Mitten im Leben: Chancen für Kinder mit Behinderung

Geeignete Förderung für Kinder mit Behinderung gibt es kaum. Die kleine Nichtregierungsorganisation "Karuna Battambang" durchbricht die Mauer aus Schweigen und Diskriminierung. Denn Menschen mit Behinderungen sollen endlich ein Leben in Würde führen können.

Eine behinderte Tochter oder einen Sohn mit Behinderung liebevoll zu behüten und zu fördern, ist für alle Eltern eine große Herausforderung. Besonders schwer ist es dort, wo behinderte Kinder und ihre Mütter gesellschaftlich stigmatisiert und ausgrenzt werden, wo Hilfe fehlt und ein Leben in Armut und Elend vorgezeichnet ist.

So erlebten es auch der kleine Sem Sath und seine Mutter aus dem Dorf Cheang Loung. Als der Junge 8 Monate alt ist, bekommt er hohes Fieber und Krämpfe bis zur Bewusstlosigkeit. Die Ärzte im 80 Kilometer entfernten Krankenhaus retten Sems Leben. Doch die Gehirnhautentzündung (Meningitis) hinterlässt schwere Beeinträchtigungen. Sems Vater gibt der jungen Mutter die Schuld und lässt sie mit dem Baby allein zurück. Ohne Einkommen, ohne Unterstützung. Bald reden die Menschen im Dorf schlecht über sie. Sie habe ihren Lebensmut verloren, sie verrückt und spreche mit sich selbst. Sie vernachlässige ihren Jungen, der weder krabbeln oder sprechen lerne. Die Freundin und Nachbarin Chea Chanva ruft Spezialisten von Karuna Battambang zu Hilfe. Die kleine Nichtregierungsorganisation betreibt die einzige Tagespflegeeinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in der gesamten Region. Eine Familientherapeutin gelingt es, Sems Mutter aus seelischer Erstarrung zu befreien – mit einem Entwicklungsplan für Mutter und Kind, der alles Wichtige umfasst: Von Hilfe mit Nahrungsmitteln bis zur fachkundigen Begleitung für Sem.

Seither blühen der behinderte Junge und seine Mutter sichtbar auf. Mit Hilfe einer Therapie lernt Sem, seine Hände und Füße zu gebrauchen, erobert sich Sprache und Wissen. All das so erfolgreich, dass er selbstständig die Grundschule besuchten kann. "Ich bin sehr stolz auf Sem", strahlt seine Mutter. "Er kann mit Zahlen umgehen, hilft mir beim Waschen der Wäsche. Nach der Schule spielt er mit den Kindern unserer Nachbarin. Ich bin so glücklich."

Unterstützt von Karuna Battambang legt Sems Mutter einen Gemüsegarten an und baut einen Hühnerstall. Statt Lebensmittelhilfe ernährt nun der Verkauf von Überschüssen und selbstgebackenem Kuchen die beiden. Bei Elterntreffen und Gemeindeveranstaltungen setzt sich die 45-Jährige großer Überzeugungskraft für Aufklärung darüber ein, wie sehr Vorurteile und Diskriminierung das Leben von Menschen mit Behinderungen erschweren und verletzen.

Wie wichtig solche Aufklärung ist, wissen auch die Mitarbeitenden von Karuna Battambang. Überzeugungsarbeit in Politik und Schulen ist für sie ein Schwerpunkt. Ebenso die Schulung von Ehrenamtlichen für mehr Aufklärung in Elterngruppen. Über 350 junge Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen werden in 5 Rehabilitationszentren und zu Hause stetig belgeitet und gefördert. Zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen ausgebildet werden und das erfolgreiche Projekt weiterwachsen.

Rund 65 Euro beträgt der Monatslohn einer Therapeutin, die auf die Bedürfnisse der behinderten Kinder und Jugendlichen gezielt eingeht und ihnen hilft, ihre Fähigkeiten und Talente zu entdecken und weiterzuentwickeln. Die Familien der Mädchen und Jungen werden gestärkt. Ebenso die Dorfgemeinschaften darin unterstützt, Menschen mit Behinderungen zu integrieren und ihnen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Diese Hilfe zur Selbsthilfe wirkt ein Leben lang.

Quelle: MISEREOR