In dem Verfahren gegen Volkswagen hoffen rund 400 000 Kläger auf Schadensersatz wegen manipulierter Abgassysteme. Doch den hohen Erwartungen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes wird dieser historische Musterprozess wohl nicht gerecht, kritisieren Rechtsexperten gegenüber Frontal21.
Die Ankündigung der Bundesregierung, dass damit ein effektiver und rascher Rechtsschutz für den Verbraucher geschaffen werde, teile er nicht, sagt Jura-Professor Michael Heese. Das neue Massenverfahren sei zwar geeignet, die Gerichte zu entlasten, zugleich eröffne es Volkswagen aber auch die Möglichkeit, das Verfahren in die Länge zu ziehen. Der Zivilrechtsexperte von der Universität Regensburg bezeichnet die Musterfeststellungsklage in Fachpublikationen bereits als "Rohrkrepierer" und befürchtet: "Je länger VW die berechtigten Käuferansprüche verweigert, umso mehr schmilzt der Schadensersatzanspruch ab."
Diese Auffassung vertritt auch Arndt Eversberg, Rechtsanwalt und Vorstand der ROLAND ProzessFinanz: "Wenn ein Urteil erst zehn Jahre nach Kaufdatum des manipulierten Autos fällt, dann verringert sich der Schadensersatz für den geprellten Dieselkunden auf unter 40 Prozent des Neuwerts." Nach Berechnungen des Kölner Prozessfinanzierers spart Volkswagen mit jedem Tag der Verzögerung 1,9 Millionen Euro. Schon heute warnen deshalb Verbraucheranwälte, die von "Frontal 21" befragt wurden: Volkswagen dürfe jetzt nicht für Verzögerungstaktik belohnt werden.
Experten rechnen jedoch damit, dass die Musterfeststellungsklage gegen den VW-Konzern noch bis vor den Bundesgerichtshof gehen wird und ein Abschluss des Verfahrens durch alle Instanzen nicht vor Ablauf des Jahres 2025 zu erwarten ist.