Die Gladbacher thronen zum ersten Mal seit dem Spätsommer 2011 wieder an der Tabellenspitze – und können in den nächsten Wochen zeigen, was wirklich hinter ihrem Topstart steckt. Das herausfordernde Programm beginnt am Samstag mit der Partie in Dortmund.
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Zwölf Tage lang hatten die Gladbacher Zeit, sich am ungewohnten Bundesligatableau zu ergötzen. Als Spitzenreiter tourten die Niederrheinischen zuletzt vor gut acht Jahren durchs Land – damals noch unter dem Cheftrainer Lucien Favre, der seinen ehemaligen Klub nun als BVB-Coach und instabiler Liga-Achter empfängt. Ein pikantes West-Duell mit verdrehten Startbedingungen – wobei die Gäste, angesprochen auf ihre Pole Position, gerne auch mal Witze darüber machen.
Fulminanter, athletischer
Wie ernst das frühe Hoch des Fohlen-Ensembles tatsächlich zu nehmen ist, darüber wird die Begegnung der Namenscousinen in Dortmund weiter Aufschluss geben. Ebenso wie das wuchtige weitere Programm der Gladbacher bis zum 10. November: In der Europa League trifft das Team von Marco Rose zwei Mal auf die AS Rom, muss im DFB-Pokal erneut beim BVB antreten und spielt in der Liga gegen Frankfurt, in Leverkusen und gegen Bremen.
„Wir haben noch sehr viel Arbeit, aber die nehmen wir gerne an – und das ist das Wichtigste“, sagt der neue Übungsleiter Rose, der im Sommer aus Salzburg zur Borussia kam, um dort das gepflegte Ballbesitzspiel der letzten Jahre in eine fulminantere, athletischere Version umzumodeln. Das klappte bislang selten perfekt, speziell in der Europa League gegen den Wolfsberger AC (0:4) und bei Basaksehir Istanbul (1:1) sogar auffallend schlecht, vor der Länderspielpause beim 5:1 gegen Augsburg dafür dann richtig gut.
Klare Sinne
„Da war vieles so, wie wir uns das vorstellen. Wir hatten Lust, Fußball zu spielen. Und die Mannschaft merkt, dass die Dinge, die Marco Rose und sein Trainerteam vorgeben, funktionieren“, sagt Sportdirektor Max Eberl, der den aktuellen „Rückenwind“ liebend gerne mitnehmen möchte, zugleich jedoch relativiert: „Wir lassen uns davon nicht die Sinne vernebeln.“
Gewarnt sind die Borussen schließlich vor sich selbst: Im Vorjahr standen sie nach sieben Runden ähnlich gut da wie jetzt, hatten nur zwei Punkte weniger und drei Gegentreffer mehr auf dem Konto, kippten von Rang zwei kurz vor und kurz nach der Winterpause im Endklassement aber noch auf Platz fünf ab.
Plea-Revival
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An den Herbst 2018 erinnert auch die starke Frühform von Mittelstürmer Alassane Plea, mit vier Treffern und fünf Torvorlagen hinter dem Münchner Robert Lewandowski momentan auf Rang zwei unter den Top-Scorern. Belohnt wurde der 26-Jährige gerade mit der zweiten Einladung ins Nationalteam von Weltmeister Frankreich, zu seinem zweiten Länderspiel kam er in der EM-Qualifikation in Island und gegen die Türkei allerdings nicht.
Immerhin: So blieben Kräfte frei für das Alltagsgeschäft. Und gerade nach der Rückkehr von Kapitän Lars Stindl wird es spannend sein zu beobachten, wie Rose die luxuriöse Lage in seiner Offensive moderiert: Dort erhielt Plea zuletzt tatkräftige Unterstützung von den robusten Sommereinkäufen Marcus Thuram und Breel Embolo, gegen Augsburg brillierte er zudem im Zusammenspiel mit dem aus der Versenkung aufgetauchten Patrick Herrmann.
Unbeirrt nach oben
Neben der neuen Wucht im Angriff, den rasch integrierten Neuzugängen (allen voran dem mit Rose aus Salzburg gekommenen Rechtsverteidiger Stefan Lainer), der im Vergleich zum vergangenen Jahr stabileren Defensive und stark in die Saison gestarteten Mittelfeldakteuren wie Denis Zakaria und Laszlo Benes fällt auf, dass sich die Gladbacher von schwachen Partien wie gegen Wolfsberg oder Istanbul nicht beirren ließen. Stattdessen folgten den Enttäuschungen jeweils Heimsiege – vorübergehend gekrönt mit dem Platz an der Liga-Sonne.
„Solche Chancen zu nutzen, haben wir in der Vergangenheit nicht geschafft – diesmal schon“, betont Sportchef Eberl stolz. Und eingelöst war damit auch das berufliche Credo des neuen Übungsleiters. „Unsere Aufgabe ist es“, teilt Marco Rose lächelnd mit, „immer zu versuchen, Freude zu erzeugen.“