Die Partie zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern leitet am Freitag (20.30 Uhr/live ZDF) die Rückrunde der Fußball-Bundesliga ein. Es deuten sich spannende Entscheidungen in allen Tabellenregionen an.
Der Spruch von Ansgar Brinkmann war gewiss flapsig gemeint. Aber mehr als ein Körnchen Wahrheit war in dem Statement ja schon erhalten, als der inzwischen 49 Jahre alte Paradiesvogel und Ex-Profi vor dem Start dieser Bundesliga-Saison meinte: "Kinder, die in diesem Sommer eingeschult werden, kennen nur den FC Bayern München als Meister. Da ist die Kindheit schon im Arsch." Ein fürwahr flotter Spruch vom "weißen Brasilianer".
Endlich ein echter Meisterkampf
Nun allerdings, wenn die Rückrunde mit der Partie TSG Hoffenheim gegen Bayern München am Freitag (20.30 Uhr/live ZDF) eröffnet wird, ist auf einmal von einem Meisterschaftskampf die Rede, der diesen Namen auch verdient. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung; von Borussia Dortmund wohlgemerkt. "Favorit ist immer der FC Bayern, da lasse ich mir nichts anderes einreden", betonte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke gerade erst wieder. Manager Michael Zorc schob sogar noch hinterher: "Für Träumereien bekommen wir keinen Sieg, keinen Punkt - nicht mal einen Einwurf."
Als sich vergangenen Dienstag 350 Gäste in einer Frankfurter Eventlocation zum Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) trafen, gab auch Sebastian Kehl, der ehemalige ZDF-Experte und heutige Leiter der BVB-Lizenzspielerabteilung, eine eher demütige Losung aus: Die Saat sei zwar schneller aufgegangen als erwartet, aber: "Sechs Punkte sind nicht viel. Das wird noch ein harter Kampf."
Die Bayern sind nicht abzuschreiben
"Wir wollen Meister werden. Darauf arbeiten wir alle hin", versicherte hingegen Bayerns Trainer Niko Kovac mit voller Selbstüberzeugung. "Niemand sollte den FC Bayern abschreiben", stieß Sportdirektor Hasan Salihamidzic ins selbe Horn. Die interne Hochrechnung beim Rekordmeister geht so, dass Dortmund gleich zum Auftakt bei RB Leipzig (Samstag 18.30 Uhr/ab 23 Uhr Ausschnitte im ZDF-Sportstudio) und danach im Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt (2. Februar) nicht den vollen Punkteertrag einfährt. Ist der komfortable Vorsprung des Spitzenreiters also schon am 20. Spieltag dahin?
Vor allem der listige Fußballlehrer Lucien Favre geht auf solche Unkenrufe der Verunsicherung gar nicht ein. Seine "Von-Spiel-zu-Spiel-Rhetorik" ist vermutlich die beste Antwort, um die Psychospielchen nicht mitzumachen. Zumal auch die über weite Strecken erstaunlich stabile Borussia aus Mönchengladbach und der von allen Zusatzbelastungen entledigte Brauseklub RB Leipzig noch in Lauerstellung liegen. Zusammen mit dem VfL Wolfsburg, Eintracht Frankfurt und TSG Hoffenheim sind das die aussichtsreichsten Anwärter auf die Europapokalplätze.
Im Mittelbau machen Bremen und Mainz eine gute Figur
Auch dahinter scheint noch einiges möglich: Mehr noch als der Achte Hertha BSC hegt der Neunte Bayer Leverkusen Ambitionen, mindestens noch die Europa-League-Zulassung zu erreichen. Der neue Trainer Peter Bosz, mit seinem (zu) offensiven Ansatz in Dortmund in kürzester Zeit gescheitert, will in seinem 4-3-3-System Platz für Karim Bellarabi, Kevin Volland, Leon Bailey, Kai Havertz und Julian Brandt gleichzeitig schaffen. Verdammt gewagt. Aber wenn es gut geht, eine Bereicherung für die Liga.
Auch der Tabellenzehnte SV Werder spielt aus Überzeugung nach vorne. Trainer Florian Kohfeldt besitzt ein solches Überangebot im Sturm, dass in diesem Mannschaftsteil ein ständiges Wechselspiel herrscht. Spiele mit grün-weißer Beteiligung garantieren oft hohe Unterhaltung - nur mit dem Punkteertrag hadert der Trainer. Auch der Bremer Weg ist ein interessanter.
Ähnliches Lob prasselt auf den FSV Mainz 05 herab, wo Sportvorstand Rouven Schröder einen zukunftsfähigen Kader gebastelt hat. Weltmeisterland Frankreich dient als neue Talentquelle, so dass Trainer Sandro Schwarz in der Hinrunde behauptete: "Wir spielen diese Saison auf einem höheren Niveau." Auf die Rheinhessen als Repräsentant aus dem Mittelbau passt die von DFL-Chef Christian Seifert beim Neujahrsempfang vorgenommene Feststellung am besten: "In der zweiten Jahreshälfte 2018 wurde deutlich, dass der deutsche Profifußball andere Ambitionen hat, als Mittelmäßigkeit zur neuen Höchstleistung zu erklären."
Die Abstiegszone beginnt bei Platz 13 - beim FC Schalke 04
Interessant, dass Bundestrainer Joachim Löw jedoch nur "teils, teils" Fortschritte in der Liga sieht. "Bei einigen Vereinen steht noch die Arbeit gegen den Ball vornean." Gemeint könnte der FC Schalke 04 sein, der in der Liga mit nur 18 Punkten deutlich unter den Erwartungen blieb. Hat Manager Christian Heidel die falschen Spieler geholt oder ist Trainer Domenico Tedesco früh entzaubert? Nur 20 geschossene Tore sind nicht allein mit den vielen Ausfällen im Angriff erklärt. Auf Schalke wird im neuen Jahr auch die spielerische Armut bekämpft. Noch mehr Ernüchterung verträgt dieser Standort nicht. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies ist bereits unruhig.
Nur ums Überleben geht es für den punktgleichen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf. Die Posse um die Vertragsverlängerung von Trainer-Routinier Friedhelm Funkel war ein klassisches Eigentor. Ähnliche Unruhe herrschte in der Hinrunde beim VfB Stuttgart, wo vor allem Manager Michael Reschke in der Kritik steht. Seine Nachverpflichtungen in der Winterpause müssen einschlagen. Oder zittern die Schwaben bis zum Schluss?
Gleichwohl könnte der Abstiegskampf nicht so dramatisch verlaufen wie zuletzt. Wenn das Chaos beim Vorletzten Hannover 96 sich vergrößert und wenn der Neuling 1. FC Nürnberg schlicht an seine Grenzen stößt. Aber vielleicht entschädigt für die fehlende Spannung unten dann die Dramatik oben. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem BVB und Bayern. Wem Ansgar Brinkmann die Daumen drückt, dürfte klar sein.