Nach dem 5:0 gegen Freiburg im ersten Spiel von Rückkehrer Heynckes herrscht beim FC Bayern Freude über die positiven Effekte seiner Veränderungen - die Münchner geben sich aber auch zurecht selbstkritisch.
Empfangen worden war Jupp Heynckes mit einem Jubel und „Jupp-Jupp-Jupp“-Rufen, die beinahe schon einer Huldigung eines Heiligen gleichkamen. Den Schauplatz seiner Rückkehr auf die Bundesliga-Bühne verließ der Trainer des FC Bayern mit einer krächzenden Stimme, als habe er seinen gelungenen Einstand in seine vierte Münchner Amtszeit selbst durchgehend besungen. „Es war unheimlich wichtig, einen guten Start zu haben“, sagte Heynckes später heiser, „aber man sollte nicht sagen, dass jetzt alles wunderbar ist.“
Heynckes hatte sehr wohl gesehen, dass „noch viel Arbeit“ auf seiner Mission bis zum Saisonende auf ihn und seine Mannschaft wartet. Trotz des klaren 5:0 (2:0) gegen den SC Freiburg in einem Spiel, in dem erste Effekte durch den Trainerwechsel vom beurlaubten Carlo Ancelotti zu Heynckes sichtbar geworden waren. Aber eben auch ein paar Schwächen, die sich unter seinem Vorgänger eingeschlichen hatten und wenig überraschend noch nicht ganz abgestellt sind.
Dennoch überwog bei den Bayern nach dem ersten Spiel von Heynckes nach viereinhalb Jahren im Ruhestand die Freude über die positiven Veränderungen. „So haben wir uns das ausgemalt“, sagte Innenverteidiger Mats Hummels. Zwar seien „ein paar Wackler zwischendurch“ zu beklagen, „aber das große Ganze hat gepasst. Einer war für den anderen da. Es hat Spaß gemacht.“
"Nicht alles rosig"
Auf den Weg gebracht worden war der erste Sieg nach drei Spielen ohne Dreier durch ein Eigentor von Freiburgs Kapitän Julian Schuster (8.), dem ein derartiges Missgeschick schon im Spiel zuvor gegen die TSG Hoffenheim unterlaufen war. Kingsley Coman erhöhte noch vor der Pause auf 2:0 (42.), in der letzten halben Stunde trafen noch Thiago Alcántara (63.), Robert Lewandowski (75.) und Joshua Kimmich per Hackentrick (90.+3). Ein Einstand also fast wie gemalt für Heynckes. Oder doch nicht? „Ich denke nicht, dass alles rosig war. Gerade im Defensivverbund müssen wir noch besser zusammenspielen“, befand Rechtsverteidiger Kimmich selbstkritisch.
Nicht besser als „ganz okay“ bewertete gar sein 72 Jahre alter Trainer den Auftritt, wenngleich ein Aufschwung unverkennbar gewesen war. Besonders in der zweiten Halbzeit, in der die Bayern durchweg dominierten. „So stelle ich mir das vor“, sagte Heynckes.
In memoriam 2013
Für all jene, die sich von seiner Rückkehr gleich eine rauschhafte Gala versprochen hatten, könnte der eine Stunde lang doch etwas beschwerliche Einstand fast eine kleine Enttäuschung gewesen sein. Viele andere Erwartungen hingegen, die mit Heynckes verbunden waren, hatten sich erfüllt. Angefangen bei der Startformation, die wie eine Reminiszenz ans Jahr des Triplegewinns daherkam. Bis auf Rafinha und Ersatztorwart Tom Starke fanden sich alle verfügbaren Spieler aus dem Finale der Champions League von 2013 in der Startelf wieder, also Jérôme Boateng, David Alaba, Javier Martínez, Arjen Robben und Thomas Müller.
Auch die Spielanlage erinnerte stark an die damalige Saison. Wie damals gab Martínez mit leidenschaftlichem Einsatz den Balldieb vor der Viererkette und ließ sich zuweilen im Aufbau hinter die Innenverteidiger Boateng und Hummels fallen. Wie damals ordnete Heynckes ein flexibles Angriffsspiel an, in dem vor allem Robben häufig seine angestammte rechte Außenbahn verließ. Und wie damals stand alles unter dem Motto „kontrollierte Offensive“. Die finale Zuspitzung geriet zwar noch ausbaufähig. Doch sonst? Frühes Anlaufen war zu beobachten, insgesamt mehr Bewegung, Spielfreude und Stabilität sowie Martínez als einziger Sechser, der nun allerdings mit einer Schulterverletzung längere Zeit ausfallen könnte. Eine Diagnose steht noch aus, doch für das Champions-League-Spiel gegen Celtic Glasgow am Mittwoch dürfte es in jedem Fall eng werden.
Herausgekommen war gegen Freiburg ein Spiel, das die Bayern fast durchgehend dominierten. Ein paar Reminiszenzen an die zuletzt ziemlich betrübliche Zeit unter Ancelotti schimmerten an diesem goldenen Oktobertag aus Münchner Sicht allerdings schon durch in Heynckes‘ Retro-Gemälde. Wie bei jenen Großchancen von Ryan Kent und Mike Franzt, die jeweils von Münchner Fehlern profitiert hatten. „Im Fußball gibt es keine perfekten Spiele, aber wir haben es ganz gut gemacht“, befand Müller. Die nun zu erwartenden Lobeshymnen werde man aber „nicht mitsingen“.
Ein ordentlicher Anfang war Heynckes‘ Einstand, mehr nicht, so ordneten Müller und Kollegen diesen ein. Ganz so, wie ihr Trainer. Heiser, aber durchaus zufrieden.