Nach geglücktem Saisonstart drohen die Gladbacher sich selbst etwas zu verlieren: Offensivgeist und Aufgewecktheit fielen zuletzt in ein unbekanntes Loch, für die Wiederentdeckung im Spiel bei RB Leipzig hebt ein Mann deshalb nun gezielt die Hand.
Wenn Jonas Hofmann über seinen derzeitigen Trainer spricht, liegt in seinem Blick oft ein spezielles Funkeln. Im Abstand von einem Jahr kamen der gebürtige Heidelberger und Dieter Hecking nach Gladbach: Hofmann, in Dortmund meist auf dem Abstellgleis, im Januar 2016. Hecking im Januar 2017 – zweieinhalb Monate nach seiner Entlassung in Wolfsburg. Und schon bald erkannte der 25-jährige Spieler beim 28 Jahre älteren Fußballlehrer: „Er ist vom Kopf her ähnlich gestrickt wie ich.“
Verbales Vorpreschen
Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit: Hecking hatte Hofmann schon im Auge, als der noch beim BVB war oder von den Westfalen gerade an Mainz entliehen war. „Wenn du den einmal kriegen kannst, hast du einen Guten“, dachte sich der Coach damals. Jetzt hat er ihn in seinem Team – und das nicht nur mit dem bekannt höflichen, sondern neuerdings auch mit einem etwas vorlauten Mundwerk.
Aufgrund seiner Leistungen in den Testspielen habe er einen Platz in der Startelf verdient, erklärte Hofmann nach dem 5:1 im Freundschaftsmatch gegen Venlo unter der Woche frank und frei. Das fruchtlose, um sich selbst kreisende Offensivspiel der Gladbacher, besonders augenfällig beim jüngsten 0:1 gegen Frankfurt, dürfte ihm das verbale Vorpreschen erleichtert haben. Zudem glaubt Hofmann für die Partie in Leipzig gute Argumente auf seiner Seite zu haben.
Viel Aufwand, wenig Wirkung
Seine Analyse: Der angriffslustige Stil von RB käme der Borussia deutlich gelegener als das Defensiv-Mantra der Eintracht. Daher lautet Hofmanns Empfehlung an Hecking: „Mit meiner Schnelligkeit und unseren Läufen in die Tiefe können wir Leipzig packen.“ Eine offene Bewerbung des früheren Handballers, der – in der vergangenen Rückrunde noch Stammkraft – beim Einstieg in diese Saison etwas ins Hintertreffen geriet.
Der Moment für eine mutige Wortmeldung war nach dem erkennbaren Kreativitätsschwund der Gladbacher in den Spielen gegen Frankfurt und zuvor in Augsburg günstig. Zumal auch Abwehrchef Jannik Vestergaard bei der Beobachtung seiner Vorderleute gegen Frankfurt erkannte: „Wir müssen einsehen, dass wir nicht genug aus unserem vielen Ballbesitz gemacht haben.“
Grassierende Schlafmützigkeit
Die aufreibende Ziellosigkeit der technisch hochbegabten Herren Raffael, Hazard oder Stindl („Wir müssen im letzten Spielfelddrittel durchschlagskräftiger werden“) sind die eine Krux. Sorgen bereitet den Verantwortlichen aber auch eine neuerdings grassierende Schlafmützigkeit: Beim 2:2 in Augsburg lagen die Niederrheinischen schon nach 35 Sekunden zurück. Gegen Frankfurt verhinderte nur eine unbedachte Fußbewegung von Eintracht-Mann Kevin-Prince Boateng (der im Abseits stand) das 0:1 nach 41 Sekunden.
„Das schmeckt mir überhaupt nicht“, schnarrt Dieter Hecking über den krassen Qualitätsverlust in einer Kategorie, in der seine Mannschaft im Vorjahr noch zu den Besten zählte. Auch vom einstigen Offensivfuror ist aktuell wenig übrig: Die bisherigen drei Borussen-Treffer in dieser Bundesligasaison erzielten Nico Elvedi, Denis Zakaria und Oscar Wendt – allesamt Defensivspieler.
Gegen Frankfurt hingegen besonders harmlos: Patrick Herrmann und Thorgan Hazard auf den Außenbahnen. Hecking-Sympathisant Hofmann darf sich also Hoffnungen machen, mit seinem forschen Antrag Gehör zu finden.