In New York beginnt unsere Reise in das kulturelle Amerika zur Zeit einer Präsidentschaft, die der Welt wieder einmal ein neues Gesicht der USA zeigt. Wie sehen das die Intellektuellen und Kreativen des Landes? Die Schriftsteller, Musiker, Künstler, von denen viele vor der Wahl überhaupt nicht über den Kandidaten Trump sprechen wollten?
New York im April, Trump ist 100 Tage im Amt. An der Metropolitan Opera reden alle über den Präsidenten, der Amerika groß machen will - und die Kultur klein. Geld soll sie jedenfalls keins mehr aus Washington bekommen, das wird für die Verteidigung gebraucht, zu der auch die Mauer nach Mexiko gehört. "Sie wird ein Vermögen kosten und ja nichts nützen" regt sich Plácido Domingo auf. Der elegante Star-Tenor aus Spanien ist in Mexiko aufgewachsen. "Ein Tag in Amerika ohne Mexikaner ist überhaupt nicht vorstellbar!"
Trump twittert derweil wütend über die "Fake News", die seine großen Erfolge nicht würdigen. "Es ist die gefährliche Strategie eines Diktators – wie Mao oder Hitler" sagt Andrew Solomon, der amtierende PEN-Präsident Amerikas, der bekannt ist für seine geschliffenen verbalen Scharfschüsse gegen jegliche Bedrohung der Meinungsfreiheit. "Wir sollen ganz schnell gar nicht mehr wissen, was wahr ist, was Journalismus und was Propaganda, so dass wir uns irgendwann gar nicht mehr um die Nachrichten kümmern“.
Der amerikanische PEN setzt dem aktuellen präsidialen "Travel Ban" für arabische Länder Aktionen entgegen, die die kulturelle Vielfalt feiern, die – wie Solomon nicht müde wird zu wiederholen – Amerika groß gemacht hat. Warum erst jetzt? Warum hat das liberale Amerika nicht schon vor der Wahl so laut und deutlich Stimmung gemacht?
Die Antwort kommt von Star-Schriftsteller Paul Auster. Beim Internationalen PEN-Kongress liest er aus seinem großen Amerika-Roman "4321", in dem es auch um einen historischen Krisen-Moment geht – 1969: Vietnam-Krieg und Befreiungsbewegungen fordern das amerikanische Selbstverständnis. Pauls Frau, die Schriftstellerin Siri Hustvedt, präsentiert hier einen neuen Text, über den Widerstand gegen einen ur-amerikanischen Mythos, den Mythos des "Self-made-man" der nichts und niemanden braucht, sondern allein aus eigener Kraft erfolgreich und mächtig wird. Auster und Hustvedt sind die ersten von vielen weiteren Kulturstars, die uns später quer durch das ganze Land erzählen, wie die politische Situation ihr Werk beeinflusst. Paul Auster konstatiert: "Das liberale Amerika hat zu lange nicht zugehört. Sie dachten, es kann nicht passieren, und so ist es passiert. Aber jetzt hören sie zu. Und zum ersten Mal seit langem – seit 50 Jahren, meiner Zeit bei der Friedensbewegung, spüre ich wieder diesen Kampfgeist. Eine Welle des Widerstands rollt das Land auf".