Die WM-Titel an Lewis Hamilton und Mercedes waren frühzeitig vergeben, Sebastian Vettel grüßt immerhin als Vize-Weltmeister. Auch im Reigen der Aufreger des Jahres sind beide Parteien gut vertreten.
Vettels "größter Fehler"
Kein Ereignis der Saison machte so viele Schlagzeilen wie eine Kollision bei Tempo 40 beim Großen Preis von Aserbaidschan: Weil er sich von Lewis Hamilton vor einem Re-Start nach einer Safety-Car-Phase unfair behindert fühlte, fuhr Sebastian Vettel in Baku dem Briten mal kurz seitlich ans Auto, als deutlicher Hinweis: "Nicht mit mir!"
Sicher eine Überreaktion, aber nicht ganz unverständlich - Hamilton hatte ihn mit massivem Gas-Wegnehmen oder sogar überraschendem kurzem Antippen der Bremse bewusst provoziert. Vettel kam mit einer Zehn-Sekunden-Strafe, folgender Entschuldigung und ein paar "Sozialstunden" für die FIA davon, sieht die Aktion im Rückblick aber selbstkritisch: "Mein größter Fehler in diesem Jahr."
Ferraris Pleiten, Pech und Pannen in Asien
Nach einer für viele überraschend starken ersten Saisonhälfte verspielte Ferrari in den drei Asienrennen die WM-Chancen von Sebastian Vettel. Es begann mit dem Dreiercrash in Singapur, zwischen Vettel, Verstappen und Räikkönen, der bei einer klareren Ansage zwischen den beiden Ferrari-Piloten vielleicht zu vermeiden gewesen wäre.
Schließlich war es Räikkönen, der von hinten kommend als einziger die Übersicht hatte, aber nicht zurücksteckte und so letztlich seinen um den Titel fahrenden Teamkollegen in Schwierigkeiten brachte. Es folgten massive technische Probleme am Vettel-Ferrari im Qualifying in Malaysia und im Rennen in Japan - insgesamt kostete das alles den Deutschen über 50 WM-Punkte.
Hamiltons Glanzform
Vor allem nach der Sommerpause präsentierte sich Lewis Hamilton in Glanzform, holte aus dem nicht immer einfach abzustimmenden und zu fahrenden Mercedes-Silberpfeil das Optimale heraus.
Der Vergleich mit seinem Teamkollegen Valtteri Bottas, der dagegen deutlich abfiel, ist der beste Beweis für die enorme Klasse, die der Brite an den Tag legte. Der vierte WM-Titel seiner Karriere war die verdiente Belohnung. "Nur durch Lewis sind wir dieses Jahr wieder Weltmeister geworden", sagt Niki Lauda.
Die neuen Autos
Schneller, aggressiver, fordernder: Die neue Generation der Formel-1-Autos 2017 bestand ihre Bewährungsprobe: Vor allem die Fahrer freuten sich über höhere Kurvengeschwindigkeiten, die eine neue Herausforderung darstellten.
"Schon ganz schön schnell, zumindest einige Kurven wie in Silverstone, Spa oder Suzuka", urteilt Nico Hülkenberg. "Zu schnell? Nein, sicher nicht - die Grenze der menschlichen Leistungsfähigkeit ist noch nicht erreicht."
Der Rausschmiss von Bernie Ecclestone
Schon vor Saisonbeginn sorgten die neuen Formel-1-Besitzer von Liberty Media für klare Verhältnisse, entmachteten den langjährigen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone endgültig. Der versucht seitdem, immer wieder aus der Ferne Störfeuer zu veranstalten und den neuen Chefs um Chase Carey in die Suppe zu spucken.
Der teaminterne Fight bei Force India
Die Autos sind zwar rosa - das heißt aber nicht, dass die beiden Fahrer sanft wie kleine Mädchen miteinander umgehen. So oft und so heftig wie die Force-India-Piloten Sergio Perez und Esteban Ocon gerieten keine anderen Teamkollegen aneinander, fuhren sich immer wieder gegenseitig ins Auto.
Mehrfach, etwa in Baku und in Spa, wo Ocon Perez nachher sogar über Twitter einen "Mordversuch" vorwarf, kostete das Team mehrfach wertvolle Punkte. Bis schließlich die Teamführung eingriff und eindeutige Nicht-Angriffs-Regeln einführte, an die sich die beiden dann erstaunlicherweise auch mehr oder weniger hielten.
Teamchefin verlässt Sauber
Die Teamchefin mit den österreichisch-indischen Wurzeln und die schwedischen Teambesitzer, die sie selbst 2016 als Sauber-Retter an Bord geholt hatte, trennten sich im Sommer.
Verschiedene Differenzen eskalierten vor allem deshalb, weil Monisha Kaltenborn nicht mehr bereit war, die teaminterne Bevorzugung des Schweden Marcus Ericsson gegenüber Pascal Wehrlein hinzunehmen, die nach einigen Glanzleistungen des Deutschen massiv geworden war.
Sticht Kubica Wehrlein aus?
Der einzige noch "offene" Aufreger: Williams will anscheinend unbedingt dem Polen Robert Kubica sieben Jahre nach dessen schwerem Rallye-Unfall zu einem Comeback verhelfen. Vor allem natürlich eine PR-Aktion, weil sich die Story gut verkaufen lässt. 12 Millionen Euro Sponsorgeld bringt Kubica außerdem mit.
Ob Kubica wirklich noch in der Lage ist, absolute Top-Leistungen zu bringen, ob er mit der immer noch stark eingeschränkten Kraft und Beweglichkeit seines rechten Arms sogar zum Sicherheitsrisiko werden könnte, wie Experten von Jacques Villeneuve bis Marc Surer befürchten, scheint dabei eher zweitrangig. Besonders ärgerlich ist das alles für Pascal Wehrlein: Ginge es rein nach Leistung, müsste er der einzig logische Kandidat für das zweite Williams-Cockpit 2018 sein.