Seit 1992 schreibt Grimme-Preisträger Leo P. Ard alias Jürgen Pomorin zahlreiche Drehbücher für Krimi-Reihen und -Serien wie "Balko", "Polizeiruf 110" und "Ein starkes Team". Wie auch viele andere seiner Drehbücher, schreibt er die Folgen zu "Ein starkes Team" in Zusammenarbeit mit Birgit Grosz. Im Folgenden reflektiert er über die Krimireihe, seine Arbeit und insbesondere die "krachende" 50ste Folge.
ZDF: Sie haben als Autoren-Duo mit Birgit Grosz bereits 17 Folgen "Ein starkes Team" geschrieben. Was war für Sie jetzt die Herausforderung bei der Jubiläumsfolge?
Leo P. Ard: Wir haben uns sehr gefreut, dass wir den Auftrag für die 50. Folge bekommen haben. "Ein starkes Team" war für uns immer eine der Lieblingsreihen, für die wir geschrieben haben. Wir haben ja auch andere Reihen und Stoffe für das ZDF entwickelt und geschrieben, aber jedes Mal, wenn es darum geht, ob wir wieder für "Ein starkes Team" schreiben dürfen, schreien wir ganz laut "JA"! Und die 50. Folge ist natürlich eine besondere Herausforderung und da sollte es richtig krachen.
ZDF: Was macht das 'starke Team' für Sie aus?
Ard: Das 'starke Team' besteht ja vor allem aus dem Dream Team Otto und Verena. Die beiden Schauspieler ergänzen sich wunderbar und genauso ihre Filmfiguren. Auf der einen Seite gibt es Verena, eine attraktive und kluge Frau und auf der anderen Seite Otto, der aus Ostberlin kommt und ein bisschen den Proll raushängen lässt. Der Zuschauer weiß nie genau, ob die beiden irgendwann im Laufe der Folgen etwas miteinander gehabt haben oder ob es dazu kommen wird. Als Autor macht es unheimlich viel Spaß, diese beiden Figuren zu bedienen, zumal es noch genügend andere Facetten in der Serie gibt. So den Chef Reddemann, der wunderbar gespielt wird von Arnfried Lerche, und auch Sputnik. Eine Figur, mit der man viel Spaß haben kann. Und für den wir uns jede Folge etwas Neues überlegen mussten, was er berufsmäßig gerade macht. Alles in Allem macht diese Mischung aus Spannung und Humor das Format "Ein starkes Team" aus und ist deshalb so erfolgreich.
ZDF: Es gibt auch andere Autoren, die für die Reihe schreiben. Wie viel Gestaltungsspielraum haben Sie, vor allem für die Hauptfiguren?
Ard: Der Vorteil bei solchen Reihen ist, dass die Figuren eigentlich feststehen. Sie entwickeln sich ein bisschen weiter oder ein bisschen zurück. Der Zuschauer liebt seine Helden und möchte gar nicht, dass große Veränderungen durchlebt werden. Insofern weiß man, wie Otto und Verena funktionieren. Es gibt gewisse Nuancen und Abweichungen, die man, wie in der 50. Folge, auch mal bis zum Extrem erzählen kann. Das aber muss man sich auch für ganz besondere Anlässe vorbehalten.
ZDF: Wenn Sie an einem neuen Fall schreiben, passiert es dann auch, wie man es von Romanautoren hört, dass sich die Figuren im Kopf verselbständigen?
Ard: Bei den Hauptfiguren passiert das eher selten, weil das Korsett dafür zu eng ist. Man weiß, wie die Figuren funktionieren und was der Zuschauer von ihnen erwartet. Aber es gibt ja noch viele andere Figuren im Film wie Mörder, Täter, Verdächtige und Opfer. Da kommt es gelegentlich vor, dass sie ein eigenes Leben bekommen. Plötzlich hat man eine gewisse Vorstellung, wie die Figuren funktionieren und was sie für Motive haben, um Taten zu begehen. Aber im Laufe des Schreibens oder auch während des Dialogs mit Regisseuren, Redakteuren, Producern und Schauspielern kommt noch ein ganzes Spektrum dazu. Da merkt man, dass die Figuren ein Eigenleben entwickeln und einen manchmal anschreien: "So bin ich nicht. Bitte schreib mich richtig!" Und das ist immer wieder eine neue Herausforderung.
