Die israelischen Handballer, Gegner Deutschlands in der EM-Qualifikation (Mittwoch, 18.45 Uhr, im ZDF-Livestream), kämpfen noch um das EM-Ticket. Ihr Alltag wird auch durch den Konflikt mit der Hamas bestimmt, wie Legionär Gabor Langhans berichtet.
Vor ein paar Wochen, als der Handballprofi Gabor Langhans, 30, auf dem Weg zum Training einen Kollegen abholte, entdeckte er am Himmel zwei Raketen. „Schau mal“, sagte Langhans. Sekunden später ertönten Sirenen, die beiden Handballer mussten sich auf der Straße in Deckung bringen. „Auch beim folgenden Training mussten wir zweimal in die Schutzräume“, erzählt der Linkshänder von seinem Alltag in Ashdod, Israel.
Langhans mit Ashdod Israels Meister
Die Stadt, nur ein paar Kilometer nördlich des Gaza-Streifens gelegen, war zuletzt Ziel zahlreicher Attacken. „Diese Angriffe waren schon eine krasse Erfahrung“, bekennt Langhans. Nach einem Agreement zwischen der Hamas und der israelischen Regierung herrscht derzeit aber wieder Ruhe. Und so konnte Langhans die Finalserie seines Klubs Hapoel Ashdod gegen Maccabi LeRischon unbehelligt beenden und die israelische Meisterschaft feiern.
Der 30jährige Linkshänder, der vorher bei den Füchsen, in Rostock, Lübbecke und Melsungen sein Geld verdiente, schwärmt ansonsten von seinem Leben als Handball-Legionär in Israel. Freilich sei das Echo in den israelischen Sportmedien im Handball, anders als beim populären Basketball, gering. Das bevorstehende EM-Qualifikationsspiel Israels gegen Deutschland am 12. Juni in Tel Aviv (18.45 Uhr, live im Stream beim ZDF) aber elektrisiere die kleine Szene. „Für die Jungs hier ist das eine ganz große Sache. Die freuen sich schon lange auf dieses Highlight.“
Israel noch mit Chancen auf EM
Die Israelis verloren zwar kürzlich im Kosovo, können sich aber, da sie Polen zu Hause sensationell besiegten, das zweite EM-Ticket in der Gruppe A immer noch schnappen. Für das Team von Bundestrainer Christian Prokop geht um nicht mehr viel. Es hatte das Ticket für die EM im Januar 2020 (in Österreich, Norwegen und Schweden) bereits mit den beiden Siegen gegen Polen gebucht.
Daher bekommen stark beanspruchte Profis wie Andreas Wolff, Hendrik Pekeler oder Patrick Wiencek eine Pause – und andere eine Chance, sich im DHB-Team zu profilieren. So werden Torwart Till Klimpke (HSG Wetzlar), der in der laufenden Serie mit großer Konstanz parierte, und auch Rückraumspieler Nico Büdel (HC Erlangen) ihr Debüt im DHB-Trikot geben.
Brand und Klein debütierten in Israel
„Unsere Perspektivspieler brauchen für ihre weitere Entwicklung solche Spielgelegenheiten“, erklärt DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Um den Traum vom Olympiagold 2020 in Tokio zu erfüllen, müsse man den Top-Spielern die Chance zu Regeneration geben. Um die Olympiateilnahme zu erreichen, wäre entweder der EM-Titel nötig – oder einer der beiden ersten Plätze im Qualifikationsturnier im Frühjahr 2020. Für die Ausrichtung eines der drei Turniere wird sich der DHB bewerben.
Die deutsch-israelische Länderspielgeschichte zeigt, wie schnell sich die Karriere eines Profis beschleunigen kann. Sowohl Heiner Brand als auch Kurt Klühspies debütierten im Sommer 1974 in Holon, bevor sie vier Jahre später Weltmeister wurden. Auch Dominik Klein, Weltmeister von 2007, hatte nur 19 Monate vor dem „Wintermärchen“ in Tel Aviv sein Debüt als National-Linksaußen gegeben.
Israels Junioren in A-Jugend-Bundesliga
Die Beziehung zwischen DHB und der Israel Handball Federation ist traditionell sehr freundschaftlich. Als Israel 1961 sein erstes Länderspiel gegen Japan austrug, schickte der DHB mit Siegfried Perrey extra einen Botschafter. Der erste israelische Handballpräsident Shlomo Singer stammte aus Dresden. Und kürzlich unterstützten DHB und die Handball-Bundesliga ein Ausbildungsprojekt der israelischen Junioren-Nationalmannschaft, die ein Jahr lang in Gummersbach trainierte und gegen A-Jugend-Bundesligateams antrat.