das Online-Portal oder Reisebüro.
Wer seinen Flug im Rahmen einer Pauschalreise gebucht hat, muss sich wegen vertraglicher Ansprüche an seinen Reiseveranstalter wenden.
So kommen Sie zu Ihrem Recht
Bei Annullierungen, Überbuchungen und Flugverspätungen gelten die von der EU vorgegebenen Fluggastrechte. Eine Entschädigung wird allerdings nicht automatisch gewährt, der Fluggast muss sie aktiv bei der Airline einfordern. Dazu muss der Forderungsanspruch bei der Fluggesellschaft eingereicht werden. Wer nicht weiter kommt oder mit der Antwort der Airline unzufrieden ist, kann bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) einen Schlichtungsantrag stellen. Dafür muss der Sachverhalt per Brief oder per Online-Formular geschildert werden. Das Schlichtungsverfahren ist für Reisende kostenlos.
„Zunächst sollte man es immer außergerichtlich versuchen“, sagt Kay P. Rodegra. Ein Anwalt ist dabei nicht immer gleich erforderlich. Allerdings weiß der Reiserechtsexperte aus Erfahrung, dass man hartnäckig bleiben muss: „Viele Airlines mauern und antworten auf Schreiben nicht.“ berichtet er. „Antwortet die Airline auf ein Forderungsschreiben nicht und befindet sich in Zahlungsverzug, muss die Fluggesellschaft auch die Kosten für den Rechtsanwalt übernehmen“, so Rodegra
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Bei Überbuchung
Bei einer Überbuchung habe man eigentlich immer gute Karten, die Ausgleichszahlung ausbezahlt zu bekommen. Überbuchungen sind gar nicht so selten. „Wenn am Flughaften mitgeteilt wird, dass die Maschine überbucht ist, hat man Anspruch auf eine zeitnahe Ersatzbeförderung und Ausgleichszahlung zwischen 250 Euro bis 600 Euro, je nach Flugstrecke“, sagt Reiserechts-Experte Kay Rodegra. Während einer längeren Wartezeit muss zudem eine kostenfreie Verpflegung angeboten werden. Auch eine Hotelunterkunft steht einem zu, sollte der Ersatzflug erst am nächsten Tag stattfinden.
Rechte bei Stornierung auf Wunsch des Kunden
Wenn man einen Flug storniert, den man nicht mehr wahrnehmen möchte, muss einem ein Teil des Geldes des stornierten Fluges zurückerstattet werden; zumindest die entrichteten personengebundenen Steuern und Gebühren (unter anderem Flughafengebühren, Luftverkehrssteuer) – oft auch mehr, wenn die Airline den freien Platz weiterverkaufen kann.
Entscheidend für die Höhe der Rückzahlung ist, ob der Fluggesellschaft ein Schaden entstanden ist oder nicht. Wenn man beweisen kann, dass der stornierte Flug an einen Dritten weitergegeben wird und am Abreisetag ausgebucht ist, dann hat man Anspruch auf eine höhere Rückerstattung. Deshalb sollte man seinen Flug möglichst früh stornieren. Doch auch wenn man den Flug nicht antritt ohne ihn vorher zu stornieren, hat man zumindest Anspruch auf die Erstattung der Steuern und Gebühren, da die Airline diese selbst nur zahlen muss, wenn der Fluggast auch wirklich im Flugzeug ist.
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