Pauline Schäfer hat in Montreal die zweite Goldmedaille für deutsche Turnerinnen am Schwebebalken bei Weltmeisterschaften seit 1981 erkämpft. Hinter Morgan Hurd aus den USA holte sich Tabea Alt zudem Bronze.
Mit ihrer glänzenden Darbietung als erste Turnerin des Finals vor 10.000 Zuschauern im ausverkauften Olympic Stadium kam sie auf 13,533 Punkte und beeindruckte die Konkurrenz. Zuletzt hatte Maxi Gnauck 1981 Gold am Balken geholt.
Zusammen ein Ausrufezeichen gesetzt
"Die letzten Momente vor meiner Übung waren richtig schlimm. Aber als es losging, hatte ich von der ersten Sekunde an ein gutes Gefühl", berichtete die immer noch konsternierte Schäfer, die den Triumph des deutschen Duos "einfach cool" nannte. Freudetrunken war Teamchefin Ulla Koch zu Späßen aufgelegt, als sie ihre Schützlinge immer wieder fest an sich drückte: "Eigentlich müsste ich jetzt ja zurücktreten, denn dieses Ergebnis ist ja nicht zu toppen."
Obwohl sie sowohl in der Qualifikation als auch im Mehrkampf-Finale das beste Balken-Resultat aller Athletinnen herausgeturnt hatte, war Weltcup-Gesamtsiegerin Alt mit ihrer ersten WM-Medaille aus Bronze mehr als zufrieden. "Ich freue mich für Pauline, wir haben zusammen ein großes Ausrufezeichen gesetzt", sagte sie.
Silber für Hurd
Schluchzend lag sich das Duo im mit 10.000 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion in den Armen, als das schier unglaubliche Endergebnis feststand. Mit der saubersten Übung des Finales gleich als erste Starterin schockte Schäfer, vor zwei Jahren bereits mit WM-Bronze dekoriert, die Konkurrenz sichtlich. Und die Ludwigsburgerin Alt machte als letzte Turnerin ungeachtet eines kleinen Wacklers beim Durchschlagsprung quasi den Deckel drauf. Dazwischen schob sich nur die neue Mehrkampf-Weltmeisterin Morgan Hurd aus den USA.
Bei der WM 1970 in Ljubljana war deutschen Turnerinnen zuletzt das gleiche Glanzstück geglückt. Ebenfalls am Schwebebalken siegte damals Erika Zuchold aus Leipzig, die Berlinerin Christine Schmitt wurde Dritte. Letzte deutsche Weltmeisterin war vor exakt 30 Jahren Dörte Thümmler (Berlin) am Stufenbarren.
Seitz Fünter, Ngyuen Siebter
Im Schatten seiner weiblichen Kolleginnen hatte Marcel Nguyen mit der Entscheidung am Barren nichts zu tun. Mit einer soliden, allerdings eher unspektakulären Übung landete der ehemalige Europameister aus Unterhaching auf Rang sieben. Der Sieg ging an den Chinesen Zou Jingyuan, am Boden hatte zuvor Kenzo Shirai aus Japan triumphiert.
Das überaus erfolgreiche Abschneiden der deutschen Athletinnen hatte bereits am Samstag Elisabeth Seitz komplettiert. Einen Tag nach ihrem neunten Platz im Mehrkampf überzeugte die deutsche Mehrkampf-Meisterin aus Stuttgart auch im Stufenbarren-Finale und belegte trotz erheblichen Trainingsrückstands Rang fünf. "Ich habe erneut gezeigt, dass man mit mir rechnen kann", sagte die 23 Jahre alte Sportsoldatin, die für ihre couragierten Auftritte ein Sonderlob von Teamchefin Ulla Koch einstrich: "Eli ist einfach eine Rampensau. Wenn es darauf ankommt, ist sie da."