Am Wochenende könnte der vorerst letzte Grand Prix auf dem Hockenheimring über die Bühne gehen und Aushängeschild Sebastian Vettel wird zudem in der heutigen Formel 1 immer unglücklicher - die deutsche Formel-1-Zukunft sieht nicht besonders rosig aus.
Ausgerechnet bei seinem Heim-GP in Hockenheim begann 2018 für Sebastian Vettel mit seinem Ausrutscher, in Führung liegend, jene Negativ-Serie, aus der der Heppenheimer im Moment schwer wieder heraus zu kommen scheint. Wobei dafür einige Faktoren zusammenspielen - vieles aber auf einen gemeinsamen Nenner hinausläuft. Den, dass sich Vettel in der heutigen Formel 1 nicht mehr wirklich wohl fühlt.
Bei Ferrari nicht - aus verschiedenen Gründen. Vor allem, weil er merkt, dass vieles nicht in seine Richtung läuft. Die Änderungen am Auto seit Frankreich kommen seinem Fahrstil immer weniger entgegen. Er braucht ein stabiles Heck, die Versuche, den Ferrari dadurch schneller zu machen, dass man mehr Anpressdruck auf die Vorderachse bringt, bewirken das Gegenteil. Vettel spürt natürlich auch, dass der politische Einfluss von Leclerc-Manager Nicolas Todt, mit Vater Jean, dem FIA-Präsidenten im Hintergrund, Wirkung zeigt. Und dass Teamchef Mattia Binotto, bei allen öffentlichen Bekenntnissen zum viermaligen Weltmeister, nicht unbedingt stark genug ist, sich dagegen zu stellen.
Fahrer als Marionetten
Jonathan Wheatley, der Teammanager von Red Bull, der nicht nur dort mit Vettel, sondern im Laufe seiner Kariere anderswo auch schon mit Michael Schumacher und Fernando Alonso gearbeitet hat, betont: "Jeder Fahrer ist anders. Schumacher und Alonso war das völlig egal, wie die Stimmung im Team war, ob sie gemocht wurden. Die haben auch im Hintergrund heftig Politik gemacht, um ihre Interessen durchzusetzen. Sebastian ist anders, er braucht die Nestwärme, ist sehr sensibel. Das sieht man auch an anderen Dingen. Wie er mit seiner Frau und seinen Kindern umgeht. Oder wenn jemand so eine Rede schreiben und halten kann wie die in Silverstone zum Gedenken an Charlie Whiting."
Wobei gerade der Umgang mit dieser Rede ein gutes Beispiel dafür ist, warum sich Vettel auch generell in der heutigen Formel 1 nicht mehr zu Hause fühlt: Absprache war gewesen: Für einen internen Gedenk-Event, privat, ohne Berichterstattung darüber. Alle Medien hielten sich daran. Bis die Formel-1-Verantwortlichen selbst das Video davon auf ihrer eigenen Website online stellten. Fahrer, die gerade neben der Strecke nur noch Marionetten sind, ob in so einem Fall oder wenn das eigene Team ihnen Aussagen zu komplexeren Themen geradezu verbietet auf der einen Seite, dann ein technisches Reglement, das durch Benzin- und Reifenlimitierungen, zusammen mit den sehr schweren Autos, im Rennen oft viel zu viel Kalkulieren statt Fahren am Limit erfordern, die vielen Diskussionen über Strafen in den letzten Jahren: Oft genug hat Sebastian Vettel relativ deutlich gesagt, wie sehr ihm all das die Freude an der Formel 1 raubt. Und wirkliche Besserung ist da auch mit den neuen Regeln nicht in Sicht.
Rücktritt nach 2020?
Bleibt die Frage nach den Konsequenzen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff glaubt: "Vettel wird sich aus dieser Grube wieder heraus kämpfen. Dafür ist er ein viermaliger Weltmeister." Von einem vorzeitigen Rücktritt - vor Ende 2020, wenn sein Ferrari-Vertrag ausläuft - will auch der Heppenheimer nichts wissen. Was danach passiert - ist freilich noch nicht entschieden.
Würde er sich aus der Formel 1 zurückziehen, wäre das ein weiterer Schlag ins Kontor der deutschen Formel-1-Zukunft. Nico Hülkenberg hat noch nicht einmal einen gesicherten Vertrag für 2020, im Nachwuchsbereich sieht es hinter Mick Schumacher, der aber wohl auch frühestens 2021 sein F1-Debüt feiern wird, ziemlich düster aus.
Schlechte Chancen für Hockenheim
Und die Chancen, dass der Grand Prix von Deutschland nach diesem Jahr noch einmal in den Kalender zurückkehrt, sind momentan auch nicht besonders groß. Das alte Problem der Finanzierung, das jedes Jahr wieder auftaucht - und dazu die neuen Rennen, die in den Kalender drängen, wie Zandvoort und Vietnam für 2020. Dass Hockenheim für 2019 überhaupt noch einmal ein Rennen bekam, war ja auch nur der Tatsache geschuldet, dass die Formel-1-Bosse von Liberty Media ihren gewünschten zweiten US-GP in Miami gegen die Widerstände der dortigen Anwohner nicht durchsetzen konnten.
Ein Rotationsprinzip etwa zwischen Deutschland und Spanien, wie es Noch-Hockenheimring-Geschäftsführer Georg Seiler, der Ende August in den Ruhestand geht, angedacht hat, ist ja prinzipiell keine so schlechte Idee, sie hat nur einen Haken: Im Moment scheint keines dieser beiden Rennen eine Zukunft zu haben. Und andere Traditionsstrecken wie Silverstone oder Monza, die ihre Verträge gerade verlängert haben oder dabei sind zu verlängern, wollen sehr wohl jährlicher Ausrichter bleiben. Die Idee von Liberty Media, irgendwann 25 Rennen im Jahr zu fahren, ist auch nicht die Lösung: Logistisch gerade für die kleinen Teams kaum zu stemmen - und mit der großen Gefahr der Übersättigung bei den Fans.