Zwischen 2016 und 2021 soll sich der Umsatz von Online-Tickets im Vergleich zu den Vorjahren auf 50 Milliarden US-Dollar verdoppeln. Auf dem sogenannten Erstmarkt werden Tickets in Vorverkaufsstellen oder übers Internet im Auftrag der Veranstalter verkauft - zu einem festgelegten Preis mit klaren Bedingungen. Daneben existiert der sogenannte Zweitmarkt. Wichtigster Player: die Internetplattform Viagogo. Die Firma biete einen Marktplatz für Verbraucher und Fans, "die ihre übriggebliebenen Tickets verkaufen möchten". So steht es auf der Website von Viagogo. Doch Zweifel sind angebracht.
Künstler und Veranstalter werfen Viagogo seit Langem vor, dass auf der Internetplattform Tickets oft zu Wucherpreisen und mit horrenden Servicegebühren gehandelt würden. Recherchen des ZDF-Magazins Frontal21 zeigen jetzt, dass auf Viagogo auch Großverkäufer mit fragwürdigen Methoden Kasse machen. Ein ehemaliger Händler, der sich anonym äußert, beschreibt es im Interview so: Ein Großteil der Tickets auf Viagogo werde nicht von Fans, sondern von "professionellen Händlern verkauft, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen." Einige dieser Händler seien gleichzeitig Inhaber von Vorverkaufsstellen und hätten so Zugriff auf Karten zu Originalpreisen. Die würden sie über die Zweitmarktplattform teuer weiterverkaufen.
Anwalt: Viagogo-Modell basiert auf Vertragsbruch
Viagogo war zu einem Interview vor der Kamera nicht bereit. Zum Vorwurf, dass Viagogo nicht nur eine Börse von Fans für Fans sei, sondern auch professionell agierenden Tickethändlern eine Plattform biete, teilte die Firma mit: "Solange die Tickets legal erworben wurden, interessiert es uns nicht, wie viele Tickets eine Person verkauft – sei es der durchschnittliche Fan, der Großhändler oder der Eventveranstalter." Viagogo teilte weiter mit: "Jeder hat das Recht mit Tickets zu handeln." Ein Weiterverkaufsverbot beschränke Kundenrechte.
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Viele Konzert- und Sportveranstalter sehen das anders. Das Geschäftsmodell "basiert auf dem Vertragsbruch Dritter", kritisiert etwa Rechtsanwalt Felix Holzhäuser bei Frontal21. Holzhäuser vertritt den Fußballclub Bayer 04 Leverkusen und die Deutsche Fußball Liga. Über Viagogo würden regelmäßig Karten rechtswidrig weiterverkauft, obwohl viele Veranstalter dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen hätten. Die Käufer würden darüber "bewusst in die Irre geführt". Das ganze Geschäftsgebaren der Ticketplattform sei "nicht durch Seriosität ausgezeichnet". Viele Fußballvereine, auch Bayer 04 Leverkusen, erkennen Viagogo-Tickets nicht an und verweigern Fans den Zutritt, wenn sie keine neuen Karten kaufen.
Personalisierte Eintrittskarten
Immer mehr Veranstalter und Künstler reagieren auf die Geschäftemacherei bei Viagogo, indem sie Eintrittskarten personalisieren. Der Ticketinhaber muss dann nachweisen, dass er das Ticket selbst gekauft hat oder den kennt, der das Ticket ursprünglich erworben hat. Die Kabarettistin Monika Gruber verteidigt dieses Vorgehen im Frontal 21-Interview: "Ich muss meine Fans davor schützen, dass die einen völlig überteuerten Wucherpreis bezahlen." Für Grubers Shows wurden Tickets mit einem Originalpreis von 20 Euro über Viagogo für bis zu 256 Euro angeboten. "Ich kriege Briefe, E-Mails von Leuten die sagen: Wir sind bisher immer gerne in ihre Shows gegangen, aber zu dem Preis können wir uns das nicht mehr leisten."
Die Geschäftspraktiken von Viagogo hatten im vergangenen Sommer für Aufsehen gesorgt, als der britische Popstar Ed Sheeran die Karten für seine Welttournee personalisieren ließ. In Deutschland kamen Hunderte Fans mit Viagogo-Tickets nicht ins Berliner Olympiastadion. Ähnliches spielte sich in Wembley in London ab. Das Tourmanagement von Ed Sheeran England hatte nach Angaben von Manager Stuart Galbraith Viagogo mitgeteilt, dass diese Tickets für ungültig erklärt würden. "Viagogo hat entschieden, das zu ignorieren. Es ist unverantwortlich. Sie haben keinerlei Respekt vor dem Kunden."
Verbraucherzentrale klagt gegen Viagogo
Immer öfter beschweren sich Verbraucher über Viagogo. Es müsse endlich etwas passieren, meint auch Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern. "Mich stört insbesondere die Intransparenz", sagt Halm. Der Verbraucher kenne bei Viagogo den eigentlichen Verkäufer gar nicht. Außerdem wisse der Kunde nicht, was die Tickets im Original kosteten und zum Abschluss des Kaufes kämen zusätzlich hohe Gebühren dazu. "Das heißt, dass man erst am Schluss überrascht wird, dass es ein Vielfaches von dem kostet, was das Original gekostet hätte." Die Verbraucherzentrale Bayern will das nicht hinnehmen und klagt derzeit vor Gericht gegen Viagogo. Ziel ist es, die Ticketplattform zu mehr Transparenz zu zwingen. Nächster Verhandlungstermin ist der 26. März 2019 am Landgericht München I.
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Der Tickethandel über Zweitmarktplattformen ist in Deutschland nicht verboten. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz teilte mit, es beobachte die Entwicklungen auf dem sogenannten Zweitmarkt. Derzeit seien aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen geplant.
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