ZDFsport.de: Herr Sturm, nach dem Viertelfinal-Aus gegen Eishockey-Weltmacht Russland bei der WM im Vorjahr überraschten Sie mit der Aussage, irgendwann müsse man auch solche Spiele gewinnen. Setzen Sie die Ansprüche da nicht etwas zu hoch an?
Marco Sturm: Es stimmt: Die russische Mannschaft war haushoher Favorit, sie waren besser als wir. Aber ich habe schon als Spieler immer gesagt: Man muss Ziele haben. Wenn man keine Ziele hat, kann man auch nicht besser werden. Unser Problem war: Wir haben eine wirklich tolle Vorrunde gespielt und waren eigentlich damit schon zufrieden. Und deswegen habe ich gesagt: Nein, wir Trainer waren nicht zufrieden. Wir wollen mehr und das wollen wir unseren Spielern auch vermitteln.
ZDFsport.de: Was ist Ihre Zielsetzung für die WM vor heimischen Publikum?
Marco Sturm: Ich will jedes Spiel gewinnen, egal ob gegen Italien oder Russland. Aber wir haben eine sehr schwere Gruppe. Zu Hause ist es mit Sicherheit ein anderer Druck. Man muss sehen, wie die Mannschaft das verkraftet. Aber wir sind positiv und freuen uns auf die WM. Mein Ziel ist es, dass wir von Weltranglisten-Platz zehn weiter nach oben klettern.
ZDFsport.de: Bei der WM werden Ihnen in jedem Fall die NHL-Spieler Thomas Greiss, Dennis Seidenberg und Tobias Rieder zur Verfügung stehen, eventuell auch noch weitere Leistungsträger wie Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers. Wie sehr hängt der Erfolg von diesen Akteuren ab?
Marco Sturm: Sie können ein großer Faktor werden. Deswegen spielen sie in der NHL, weil sie zu den besten Spielern gehören, nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Wir wissen haargenau: Die geben uns noch mal den Schwung und eine gewisse Sicherheit, so wie unser Torhüter Thomas Greiss im Vorjahr. Auch Leon Draisaitl ist enorm wichtig. Zuletzt war er mit Abstand unser bester Spieler, unser Leader – und das mit 21. Da muss ich sagen: Hut ab!
ZDFsport.de: Wie viele Ihrer Vorgänger haben auch Sie die Ausbildung des deutschen Eishockey-Nachwuchses kritisiert. Wie kommt es, dass Deutschland dennoch immer wieder einzelne Weltklassespieler hervorbringt?
Marco Sturm: Das ist schwierig zu beantworten. Es gibt gewisse Sachen, die kann man auch als Kind nicht lernen. Man hat es oder man hat es nicht. Und das sind dann eben Ausnahmetalente, und wenn man die richtig fördert, dann kommt eben ein Draisaitl oder ein Rieder dabei heraus. Momentan kommen weniger solche Talente nach. Deswegen müssen wir in der Ausbildung wieder mehr anschieben.