ZDF: Wie geht der Austausch in diesem Schöpfungsprozess von statten? Gibt es eine direkte Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Regisseur der Folge?
Ard: Zuerst geht der Auftrag an die Autoren, die sich schon vorher Gedanken gemacht haben und die Idee dem Sender und dem Produzenten vorstellen. Dann beginnt der Diskussionsprozess mit den Redakteuren des ZDF und den Producern oder den Produzenten, in diesem Fall der UFA. Das ist ein sehr kreativer Prozess, der dann Spaß macht, wenn man sich aufeinander verlassen kann und weiß, wo die einzelnen Qualitäten, Stärken und auch Schwächen liegen. Dann ist es faszinierend, ein Buch von Anfang bis Ende weiterzuentwickeln.
ZDF: Sie stammen aus Bochum und wohnen seit vielen Jahren auf Mallorca. Wie gut kennen Sie die Hauptstadt, um die Fälle auf Berlin, den Handlungsort, zuzuschneiden?
Ard: Wenn man auf Mallorca lebt, ist man nicht weit weg von Deutschland. Manchmal hat man das Gefühl, dass im Sommer auf der Einkaufsstraße mehr Deutsche unterwegs sind als in Bochum, Dortmund oder Berlin. Wir empfangen deutsches Fernsehen, lesen deutsche Zeitungen und sind deshalb nicht weit vom Geschehen weg. Ich habe viele Jahre in Berlin gelebt, aber für mich ist es auch nicht wichtig, wo man lebt. Bedeutsamer ist, ob man genug soziale Kontakte, Neugier und Ideen für Stoffe hat. Ich glaube, man kann auch im Ausland leben und gut über Berlin und Deutschland Bescheid wissen.
ZDF: Welche Bedeutung hat der Handlungsort für die Serie?
Ard: Der Handlungsort ist extrem wichtig. Viele Serien sind austauschbar, aber das 'starke Team' könnte mit zwei Berliner Typen in keiner anderen Stadt angesiedelt sein als der Hauptstadt Berlin. So könnte Otto Garber, als Berliner Urgestein, nicht in München spielen. Und das ist der Grund, wieso die Besetzung der Figuren so eine große Rolle spielt. Dementsprechend sind auch die Fälle angesiedelt. Wir haben es mit der Bundeshauptstadt zu tun und mit einer von den Städten, die eine hohe Kriminalität aufweist. Berlin ist ein Schmelztiegel, nah an der Grenze zu Osteuropa. Da kommt eine Menge an Stoffen zusammen, die man in anderen Städten wie Frankfurt oder München nicht erzählen kann.
ZDF: Zu Beginn hatten Otto und Verena diese Polarität zwischen Ost und West. Spielt das heute noch eine Rolle?
Ard: Heute spielt das nicht mehr so eine große Rolle wie in den ersten Folgen. Ich glaube, zwanzig Jahre nach der Einheit kann man solche Stoffe und Konflikte nicht immer wieder aufgreifen. Natürlich kristallisiert sich Ottos Herkunft auch in kleinen Dialogen sofort heraus, auch, dass er bei der Volkspolizei war. Ab und zu gibt es Anspielungen. Und ich glaube, die Zuschauer, insbesondere die in Ostdeutschland, wissen ganz genau, wo gewisse Nuancen und Anspielungen auf Pioniere oder auf ein bestimmtes Lied herkommen. In den aktuellen Folgen spielen diese Andeutungen keine wesentliche Rolle mehr.