Technisches Teufelszeug, chinesische Medizin, demütige Bayern und mutige Funktionäre – die kommende Bundesliga-Saison wartet schon jetzt mit einigen Neuerungen auf, die auch abseits des Platzes für hohen Unterhaltungswert sorgen werden. Eine kleine Vorschau.
Ganz neue Töne sind kurz vorm Saisonbeginn vom Branchenführer zu hören. Kaum ist Uli Hoeneß wieder da, wird der FC Bayern demütig. „James hatte laut Transfermarkt einen Wert von 50 Millionen. Davon sind wir zumindest in den nächsten zwei Jahren sehr weit entfernt“, begründet Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, warum der Kolumbianer nur geliehen und nicht gekauft werden konnte. Und gibt nebenbei zu, dass er auch ins Internet gucken muss, um die Ablösesummen von begehrten Spielern in Erfahrung zu bringen.
Revolution
Ganz andere Sorgen hat man im Ruhrpott. Dort färbt das ausgeprägte Klassenbewusstsein der Kumpel auf die Genossen über Tage ab. Der Versuch des jungen Revolutionärs „Ché“ Dembele, das Streikrecht für unterbezahle Kicker zu erkämpfen, scheiterte zwar am erbitterten Widerstand von General Watzke- aber Aubameyang und Co. arbeiten im Untergrund sicher schon an einem neuen Vorstoß.
Doch Rettung naht – wie immer in Form der Volksfront DFL/DFB/TV. Endlich werden alle Kanäle ausgeschöpft, um auch deutschen Fußballklubs bald so viel Geld zahlen zu können, damit ihren unterbezahlten Spielern nicht nur die Lust auf Streik, sondern auch auf Sonne und Strandleben an der Costa Brava vergeht. Nach Free TV, Pay TV, Pay per View nun also auch Pay per Stream.
Blauer Dienstag
Endlich kann der technikaffine Fußballfan alles rausholen, was der Fachhandel ihm schon längst angedreht hat. Der reiseaffine Fan macht jetzt nicht nur freitags, sondern hin und wieder sogar bis Dienstagmittag blau, um seine Mannschaft ans andere Ende der Republik zu begleiten. Und lärmgeplagte Nichtfans jubeln, weil sich die Kneipe nebenan Fußball nicht mehr leisten kann. Da ist doch für alle was dabei.
Bei soviel Mut zur Zukunft setzt die Bundesliga noch einen drauf und eine sensationelle technische Neuerung ein: Video. Die Einführung dieses Teufelszeug erinnert stark an die Geschwindigkeit, mit der die Automobilindustrie hierzulande in den letzten Jahrzehnten die Elektro-Mobilität vorangetrieben hat.
Wer den Schiri-Kapazitäten Krug und Heynemann letzte Woche im Experten-Talk dabei zugesehen hat, wie sie versuchten, sich und den Zuschauern zu erklären, wie und wann der Videobeweis zu Rate gezogen werden kann, freut sich schon jetzt auf eine lustige Saison. Deren Meister wird wahrscheinlich auf dem Rechtsweg festgelegt und am Ende steht die Forderung nach im Stadion anwesenden Schnellgerichten, die an Ort und Stelle über die ordnungsgemäße Ziehung des Videobeweises entscheiden können.
Bibiana und der Videobeweis
Mit weniger Spektakel verbunden ist die zweite große Neuerung im Schiedsrichterwesen: der erste Einsatz einer Schiedsrichterin in der ersten Liga. 47 Jahre nach Aufhebung des Fußballverbotes für Frauen ein weiterer mutiger Schritt des DFB!
Einen anderen Trend hat die Saisonvorbereitung gezeigt. Überlebenstraining in schwedischen Wäldern – das war einmal. Statt Schinder mit Fremdenlegionserfahrung sind heute Yogalehrerinnen gefragt. Bis in die 2. Liga. „Nachdem das Testspiel (…) gewonnen werden konnte, folgten am gestrigen Sonntag mit lockerem Ausradeln und regenerativem Yoga ruhigere Einheiten“, hieß es etwa bei Eintracht Braunschweig. Verdutzte Beobachter sahen die „Löwen“ auf dem Rücken liegend ein mildes „Om“ schnurren, als machten sie ein Mittagsschläfchen in der Sonne der Serengeti.
Auch mal Nutella zum Frühstück
Mehr der chinesischen Medizin hat sich Werder Bremen zugewandt, um endlich mal nicht in den Abstiegskampf zu geraten. Doch während Klubs wie Bayern München sich aufopfern und das Reich der Mitte in überfüllten Bahnen und Bussen bereisen, um dem deutschen Fußball die Gunst der Staatskonzerne zu erobern, machen es sich die feinen Hanseaten mal wieder leicht und holen sich einfach einen chinesischen Stürmer nach Hause.
Der hilft im Moment zwar weder der Bundesliga-Mannschaft noch besitzt er eine Spielgenehmigung für die U23, ist aber rein zufällig der Sohn des Geschäftsführers eines der beiden chinesischen Sponsoren, die Werder für die neue Saison gewonnen hat. „Er hat unsere Fantasie angeregt“, sagt Trainer Alexander Nouri.
Viel Fantasie braucht man auch bei Hannover 96, um sich vorzustellen, wie Präsident Martin Kind und die Fans nach der bevorstehenden Übernahme des Klubs durch Kind wieder Frieden schließen können. Glücklicherweise ist wenigstens die Stimmung in der Mannschaft gut - dank der langen Leine von Trainer Andre Breitenreiter: „Man kann auch mal Nutella zum Frühstück essen“, sagt er, und: „Ob sie eine rauchen, das juckt mich auch nicht. Da bin ich völlig entspannt und gelassen“. Love and Peace für die neue Saison!