Trotz der jüngsten Blessuren und Ausfälle blickt der FC Bayern dem Viertelfinale in der Champions League gegen Real Madrid zuversichtlich entgegen. Viel zu tun hat das damit, dass die Münchner dem Timing ihres Trainers vertrauen.
Sechseinhalb Wochen ist es nun her, dass Karl-Heinz Rummenigge wieder einmal den Dichter in sich entdeckte. Vor Carlo Ancelottis 1000. Trainerspiel war das, und da der Hamburger SV an diesem 25. Februar beim FC Bayern vorstellig wurde, durfte sich der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern in seiner poetischen Prognose recht sicher fühlen. "Die Zeit, die jetzt ansteht, in der es anfängt zu grünen und zu blühen – das ist die Ancelotti-Jahreszeit", ließ Rummenigge wissen. Die Bayern beschenkten ihren Trainer danach zum Jubiläum mit einem 8:0, dem bislang höchsten Saisonsieg.
Bangen um Lewandowski, Hummels fehlt
Vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Real Madrid an diesem Mittwoch (20.45 Uhr live im ZDF) grünt und blüht es tatsächlich in München. Das gilt weiterhin auch im übertragenen Sinne für die Erwartungen zum weiteren Saisonverlauf. Trotz der jüngsten Blessuren und Ausfälle von Manuel Neuer über Thomas Müller und Douglas Costa bis hin zu Robert Lewandowski und Mats Hummels.
Nur Letzterer wird wegen einer Stauchung des Fußgelenks sicher nicht mitwirken in der ersten Verabredung mit Real. Auf eine Genesung bis zum Gegenbesuch am kommenden Dienstag in Madrid hofft Hummels aber noch.
Lewandowski will trotz seiner Schulterprellung schon im ersten Vergleich mit dem Titelverteidiger dabei sein. Im Training am Dienstag behinderte ihn die schmerzende rechte Schulter allerdings noch erkennbar. Im Abschlusstraining konnte der Torjäger nur 20 Minuten teilnehmen. Sein Ausfall wäre ein herber Verlust für die Bayern.
Ancelottis Timing
Dennoch fühlen sich die Münchner vor dem bisherigen Höhepunkt der Saison besser gewappnet als in den drei Vorjahren. Unter Ancelottis Vorgänger Pep Guardiola war jeweils im Halbfinale Endstation. Auch, weil wichtige Stützen wie Arjen Robben und Franck Ribéry ausfielen. Nun stehen die Bayern zwar erst im Viertelfinale und zudem gegen den wohl kniffligsten Gegner, der ihnen neben dem FC Barcelona zugelost werden konnte. Dennoch ist die Zuversicht groß, in dieser Saison jenen Ertrag erzielen zu können, der ihnen zuletzt drei Mal hintereinander verwehrt geblieben war.
Vor allem hat das mit jenem Image ihres Trainers zu tun, das Rummenigge in den Begriff "Ancelotti-Jahreszeit" gegossen hatte. Demnach sind die Mannschaften des Italieners erst dann voll da, wenn die wichtigsten Spiele anstehen. Unter Guardiola hatte sich eher der gegenteilige Eindruck eingestellt. Furiosen Hinrunden folgte stets ein Leistungsabfall in der zweiten Saisonhälfte.
"Es ist Showtime"
Bei Ancelotti verläuft die Kurve bisher umgekehrt. Und ein paar Nachweise haben die Münchner auch schon für die These erbracht, wonach ihr aktueller Trainer seine Mannschaften auf den Punkt vorbereiten kann. Erstmals beim Winterabschluss der Bundesliga kurz vor Weihnachten gegen den damals punktgleichen RB Leipzig (3:0). Später im Achtelfinale der Champions League gegen Arsenal (5:1 und 5:1). Und ein bisschen auch im prestigeträchtigen Duell gegen Borussia Dortmund am Samstag (4:1). Rummenigge formulierte nun den Auftrag für Real: "Es ist Showtime. Pack ma's."
Es ist neben den jüngsten Leistungen der Mannschaft vor allem das Vertrauen in Ancelotti, das die Zuversicht gegen Real fördert. Ein 0:4 wie unter Guardiola 2014, als Ancelotti mit den Königlichen den FCB mit einer Kontertaktik auscoachte, liegt vor dem Duell mit Ancelottis ehemaligen Assistenten Zinédine Zidane außerhalb der Vorstellungskraft der Münchner. Ebenso jener Experten, die den FC Bayern in diversen Interviews nun sogar zum "leichten Favoriten" erhoben, wie etwa Ottmar Hitzfeld. "Die Wahrscheinlichkeit, die Champions League zu gewinnen, ist unter Ancelotti größer als unter Guardiola", befand auch Stefan Effenberg, der mit den Münchnern 2001 die Champions League gewann.
Real-Kenner Ancelotti
Auch Rummenigge hat ein Interview gegeben, in Reals Heimatblatt "As". Darin sagte er über Ancelotti: "Er ist unser Top-Insider, was Real betrifft. Wenn du zwei Jahre lang eine Mannschaft trainiert hast, die sich kaum verändert hat, weißt du, wie ihr Herz schlägt." Ancelotti sei zudem "ehrgeizig und motiviert", Guardiola sei 2014 gegen Real "beinahe übermotiviert" gewesen. Von seiner Ballbesitzlehre profitiere die Mannschaft aber noch immer. Rummenigge hofft, dass diese mit Ancelottis Modifikationen und vor allem mit seiner Ruhe nun zu voller Blüte geführt werden kann. Es ist Showtime.