Als krasser Außenseiter empfängt am Dienstag (14 Uhr/live ZDF) das griechische Frauenfußball-Team die DFB Elf in der EM-Qualifikation. Der Frauenfußball führte zwei Jahrzehnte lang ein karges, kaum beachtetes Schattendasein in Griechenland. Doch in jüngster Zeit ändert sich das.
Geschätzte sechs Fußballzeitungen erscheinen täglich in Griechenland. Das ist europäischer Rekord. Doch liest der Fußballfan die Gazetten auch noch so aufmerksam, Artikel über den griechischen Frauenfußball sucht er vergeblich. Kein Wunder, denn dieser Sport ist in Hellas medienmäßig so gut wie inexistent. "Viele wissen gar nicht, dass es den Sport bei uns überhaupt gibt. Das ist aber nur ein Problem von vielen", erklärt Athanasia Moraitou.
Die 22-jährige griechische Nationalspielerin absolviert derzeit ein Masterstudium in den USA und kickt für das Collegeteam South Alabama. Zuvor spielte die in Waiblingen geborene Mittelfeldspielspielerin für den VfL Sindelfingen und BV Cloppenburg in der ersten und zweiten Bundesliga. Der DFB berief sie in seine U15- und U16-Auswahl. Am Dienstag wird Moraitou gegen Deutschland im 20.000 Zuschauer fassenden Kleanthis Vikelidis Stadion von Thessaloniki allerdings das blau-weiße griechische Nationaltrikot überstreifen.
Sportliches Randphänomen
Ja, es fehlt noch an vielem im griechischen Frauenfußball. Wer mit Moraitou kommuniziert, erfährt das schnell. Die Mängelliste ist lang. "Die Infrastruktur ist verbesserungsfähig, selbst die Kabinen entsprechen oft nicht dem neuesten Stand", berichtet die Deutsch-Griechin. In nur drei Ligen spielen die griechischen Fußballerinnen, selbstverständlich allesamt im Amateurstatus. Nur bei Lehrgängen und Spielen der Nationalmannschaft zeigt sich der griechische Fußballverband EPO gegenüber seinen Spielerinnen etwas großzügig.
Zu den Meisterschaftsspielen kommen kaum Zuschauer. Frauenfußball in Griechenland haftet noch immer das Image eines sportliches Randphänomens an, das ist offensichtlich. Auch die großen, arrivierten Athener Fußballvereine wie Olympiakos Piräus, AEK Athen oder Panathinaikos Athen weigern sich bis heute standhaft, die Frauenteams in ihre Klubs zu integrieren. So kicken zumeist Vereine aus Zentral- und Nordgriechenland in den drei Ligen, wie zum Beispiel der aktuelle Meister PAOK Saloniki.
Es tut sich etwas
Doch langsam aber stetig kommt Bewegung in den griechischen Frauenfußball. "In den vergangenen Jahren haben wir einige wichtige Schritte nach vorne gemacht", berichtet Nationalspielerin Moraitou. Bester Beweis dafür sind zahlreiche Nationalspielerinnen, die im europäischen Ausland unter Vertrag stehen. Zum Beispiel Tatiana Georgiou (SC Napoli) oder Sofia Nati, die für den Zweitligisten Werder Bremen aufläuft. Die Stürmerin fällt allerdings beim Länderspiel gegen die DFB-Auswahl verletzungsbedingt aus.
Seit einigen Jahren hat sich der griechische Frauenfußballverband EPO dem UEFA Woman's Football Developement Program angeschlossen, eine Art fußballerisches Entwicklungshilfeprogramm. Die Infrastruktur und das Marketing werden zunehmend gestärkt. Es gibt neuerdings Schulmeisterschaften für Mädchenteams und es werden immer mehr Sommercamps für den weiblichen Fußball-Nachwuchs angeboten.
Erst einmal bei einem internationalen Turnier dabei
"Natürlich sind wir gegen Deutschland der klare Außenseiter. Aber es geht aufwärts mit unserem Team, vor allem durch eine deutlich verbesserte Nachwuchsarbeit", erklärt Nationaltrainer Antonis Prionas gegenüber zdfsport.de. Auf Platz 66 der Weltrangliste dümpelt das griechische Frauenteam des 53 Jahre alten Coach aktuell herum. Die "Ethniki Omada" hat überhaupt erst einmal an einem internationalen Turnier teilnehmen dürfen, bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Und da war man als Gastgeber gesetzt. Dass Prionas mit seiner Elf die kommende Europameisterschaft erreicht, gilt als illusorisch.
Im ersten Aufeinandertreffen mit der DFB Auswahl in der noch kurzen Geschichte des griechischen Frauenfußballs am Dienstag in Thessaloniki setzen die Helleninnen auf ihren Heimvorteil. Weil es so wenige Frauenfußballerinnen in Griechenland gibt, sind wir natürlich besonders stolz, das Nationaltrikot tragen zu dürfen. Der Zusammenhalt im Team ist außergewöhnlich hoch, die Stimmung ausgezeichnet", sagt Moraitou.