Mit sechsmal Gold und dreimal Silber hat das deutsche Team in Seefeld das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte Nordischer Ski-Weltmeisterschaften eingefahren. Der Doping-Skandal mit dem Zentrum in Deutschland wirft jedoch einen großen Schatten auf das Event.
Als Schlussspringer Karl Geiger das goldene Happyend für das deutsche Team bei der Nordischen Ski-WM perfekt gemacht hatte, brachte er die Bilanz dieser Titelkämpfe auf den Punkt: "Seefeld war etwas ganz Besonderes. Ich weiß nicht, ob ich noch einmal so etwas erleben werde."
Das galt allerdings auch im negativen Sinne: Das WM-Wintermärchen wurde von den Doping-Razzien in Seefeld und beim Kopf der internationalen Betrüger-Bande in Erfurt mit insgesamt neun Festnahmen abrupt beendet.
Rein sportlich war dieses Championat dennoch ein großer Erfolg für das schwarz-rot-goldene Team: Mit insgesamt sechsmal Gold und dreimal Silber wurde das zweitbeste WM-Ergebnis aller Zeiten erreicht und der Rekord der WM 2017 von Lahti (sechs Gold, drei Silber, zwei Bronze) nur knapp verfehlt. Deutschland belegt Platz zwei im Medaillenspiegel hinter den im Langlauf überragenden Norwegern.
Eisenbichler und Frenzel überragen
Zu verdanken ist das tolle Ergebnis den deutschen Skisprung-Überflieger(innen), die vier der sechs möglichen Titel abräumten und dazu noch zwei Silbermedaillen gewannen. Am Samstag feierten Katharina Althaus, Juliane Seyfarth, Markus Eisenbichler und Karl Geiger nach einem spannenden Duell mit Gastgeber Österreich den dritten deutschen Titel in Serie im Mixed-Teamwettbewerb bei einer WM.
Der ohne einen einzigen Weltcup-Sieg angereiste Eisenbichler gehört damit mit drei Goldmedaillen zu den Königen von Seefeld. "Darauf kann man schon mal zwei, drei Bier trinken. Ich kann noch gar nicht glauben, dass das alles hier so aufgegangen ist", kommentierte der Ur-Bayer mit einem Kopfschütteln.
Erfolgsgarant Frenzel
Ähnlich war die Stimmung bei den deutschen Kombinierern, die mit Silber im Teamwettbewerb hauchdünn hinter Norwegen einen erfolgreichen Abschluss schafften. Erfolgsgarant war mit einem Sturmlauf in der Loipe einmal mehr Eric Frenzel, der sich zuvor mit dem Großschanzen-Einzeltitel und dem Triumph im Teamsprint mit Fabian Rießle zum Rekord-Weltmeister (insgesamt sieben Titel) gekrönt hatte.
Mit zwei Mal Gold und einmal Silber blieb das deutsche Kombinierer-Team zwar hinter der perfekten Bilanz von vier Titeln bei der WM 2017 zurück, fährt nach den mäßigen Vorleistungen in dieser Saison aber "überaus zufrieden" (Bundestrainer Hermann Weinbuch) nach Hause.
Ziel von acht WM-Medaillen mehr als erfüllt
Acht Medaillen hatte Horst Hüttel, sportlicher Leiter der deutschen Vorzeigedisziplinen Skispringen und Nordische Kombination, vor der WM als deutsches Ziel ausgegeben. Nun konnte er mit neunmal Edelmetall im Gepäck im ZDF-Interview eine überaus positive WM-Bilanz ziehen: "Ich bin extrem zufrieden. Alle drei Teams - Skispringen Männer und Frauen sowie Kombination - waren wieder mal genau im richtigen Moment in perfekter Form. Das zeigt, dass unser System und die Strukturen stimmen. Und wir herausragende Trainer haben."
Mit Männer-Skisprung-Bundestrainer Werner Schuster wird allerdings der in Seefeld erfolgreichste Coach seinen Posten zum Saisonende verlassen. Hüttel kündigte für die nächsten Tage die Vorstellung eines Nachfolgers an: "Das wird zeitnah noch vor Saisonende passieren."
Man darf mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der neue Bundestrainer Stefan Horngacher heißen wird, der bis 2016 Schusters Co-Trainer war und seit dem Polens Skispringer zu außergewöhnlichen Erfolgen geführt hat.
Die Weichen Richtung WM 2021 in Oberstdorf sind also in den Erfolgssparten gestellt, zumal "auch alle Top-Sportler bis dahin weitermachen wollen" (Hüttel).
Langläufer mit Tendenz steigend
Auch in der Problemsparte Skilanglauf gibt es nach den WM-Tagen Anlass zu Optimismus. Zwar warten die Ausdauerspezialisten weiterhin auf die erste WM-Medaille seit 2011, aber mit den Positionen vier, fünf und sechs rückten zumindest die Frauen um Toptalent Victoria Carl schon nah an die Podestplätze heran.
Teamchef Peter Schlickenrieder hat seit seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr eine Trendwende eingeleitet, weitere (personelle) Veränderungen nach Saisonende sollen den Aufwärtstrend noch beschleunigen. "Wir werden kein Stein auf dem anderen lassen und wollen bei er Heim-WM in Oberstdorf in zwei Jahren in der Lage sein, aus eigener Kraft um die Medaillen zu kämpfen", kommentierte Schlickenrieder.
"Nicht um jeden Preis"
Dabei will er jedoch "keinen Erfolg um jeden Preis". Das war eine Anspielung auf die Norwegerin Therese Johaug, die beim ersten Höhepunkt nach der Rückkehr von einer Dopingsperre alle drei Langlauf-Distanzrennen mit haushohem Vorsprung gewann.
Wie dreckig dieser Sport wirklich ist, zeigte die Festnahme von fünf Langläuferin im Rahmen der Doping-Razzia in Seefeld. Alle haben inzwischen eingestanden, dass sie Blutdoping-Kunden des deutschen Arzts Dr. Mark S. waren.
Weitere Enthüllungen?
In den nächsten Tagen und Wochen werden mit dem Fortgang der Ermittlungen gegen den Kopf einer internationalen Doping-Organisation weitere Enthüllungen erwartet.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann hält zumindest Doping von Bundeskader-Athleten für ausgeschlossen. Peter Schröcksnadel, WM-Chef und Präsident des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV), hat dagegen mehrfach die Verwicklung auch von deutschen Sportlern in den Doping-Skandal angedeutet. Sollte sich das tatsächlich bewahrheiten, könnten die erfolgreichen WM-Tage von Seefeld noch ein bitteres Nachspiel haben.
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