Während Top-Biathletin Laura Dahlmeier nur langsam in Fahrt kommt, hat die Umsteigerin Denise Herrmann in diesem Winter bereits zwei helle Leuchtraketen gezündet. Beim Weltcup in Annecy – Le Grand-Bornand könnte das Duo nun erstmals parallel glänzen. Das ZDF überträgt von Donnerstag bis Sonntag live.
Laura Dahlmeier liebt die Abwechslung. Als anspruchsvolle Hobby-Bergsteigerin blickte die 24-Jährige schon von Gipfeln im Kaukasus, in Nepal, Kalifornien oder in den Anden. Öfter mal was Neues lautet die Devise der umtriebigen Oberbayerin, deshalb kommt ihr die dritte Weltcupstation der Biathleten in diesem Winter nach dem mäßigen Einstieg in Hochfilzen gerade recht.
Urlaubsgefühle und Tränen
In Annecy - Le Grand-Bornand gastierte der Skijägertross zuletzt im Dezember 2013. Umso mehr freut Dahlmeier nun der seltene Zwischenstopp im Département Haute-Savoie im Osten Frankreichs. „Richtig cool“ fand sie es dort vor vier Jahren. Denn: „Der Weltcup findet quasi mitten im Ort statt – ohne großes Stadion, das Publikum steht auf einer Wiese mitten in den Bergen. Da kommen fast ein bisschen Urlaubsgefühle auf.“
Das emotionale Gegenstück erlebte die Garmischerin in der Vorwoche in Hochfilzen, dem Ort ihrer fünf WM-Siege vom Februar. Wegen einer Erkältung stieg Dahlmeier verspätet in die Saison ein, wurde in den ersten Einzelrennen nur 16. und Zehnte - woraufhin bei der erfolgsverwöhnten Biathletin ein paar Tränen kullerten.
In den Winter gerauscht
Den Stotterstart seiner absoluten Top-Athletin fand Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig „ganz normal und ordentlich“, erkannte aber auch: „Laura muss ihre aktuelle Form erst mal akzeptieren – das fällt ihr ein bisschen schwer.“ Der Coach selbst tat sich da leichter, kann er in seinem Team doch nun vorsichtig die ersehnte Doppelspitze vorweisen.
Denn im Gegensatz zu Dahlmeier („Ich hab‘ noch ein bisschen Luft nach oben“) rauschte Denise Herrmann regelrecht in den Winter. Die frühere Langläuferin, erst seit 20 Monaten auch mit Gewehr unterwegs, rutschte beim Saisonauftakt in Östersund auch dank Dahlmeiers Erkrankung ins deutsche Weltcupteam – und triumphierte in Sprint und Verfolgung.
Vergnügte Professionalität
„Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sie an die Weltspitze gekommen ist“, kommentierte Hönig. Gerade bei guten Bedingungen, so der 59-Jährige, sei die Umsteigerin aus dem Erzgebirge zu weiteren Husarenstreiche stets in der Lage. Aber man müsse wohl auch mit Rückschlägen rechnen. Und die kamen: Die dünnen Ergebnisse – und die schwierigen Wetterverhältnisse.
Auf der zweiten Weltcup-Station in Hochfilzen lief Herrmann in den Einzelrennen auf den Plätzen 28 und 25 ein. Doch es zeugte von ihrer Professionalität, dass sie den Einbruch am Schießstand nicht dem dichten Schneefall im Pillerseetal in die Schuhe schob. „Das lag nicht an den Bedingungen. Ich hab‘ zwischendurch versucht, mein Schießen noch mal neu aufzubauen – die Schüsse gingen aber trotzdem in die Prärie“, erklärte die 28-Jährige fast vergnügt.
Scharf auf ‘ne Challenge
Herrmanns sonniges Naturell befruchtet das deutsche Frauenteam – auch was das interne Konkurrenzbewusstsein angeht. Im Fahrwasser der Wahl-Ruhpoldingerin erfüllten inzwischen auch ihre Trainingskolleginnen Maren Hammerschmidt und Vanessa Hinz die Olympianorm, Franziska Hildebrand erreichte dieses Etappenziel als Allererste in der DSV-Equipe.
In Annecy – Le Grand-Bornand wird Laura Dahlmeier höchstwahrscheinlich als Fünfte dazu stoßen – und sich parallel dazu an der neuen Antreiberin in den eigenen Reihen erfreuen. Ebenso wie Denise Herrmann, die zur aktuellen Situation sagt: „Ich bin schon ein bisschen auf ‘ne Challenge aus, ich laufe gerne direkt Frau gegen Frau. Und Laura ist auch immer scharf drauf, mit mir im Training ein paar Sprints zu machen.“