Bei der WM in Südkorea haben Deutschlands Beckenschwimmer ihre Medaillenausbeute im Vergleich zu 2017 verdoppelt. Vorzeigemann Florian Wellbrock gelingt zum Abschluss ein Sieg über den eigenen Kopf – die große Nagelprobe steht aber erst bei den Olympischen Spielen in Tokio an.
Der Lärmpegel, den die deutschen Beckenschwimmer am letzten Finalabend in Gwangju bei ihrer Unterstützung für Florian Wellbrock erreichten, war enorm. Beim Adressaten kamen die unentwegten Anfeuerungsrufe von der Tribüne dennoch nicht an. Leider sei das so, selbst wenn die Halle abgehe, erwähnte Wellbrock. Gleichzeitig sagte der meist sehr gefasste gebürtige Bremer nach seinem WM-Sieg über 1500 Meter Freistil, auch so ganz allein im Wasser sei das Gefühl „unbeschreiblich schön“ gewesen.
Unerwarteter Einbruch
Ein wichtiger Hinweis des 21-Jährigen, auch mit Blick auf Olympia 2020. Denn ähnlich wie jetzt bei den Weltmeisterschaften wird ihn die Rolle als potenzieller Retter des deutschen Schwimmsports auch nach Tokio begleiten.
Mit diesem Druck könne er umgehen, sagt Wellbrock prinzipiell. In Südkorea gab’s zwischen seinen WM-Titeln im Freiwasser auf den olympischen zehn Kilometern und den eineinhalb Kilometern im Pool allerdings einen unerwarteten Einbruch – mit dem Vorlauf-Aus über 800 Meter Freistil.
Warnende Beispiele
„Kopfmäßig schwierig“ sei das gewesen, räumte Deutschlands schnellster Wassermann ein – nachdem er das Durcheinander im Kopf erfolgreich sortiert hatte. Doch gerade bei Olympia relativiert sich vieles oft sehr rasch.
Das wissen vor allem die Beckenschwimmer des DSV, die zum Beispiel 2012 mit Paul Biedermann einen doppelten Medaillenkandidaten oder 2016 mit Marco Koch einen amtierenden Weltmeister in der Mannschaft hatten. Zwei Nullnummern gab es bei den Spielen in London und Rio trotzdem.
Dreimal Vierter
Vorzeigesportlern wie aktuell Florian Wellbrock tatkräftige Teamkollegen zur Seite stellen zu können, wird beim Spektakel um die fünf Ringe in einem Jahr von großer Bedeutung sein. Den entscheidenden Schritt aufs Siegertreppchen schaffte in der WM-Halle von Gwangju neben Wellbrock nur dessen Freundin Sarah Köhler – als Zweite über 1500 Meter.
Als „etwas bitter“ bezeichnete Teamchef Bernd Berkhahn die Edelmetallbilanz angesichts von drei vierten Plätzen deshalb fürs Erste – und betonte: „Da müssen wir einfach besser werden.“
Mehr Kilometer
An der verpassten Medaille über 200 Meter Schmetterling zu knabbern hatte vor allem Franziska Hentke. Lagenspezialist Philip Heintz („Ich bin wieder der, der sagt, dass ich das Ding nächstes Jahr gewinnen werde“) und Brustschwimmer Marco Koch („Wenn wir so weitermachen, wird es richtig gut“) reisten nach Rang vier und fünf auf ihren 200-Meter-Strecken dagegen mit guten Zeiten und viel Zuversicht aus Asien ab.
Sowohl Koch, der in Frankfurt nach den Vorgaben des früheren DSV-Chefcoachs Henning Lambertz trainiert, wie auch Heintz, dessen Fokus bei der WM auf den 400 Meter Lagen – eigentlich seine Nebenstrecke – lag, forcierten in den zurückliegenden Monaten ihr Ausdauerprogramm. Und auch Langstreckenexpertin Sarah Köhler, im Herbst 2018 aus Heidelberg zu Wellbrock-Coach Berkhahn nach Magdeburg gewechselt, erklärt im Gespräch mit heute.de: „Ich mache jetzt ein bisschen mehr Kilometer.“
Stimmungsaufschwung hält an
Ihre Medaillenausbeute haben Deutschlands Beckenschwimmer im Vergleich zur letzten WM nun gerade verdoppelt – von einer auf zwei. Die Anzahl der Finalteilnahmen erhöhte sich von fünf auf 14. Allerdings waren 2017 in Budapest auch nur halb so viele DSV-Starter dabei wie diesmal. Wegen der extrem strengen Qualifikations-Normen, die der damalige Chefbundestrainer Lambertz angesetzt hatte.
Der Stimmungsaufschwung im DSV-Team, der übrigens auch schon – noch unter Lambertz – bei der EM im Vorjahr in Glasgow zu erkennen war, bleibt also bis auf Weiteres relativ. Richtig spannend wird es dann im nächsten Sommer in Tokio. Wieder einmal.