Sie war Fahnenträgerin in Pyeongchang und die erfolgreichste deutsche Medaillensammlerin – und nun hat die Biathletin, Langläuferin und Handbikerin Andrea Eskau ein Novum geschafft: Sie wurde im Einzel und mit dem Team ausgezeichnet.
Vor zehn Jahren gewann Andrea Eskau ihre erste paralympische Goldmedaille. In Peking triumphierte sie mit dem Handbike im Straßenrennen. Seither sind sieben weitere Paralympics-Siege gefolgt, sommers wie winters. Denn Eskau ist eine Ausnahmeerscheinung. Die 47 Jahre alte Diplom-Psychologin, die in Bonn am Bundesinstitut für Sportwissenschaft arbeitet, ist nicht nur mit dem Handbike weltklasse, sondern auch mit dem Schlitten. Vier ihrer acht Paralympics-Siege feierte sie als Para-Biathletin und –Langläuferin.
Kein Weg führt an Eskau vorbei
Bei den Wahlen zur Behindertensportlerin des Jahres hatte Eskau, die aus Thüringen stammt und seit einem Fahrradunfall 1998 querschnittsgelähmt ist, jedoch bislang immer das Nachsehen, sommers wie winters. In den Paralympics-Jahren waren da jeweils andere, die noch ein bisschen spektakulärer: Schwimmerin Kirsten Bruhn (2008), die blinde Langläuferin Verena Bentele (2010), Leichtathletin Birgit Kober (2012), Monoskifahrerin Anna Schaffelhuber (2014) und Leichtathletin Vanessa Low (2016) wurden Para-Sportlerinnen des Jahres.
Doch diesmal führte kein Weg an Eskau vorbei. Am Samstagabend erhielt sie vor 450 geladenen Gästen in der Düsseldorfer Rheinterrasse die Auszeichnung zur Para-Sportlerin des Jahres 2018 – und wurde zudem gemeinsam mit Alexander Ehler und Steffen Lehmker zur Mannschaft des Jahres erklärt. Im Einzel ließ Eskau die Monoskifahrerin Anna Schaffelhuber (zweimal Gold in Pyeongchang) und Para-Radsportlerin Denise Schindler (einmal Gold und dreimal Silber bei Bahn- und Straßen-WM) hinter sich. In der Teamwertung folgten die Goalballer (WM-Silber) und Basketballerinnen (WM-Bronze) auf den Plätzen zwei und drei.
Späte Liebe entdeckt
Mit zweimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze war Eskau in Pyeongchang die erfolgreichste deutsche Medaillensammlerin. Sie hat die Winterspiele zu ihrer Bühne gemacht, und das, obwohl sie den Winter nach ihrem Unfall zunächst immer gehasst hatte. Schnee und Eis im Rollstuhl sind kein Spaß, die Hände werden kalt und die Räder drehen auf Matsch gern durch. Aber dann entdeckte Eskau den Schlitten, mit dem Para-Langläufer und -Biathleten ihren Sport ausüben. Plötzlich war sie auch im Schnee wieder mobil. Und konnte, wo sie schon einmal dabei war, auch dort Erfolge sammeln.
Ihre Medaille Nummer sechs gewann Eskau in Pyeongchang im gemischten Team, gemeinsam mit Alexander Ehler und Steffen Lehmker holte sie Bronze über 4 x 2,5 Kilometer. Das Besondere: Es war die erste deutsche Staffel-Medaille seit Nagano 1998. Und: Eskau hatte auch den Part der verletzungsbedingt ausgefallenen Klara Klug übernommen, war also gleich zweimal gelaufen. Der Lohn ist neben der Bronzemedaille nun die Doppelauszeichnung als Einzel- und Mannschaftssportlerin des Jahres – das gab es bei den seit 2004 zelebrierten Wahlen der Para-Sportler des Jahres noch nie.
Fleig hält Fahne für Männer hoch
Auch bei den Männern ging die Auszeichnung in diesem Jahr an einen Wintersportler: Es siegte der Langläufer Martin Fleig aus Freiburg. Der 28-Jährige hatte in Pyeongchang am drittletzten Tag den „Männer-Fluch“ gebrochen und den deutschen Herren die erste Medaille bei Winter-Paralympics seit 2918 Tagen beschert – mit Gold im Biathlonrennen der sitzenden Kategorie über 15 Kilometer. Im Rennen um die Sportler-des-Jahres-Auszeichnung setzte er sich gegen die bei ihrer WM sehr erfolgreichen Leichtathleten Markus Rehm (Weitsprung und Sprint) und Felix Streng (Sprint und Weitsprung) durch. Weitere Preise erhielten die Schwimmerin Denise Grahl (Nachwuchssportlerin des Jahres) und der ehemalige Para-Leichtathlet Heinrich Popow (Ehrenpreis des Deutschen Behindertensportverbandes).